Quarterback Aaron Rodgers (Packers)
APA/AFP/Getty Images/Patrick McDermott
NFL

Topgesetzte Teams erleben blaues Wunder

Der Traum von einem Platz in der 56. Ausgabe der Super Bowl der National Football League (NFL) ist für die topgesetzten Teams des Grunddurchgangs unerwartet zu Ende gegangen. Denn sowohl die Green Bay Packers als auch die Tennessee Titans erlebten nach einem Freilos in der ersten Play-off-Runde am Samstag (Ortszeit) ihr blaues Wunder. Field Goals bei auslaufender Uhr bescherten den San Francisco 49ers einen 13:10-Erfolg in Green Bay und den Cincinnati Bengals ein 19:16 in Nashville.

Packers und Titans hatten den Grunddurchgang der National Football Conference (NFC) bzw. American Football Conference (AFC) als Nummer eins beendet und waren daher erst in der Divisional Round ins Play-off, das am 13. Februar im Endspiel in Los Angeles gipfelt, eingestiegen. Durch die Niederlagen schaffte es erstmals seit der Saison 2010/11 kein topgesetzes Team ins Championship Game kommende Woche. Damals wurden ausgerechnet die Green Bay Packers für die Atlanta Falcons und die New York Jets für die New England Patriots zu Sargnägeln.

Diesmal sorgten der fünffache Champion San Francisco, der in der Wild-Card-Runde die Dallas Cowboys aus dem Weg geräumt hatte, und die Cincinnati Bengals, die in der ersten Runde die Las Vegas Raiders in die Knie zwangen, für die – laut Setzliste – Überraschung. Die 49ers treffen nun im NFL-Halbfinale kommende Woche auswärts auf den Sieger des Duells Tampa Bay Buccaneers – Los Angeles Rams, die Bengals müssen entweder zu den Kansas City Chiefs oder Buffalo Bills.

Cincinnati Bengals Kicker Evan McPherson (Bengals) und Quarterback Joe Burrow (Bengals)
AP/Mark Humphrey
Joe Burrow (r.) und die Bengals bleiben weiter im Rennen um einen Platz in der Super Bowl

Defensivschlacht im Schneetreiben

In Green Bay träumten 79.132 Zuschauer im Lambeau Field bei zweistelligen Minusgraden im ersten Viertel noch von einer klaren Angelegenheit für die Nummer eins der NFC, nachdem A.J. Dillon die erste von Superstar Aaron Rodgers angeführte Angriffsserie zur schnellen Führung der Packers mit einem Lauf in die Endzone abgeschlossen hatte. Doch nach einem Ballverlust von Packers-Routinier Marcedes Lewis beim nächsten Angriffsversuch der Hausherren entwickelte sich bei immer stärker werdendem Schneefall eine Defensivschlacht, bei der kein Team offensiv in die Gänge kam.

Zum entscheidenden Faktor zugunsten der Gäste wurden schließlich die Special Teams. Zuerst blockte San Francisco kurz vor der Pause einen Field-Goal-Versuch von Green Bays Kicker Mason Crosby. Und fünf Minuten vor Schluss versetzten die 49ers mit einem geblockten Punkt, den Talanoa Hufanga zum 10:10-Ausgleich in die Endzone trug, Green Bay den entscheidenden Schlag. Nachdem Rodgers und Co. in der nächsten Angriffsserie wieder in der 49ers-Defensive ihren Meister fanden, bekam San Francisco die Chance, das Spiel zu entscheiden. Und der fünffache Champion nutzte diese in Form von Kicker Robbie Gould, der seinen 20. Field-Goal-Versuch in einem Play-off-Spiel aus 45 Yards sicher verwertete.

Unsichere Zukunft bei Rodgers

Das vorzeitige Aus im Play-off könnte das letzte Spiel von Quarterback Rodgers im Packers-Trikot gewesen sein. Der 38-Jährige kündigte bereits unmittelbar nach der vierten Niederlage im vierten Play-off-Duell gegen das Lieblingsteam seiner Kindheit aus San Francisco an, im Sommer eine Entscheidung über seine Zukunft zu treffen. „Ich möchte nicht Teil eines Wiederaufbaus sein, wenn ich weiterspiele“, sagte der Spielmacher, der dreimal zum wertvollsten Akteur der Saison (MVP) gekürt wurde und auch heuer als Favorit auf die Auszeichnung gilt. Green Bay liegt kommende Saison zudem rund 44 Millionen Dollar über der Gehaltsobergrenze. Verträge wie jene von Star-Wide-Receiver Davante Adams laufen zudem aus.

Bei den 49ers, die als Nummer sechs der Setzliste für die zweite Überraschung in Folge sorgten, feierte man vor allem die Special Teams rund um Kicker Gould. Damit konnte San Francisco eine schwache Vorstellung von Quarterback Jimmy Garoppolo kompensieren, der es nur auf 131 Yards Raumgewinn brachte und zudem eine Interception fabrizierte. „Wir waren überzeugt, dass unsere Special Teams einen Vorteil haben und uns vielleicht sogar die Partie gewinnen können“, sagte Headcoach Kyle Shanahan. Herausragend präsentierte sich aber auch die Defensive, die großen Anteil daran hatte, dass Rodgers als erster Quarterback vier Play-off-Spiele gegen ein und denselben Gegner verlor.

Wide Receiver Deebo Samuel (49ers)
Reuters/USA Today Sports/Jeff Hanisch
Deebo Samuel (in Weiß) und die 49ers gewannen auch das vierte Play-off-Duell mit von Rodgers angeführten Packers

Premiere für Cincinnati

Vor dem Triumph der 49ers gewannen die Cincinnati Bengals im achten Anlauf erstmals in ihrer Geschichte auswärts eine Play-off-Partie. Die Mannschaft um Quarterback Joe Burrow schlug die favorisierten Tennessee Titans mit 19:16 und trifft nun im Finale der AFC am kommenden Wochenende erneut auswärts entweder auf die Kansas City Chiefs oder die Buffalo Bills. So wie in Green Bay sorgte ein verwandeltes Field Goal mit auslaufender Uhr für die Entscheidung. Evan McPherson, der seine erste Saison in der NFL bestreitet, kickte die Bengals aus 52 Yards Entfernung schließlich in ihr erstes Championship Game seit 1988.

In der engen und ausgeglichen Partie stand es nahezu das ganze letzte Viertel hindurch 16:16. Die Bengals waren bereits durch drei Field Goals mit einer knappen Dreipunkteführung in die Pause gegangen und bauten sie auf 16:9 aus, ehe die Titans noch im dritten Viertel ausglichen. Dabei half dem Team auch das Comeback von Runningback Derrick Henry, der erstmals seit seinem Fußbruch am 31. Oktober wieder auf dem Platz stand. Die Titans schienen schließlich in der besseren Position, ehe ein Pass von Quarterback Ryan Tannehill 20 Sekunden vor dem Ende abgefangen wurde und den Bengals die Möglichkeit zum siegbringenden Field Goal gab. Für Tannehill war es die dritte Interception im Spiel.

Kicker mit „Eis in seinen Adern“

„Verrückter, verrückter Sieg. Unglaubliches Team. Wir haben am Ende einen Weg gefunden. Wir freuen uns und werden heute Abend feiern. Dann schauen wir morgen das Spiel und sehen, gegen wen wir spielen“, sagte Jungstar Burrow, der sich in seiner zweiten Saison über einen erreichten Meilenstein freuen durfte. Dabei war der 25-Jährige, der in seiner Premierensaison eine schwere Knieverletzung erlitten hatte, von der Titans-Defensive gleich neunmal zu Boden gerissen worden und hatte damit einen NFL-Rekord egalisiert.

Doch dank der Trittsicherheit von Kicker McPherson schickten die Bengals Tennessee in den Urlaub. „Er hat Eis in seinen Adern. Dieser Typ ist unglaublich“, sagte Bengals-Coach Zac Taylor über seinen Kicker, der mit vier Field Goals zum Vater des Erfolgs wurde. „Das ist der Traum eines jeden Kickers, das Spiel entscheiden zu können“, sagte der 22-jährige „Rookie“. Runningback Joe Mixon erzielte den einzigen Touchdown für die Gäste. Bei Tennessee haderte man vor allem mit den eigenen Fehlern. „Wir haben uns den ganzen Abend ins Knie geschossen“, sagte Receiver A.J. Brown, der Pässe für 142 Yards Raumgewinn und einen Touchdown fing. Die dritte Heimpleite der Titans im Play-off in Folge konnte Brown damit allerdings nicht verhindern.

National Football League

Super Bowl LVI in Los Angeles:
Los Angeles Rams Cincinnati Bengals 23:20
Conference Championships:
Kansas City Chiefs Cincinnati Bengals 24:27 n.V.
Los Angeles Rams San Francisco 49ers 20:17
Divisional Round:
Tennessee Titans Cincinnati Bengals 16:19
Green Bay Packers San Francisco 49ers 10:13
Tampa Bay Buccaneers Los Angeles Rams 27:30
Kansas City Chiefs Buffalo Bills 42:36 n.V.
Wildcard-Weekend:
Cincinnati Bengals Las Vegas Raiders 26:19
Buffalo Bills New England Patriots 47:17
Tampa Bay Buccaneers Philadelphia Eagles 31:15
Dallas Cowboys San Francisco 49ers 17:23
Kansas City Chiefs Pittsburgh Steelers 42:21
Los Angeles Rams Arizona Cardinals 34:11