Ski alpin

Nightrace-Jubiläum in speziellem Rahmen

Am Dienstag (17.45 Uhr bzw. 20.45 Uhr, live in ORF1) geht auf der Schladminger Planai zum 25. Mal das Nightrace über die Bühne. Die Jubiläumsveranstaltung des Flutlichtslaloms findet dank der Coronavirus-Pandemie auch heuer in einem speziellen Rahmen statt. Immerhin darf diesmal ein überschaubarer Kreis an Zuschauern mitfiebern. Und der darf sich aufgrund der bisherigen Rennergebnisse in dieser Saison auf ein packendes Spektakel einstellen.

Adelboden-Sieger Johannes Strolz blickt mit Vorfreude auf das Rennen: „Es ist eines der geilsten Rennen, ich werde wieder alles reinhauen und Vollgas geben. Ich freue mich auf den Hang, denn das ist einer meiner Lieblingshänge, weil er von oben bis unten echt zum Attackieren einlädt. Und wir werden auch noch ein paar Zuschauer haben, das wird cool. Es ist alles angerichtet.“

Mit Schladming geht bei den Herren auch der traditionelle Slalom-Monat Jänner zu Ende. Entschieden ist im Gegensatz zu den Frauen, wo Petra Vlhova die Kugel bereits fix hat, wegen der bisherigen Ausgeglichenheit noch nichts. Denn beim letzten Rennen der Männer vor den am 4. Februar in Peking beginnenden Olympischen Winterspielen könnte das nächste neue Siegergesicht vom Podest lachen: In den bisher fünf Saisonslaloms gab es ebenso viele verschiedene Gewinner.

Johannes Strolz
GEPA/Angelika Warmuth
Strolz zählt mit seinem Triumph in Adelboden zu den fünf verschiedenen Saisonsiegern

Auf den Franzosen Clement Noel daheim in Val d’Isere folgte der norwegische Weltmeister Sebastian Foss-Solevaag in Madonna di Campiglio, weil Noel auf dem Weg zum Sieg ausschied. Nach dem Abbruch in Zagreb brachte Adelboden den Sensationserfolg für Strolz, in Wengen carvte der Norweger Lucas Braathen mit einer Rekordaufholjagd von 29 auf Platz eins. Und der 35-jährige Dave Ryding krönte in Kitzbühel die verrückte Slalom-Serie mit dem ersten Weltcup-Sieg eines Briten überhaupt.

„Es kann alles passieren“

Aufgrund dieser knappen Ergebnisse will sich Vorjahressieger Marco Schwarz jedenfalls nicht auf einen Favoriten festlegen: „Wie wir in den letzten Rennen gesehen haben, können sehr viele gewinnen. Es ist alles brutal knapp zusammen.“ Der Kärntner fügte hinzu: „Es kann alles passieren, aber ich glaube schon, dass wir als gesamte österreichische Mannschaft um den Sieg mitfahren können. Und ich hoffe, dass ich einen guten Schritt machen kann und wieder das zeigen kann, was ich draufhabe.“

Lucas Braathen beim Weltcup-Slalom der Männer
APA/EXPA/Johann Groder
Braathen holte sich mit dem zweiten Platz zuletzt in Kitzbühel die Führung im Slalom-Weltcup

In der Weltcup-Wertung liegt aktuell der norwegische Wengen-Sieger Braathen voran. Der 21-Jährige führt nach fünf Rennen im Kampf um die kleine Kristallkugel mit 235 Punkten vor seinem Landsmann Foss-Solevaag (180) und dem Schweizer Daniel Yule (162). Strolz (145) ist als bester Österreicher derzeit Achter, allerdings hat der auf Platz zehn liegende Manuel Feller (125) zuletzt in Kitzbühel aufgrund eines positiven Coronavirus-Tests passen müssen.

Der Tiroler kann am Dienstag allerdings wieder an den Start gehen. Feller erhielt am Tag des Rennens auf der Planai von der Behörde grünes Licht. Michael Matt wird hingegen den Nachtslalom verpassen, der 29-Jährige lieferte am Montag einen positiven Coronavirus-Test ab und befindet sich derzeit in Isolation.

Vorjahressieger sucht den „Flow“

Als „Titelverteidiger“ auf der Planai reist Schwarz nach Schladming an. Der Kombi-Weltmeister von Cortina d’Ampezzo hat nach einigen Verletzungen aber bisher nicht so wirklich in die Spur gefunden und ärgerte sich auch in Kitzbühel über Fehler. „Im Training passt der Flow-Zustand, im Rennen absolut noch nicht“, erklärte der abgeschlagene Slalom-Weltcup-Sieger, der die Stunden bis Schladming gut nutzen wollte, „um den Flow-Zustand im Rennen wiederzufinden“. Dabei helfen könnten auch die guten Erinnerungen an das Vorjahr: „Ich habe das Rennen noch gut im Kopf, von dem her freue ich mich auf den Slalom.“

Marco Schwarz jubelt in Schladming, 2021
GEPA/Daniel Goetzhaber
Schwarz kürte sich im Vorjahr beim Nachtslalom zum Sieger auf der Planai

Strolz zeigte Verständnis für seinen Teamkollegen: „Ich kann mir gut vorstellen, wie es Blacky geht. Er war letztes Jahr der beste Slalom-Läufer, dann kam die Verletzung. Wenn man am Start nicht hundertprozentig Vertrauen in sich selbst hat, tut man sich schwer, um wirklich alles zu geben", so der Vorarlberger, der im Vorjahr aus dem ÖSV-Weltcup-Team geflogen war und daher auch für seine Skipräparierung selbst verantwortlich ist. „Servicemann Strolz hat für morgen (Dienstag, Anm.) schon alles erledigt“, scherzte der 29-Jährige: „Ich habe volle Rasierklinge auf meine Ski draufgehaut, von dem her bin ich parat.“

Ein seriöser Anwärter, der sechste Slalom-Sieger im Olympiawinter zu werden, ist Henrik Kristoffersen. Der Norweger hatte keinen Top-Ten-Platz geschafft, als er in zuletzt in Kitzbühel als Dritter erstmals im Olympiawinter auf das Slalom-Podest kam. Zudem wächst der 27-Jährige auf der Planai oft über sich hinaus und liegt deshalb zusammen mit Benjamin Raich als vierfacher Schladming-Sieger in der Erfolgsliste auf Platz eins. Gut möglich also, dass Kristoffersen Dienstagnacht die alleinige Führung an sich reißt.

OK-Chef verspricht knackige Piste

Auch Schladming erhielt zuletzt bis zu 20 Zentimeter Neuschnee und hatte alle Hände voll zu tun, um die Rennpiste wieder in Schuss zu bringen. „Mit kalten Nächten sollte sich eine sehr, sehr knackige bis eisige Piste ausgehen“, blickte OK-Chef Hans Grogl am Sonntag dem Jubiläumsrennen zuversichtlich entgegen.

Slalom der Herren in Schladming mit Zuschauern im Jänner 2020
APA/Georg Hochmuth
Das Nightrace entwickelte sich in kurzer Zeit zu einem spektakulären Fixpunkt im Weltcup-Kalender

Dass die Olympiaquali am Dienstagabend keine Rolle mehr spielt, muss für das Rennen kein Nachteil sein. Im Gegenteil. „Dadurch können alle voll angasen und müssen nicht taktieren", ist auch Grogl überzeugt. Bei Strolz sei durch die Olympianominierung eine enorme Last runtergefallen, er könne jetzt „viel lockerer an die Sache“ rangehen.

Schwarz will primär gar nicht ans Ergebnis denken, sondern „einfach mit Spaß Ski fahren“, so wie er es eben auch letztes Jahr gemacht habe, „dann bin ich auch überzeugt, dass es funktionieren kann“, so der 26-Jährige, der sich vor allem die letzten Wochen selbst einen brutalen Druck aufgelegt habe, und es dadurch ein bisschen erzwingen wollte. Im Training am Montag sei er hingegen ganz „locker rangegangen“, und dann habe das auch gut funktioniert.

Letzter Auftritt von Grogl

Für Grogl ist es der letzte Auftritt als OK-Chef in Schladming. Der 68-Jährige legt nach einem Vierteljahrhundert neben seinem Amt als Obmann im örtlichen Wintersportverein auch seine Funktion als Leiter des Organisationskomitees beim Nachtslalom nieder. „Vor 25 Jahren konnte sich niemand vorstellen, dass ein Slalom im Jänner – unter der Woche, und noch dazu am Abend – funktionieren würde. Viele haben uns damals gesagt, dass wir mit dem Projekt scheitern werden. Heute ist der Nachtslalom eines der bedeutendsten Rennen im Skizirkus geworden und aus dem Weltcup-Kalender nicht mehr wegzudenken“, blickte Grogl zurück. Sein Nachfolger steht noch nicht fest

Das Rennen, das für ÖSV-Präsidentin Roswitha Stadlober seit seiner Premiere im Jahr 1997 „eine ultimative Erfolgsgeschichte, aber auch ein bedeutender Wirtschaftsfaktor für die Region“ ist, wird im Gegensatz zum Vorjahres-„Geisterrennen“ nun 1.000 Zuschauer auf der Tribüne des mächtigen Zielstadions haben. Auf der nahen Hohenaus-Tenne kommen nochmals etwa 300 dazu. Auch Zaungäste, die wie vor zwei Wochen bei den Frauen das Rennen von der Straße aus mitverfolgen, wird es wohl wieder geben. Side-Events finden trotz des Jubiläums aber natürlich keine statt. „Das holen wir nach“, versprach Grogl.