Enttäuschung bei Christoph Knasmüllner und Marco Grüll (Rapid)
GEPA/Philipp Brem
Conference League

Rapid zu grün hinter den Ohren

Rapids Traum vom erstmaligen Einzug in ein Europacup-Achtelfinale seit 1997 ist nicht wahr geworden. Die Wiener konnten am Donnerstag ihre gute Ausgangslage in der UEFA Europa Conference League nicht nützen, kassierten im Sechzehntelfinale nach dem 2:1-Heimsieg bei Vitesse Arnheim im Rückspiel eine verdiente 0:2-Niederlage und zogen noch den Kürzeren. „Die Enttäuschung ist riesig, es schmerzt sehr, alle sind ziemlich am Boden", meinte Rapid-Coach Ferdinand Feldhofer, dessen Team auch die Erfahrung und Kaltschnäuzigkeit fehlten.

Ausgerechnet der Ex-Rapidler Adrian Grbic sorgte für den Fehlstart der Gäste schon nach drei Minuten, Matus Bero (19.) erzielte wenig später den entscheidenden Treffer. Beide Male hatten die Niederländer viel zu viel Raum, passte das Stellungsspiel in der Abwehr überhaupt nicht, konnte Eli Dasa mit Zuspielen die Treffer einleiten. „Wenn man hinten solche Tore bekommt, hat man im Achtelfinale nichts verloren“, musste Feldhofer eingestehen. „Mit dieser Leistung haben wir es uns einfach nicht verdient, unter die letzten 16 zu kommen.“

Seine Idee, auf eine Dreierkette zu setzen, ging überhaupt nicht auf, die Verunsicherung war zumindest in der gesamten ersten Hälfte spürbar. „Wir hatten nicht diese Frische, diese körperliche Präsenz, dem Gegner Paroli zu bieten in den Zweikämpfen. Wenn man die Gegentore sieht, hat das mit Taktik ganz wenig zu tun. Da muss man einfach den Raum sichern, es besser wegverteidigen“, erläuterte der 42-Jährige. Zwei Teile einer Dreifachbelastung sind damit früh im Frühjahr weggefallen, nachdem man zuvor schon im ÖFB-Cup im Viertelfinale gescheitert war.

Rapid scheitert an Vitesse

Rapid muss sich aus der Europa Conference League verabschieden. Nach dem 2:1-Sieg im Hinspiel unterliegen die Hütteldorfer Vitesse Arnheim auswärts 0:2 und scheiden damit aus.

Vorsprung in drei Minuten verspielt

Die Spieler gaben sich nach einer ähnlichen Anfangsphase wie in Wien, nur dass diesmal die Niederländer besser waren und einen frühen Doppelschlag schafften, selbstkritisch, waren zum Teil aber auch ratlos. „Wir haben uns in eine so gute Lage gebracht und schmeißen das nach drei Minuten wieder weg. Das war einfach gar nichts“, sagte Innenverteidiger Kevin Wimmer. Und Offensivspieler Marco Grüll ergänzte: „Wir haben die erste Halbzeit verschlafen, da alles falsch gemacht, was man falsch machen kann, es da verbockt.“

Hinzu kam absolute Harmlosigkeit in der Offensive, nur eine einzige (Top-)Chance von Rapid in 95 Minuten durch Robert Ljubicic (18.) spricht Bände. „Zweite Halbzeit ist es besser geworden, wir hatten aber nicht die Durchschlagskraft, dass wir Chancen kreieren“, sagte Feldhofer. Dass Vitesse-Fans am Tag vor dem Spiel nach Mitternacht ein Feuerwerk vor Rapids Mannschaftshotel gezündet hatten, sei nicht relevant gewesen. „Ich habe geschlafen wie ein Baby, nichts mitgekriegt“, sagte Rechtsverteidiger Thorsten Schick.

„Von Atmosphäre beeindrucken lassen“

Sehr wohl ein Faktor war hingegen die mangelnde Erfahrung, was auch Feldhofer ins Treffen führte. Rapids Anfangself hatte ein Durchschnittsalter von 23,4 Jahre, gleich fünf Akteure sind noch für das ÖFB-U21-Nationalteam spielberechtigt. „Die Spieler waren so eine Kulisse lange Zeit nicht gewohnt, wir haben uns am Anfang zu sehr von der Atmosphäre beeindrucken lassen. Und wir haben viele, die so ein entscheidendes Spiel im Europacup noch nie hatten, da haben wir ein bisschen Tribut gezollt.“

Goalie Niklas Hedl traf bei seinem Europacup-Debüt keine Schuld am Ausscheiden. Der 20-Jährige hatte gegenüber dem noch nicht ganz fitten Einsergoalie Paul Gartler den Vorzug erhalten. Schick gab früher als geplant sein Comeback, das auch mangels guter Alternativen. „Die Personalsituation ist bekannt. Ich weiß, dass einige Spieler eine Pause benötigen würden, aber diese Frage stellt sich nicht“, so Feldhofer. Fünf Ausfälle machen ihm das Leben aktuell schwer, zudem schied nun auch Jonas Auer angeschlagen aus.

Schobesberger-Comeback als Lichtblick

Positiv ist dafür, dass Philipp Schobesberger ab der 81. Minute zum ersten Mal seit 9. November 2019 wieder einmal für die Profis spielte. Feldhofer bezeichnete den 28-Jährigen als ernsthafte Alternative, bis zu Einsätzen in der Startelf werde es aber noch dauern. Jene am Sonntag bei WSG Tirol wird nicht viel anders aussehen, als am Donnerstag. „Wir haben wenig Möglichkeiten zu rotieren“, so Feldhofer. Drei Punkte müssen aber trotzdem her, um nicht mit dem Verpassen der Meistergruppe noch einen dritten großen Rückschlag innerhalb kurzer Zeit einstecken zu müssen.

Philipp Schobesberger (Rapid)
GEPA/Philipp Brem
Erstmals seit 9. November 2019 kam Schobesberger bei den Grün-Weißen wieder zum Einsatz

Das hätte auch finanzielle Auswirkungen durch deutlich geringere Zuschauereinnahmen. Auch am Donnerstag hat man wertvolles Geld liegen gelassen. 600.000 Euro wären für das Achtelfinale zusätzlich an Prämie geflossen. „Wir dürfen jetzt nicht in Selbstmitleid verfallen“, sagte Schick. Und Wimmer meinte: „Wir müssen uns hinterfragen, aber dann schnell schütteln, weil wir die drei Punkte in Tirol brauchen.“

Grbic erlebt „magischer Abend“

Während Rapid das Spiel so schnell wie möglich abhaken möchte, wird Grbic den Donnerstag noch lange in Erinnerung behalten. Der 25-jährige Wiener beendete seine persönliche Ladehemmung, legte mit seinem frühen Treffer zum 1:0 den Grundstein zum Aufstieg von Vitesse Arnheim und schoss damit seinen Ex-Club aus dem Bewerb. „Es war ein magischer Abend“, sagte Grbic, der im neunten Pflichtspiel für seinen neuen Arbeitgeber erstmals traf.

Es sei ein „sehr spezieller Moment“ und ein „unglaubliches Gefühl“ gewesen, das er beinahe schon vergangene Woche in Wien erlebt hätte, wo ein regulärer Treffer wegen Abseits aberkannt worden war. Grbic blieb nach Dasa-Zuspiel im Abschluss eiskalt, ließ Niklas Hedl keine Chance (3.). „Das Tor hat uns extrem viel Selbstvertrauen gegeben“, meinte der neunfache ÖFB-Teamstürmer. Er biss sich durch, obwohl er schon zur Pause über Adduktorenprobleme geklagt hatte. „Adrian ist viel infrage gestellt worden, aber das Tor hat er super gemacht, das freut mich sehr für ihn“, sagte auch Trainer Thomas Letsch und fand lobende Worte.

Torjubel von Adrian Grbic
Reuters/Piroschka Van De Wouw
Grbic stießt die Tür ins ECL-Achtelfinale für Vitesse mit seinem Treffer schon früh ganz weit auf

Doch nicht nur das Ende von Grbics Torflaute war im Lager von Vitesse wichtig. Noch entscheidender war der historische Einzug ins ECL-Achtelfinale und das Ende einer sechs Partien andauernden Sieglosserie mit fünf Niederlagen. „Ich freue mich sehr für die Mannschaft, dass wir unsere lange Durststrecke endlich beendet haben“, so Grbic. Damit konnte auch Letsch Luft verschafft werden, der zumindest laut Medienberichten zuletzt in die Kritik geraten war.