Bernhard Raimann
AP/Darron Cummings
Football

Raimann überzeugt bei NFL-Combine

Das österreichische Football-Talent Bernhard Raimann hat am Freitag (Ortszeit) in Indianapolis beim Scouting Combine der National Football League (NFL), einem großangelegten Probetraining und einer Leistungsschau der NFL-Anwärter, seinen Ruf als potenzieller Erstrunden-Pick im Draft Ende April untermauert.

Der gebürtige Burgenländer überzeugte in Drills, im Sprint und in der Kraftkammer mit Athletik und Explosivität. Der 24-Jährige gilt als einer der besten Offensive Tackles seines College-Jahrgangs.

Bei den physischen Combine-Tests zeigte Raimann im Weit- und Hochsprung (2,97 m bzw. 77,5 cm aus dem Stand) sowie im Bankdrücken (30 Wiederholungen) Top-Sechs-Werte unter den gut 50 Athleten auf seiner Position.

Bernhard Raimann
AP/Charlie Neibergall
Groß, schwer und trotzdem beweglich: Bernhard Raimann erfüllt alle Voraussetzungen für eine NFL-Karriere

Beweglich und schnell trotz 138 Kilogramm

Beweglichkeit und Schnelligkeit trotz 138 Kilogramm Körpergewicht und 2,01 Meter Körpergröße stellte der Steinbrunner im 3-Cone-Drill (7,46 Sek.) und im 20-Yard-Shuttle-Test (4,49 Sek.) unter Beweis, im 40-Yard-Sprint befand sich der Tackle vom Central-Michigan-College mit 5,05 Sekunden im oberen Drittel.

Der NFL-Draft findet von 28. bis 30. April im neuen Allegiant Stadium in Paradise in Bundesstaat Nevada, dem Heimstadion der Las Vegas Raiders, statt. Raimann könnte dort Sportgeschichte schreiben und als erster Österreicher in der NFL-Talenteziehung ausgewählt werden.

Auszeichnungen im College

Die Hoffnung, als erster Österreicher nach 35 Jahren ein Pflichtspiel in der NFL zu bestreiten, ist gut begründet. Denn anders als einige seiner Landsmänner spielt er schon seit Jahren in den USA und profitierte auch von einem Positionswechsel. Zudem spielte Raimann auch in der Senior Bowl, einem All-Star-Game für College-Spieler.

Der 24-Jährige, der bei den Vienna Vikings im Football seine ersten wichtigen Schritte gegangen war, ist zwar auch nicht der erste Österreicher, der auf höchstem College-Level agiert, aber bei den Central Michigan Chippewas wandelte sich Raimann zu einem so wertvollen Spieler auf der Position des Offensive Tackles, dass er vom Analyseunternehmen Pro Football Focus am Ende dieser Saison zum „Mid-American Conference Offensive Player 2021“ gewählt wurde.

Im Draft hoch gehandelt

Tackles, die den Quarterback beschützen, gelten nicht als Stars, erfüllen aber eine immens wichtige Aufgabe und werden damit auch im Draft gerne höher gewählt. Nicht zuletzt halten es NFL-Experten für möglich, dass Raimann in der Talentewahl im April in einer der ersten Runden genommen wird. Noch nie wurde ein Österreicher im Draft ausgewählt, die drei Kicker Fritsch, Linhart und Wersching kamen alle ungedraftet zu ihren Teams.

Bernhard Raimann
AP/Butch Dill
Bernhard Raimann (r.) wurde zum All-Star-Game im College-Football eingeladen

Experte Daniel Jeremiah, der „Draft-Guru“ von NFL Network, führt den Steinbrunner in seiner diesjährigen Talenteliste immer unter den Top 32. „Er sollte ein verlässlicher Starter zu einem frühen Zeitpunkt seiner Karriere sein“, unterstrich Jeremiah, der wie viele andere vom ungewöhnlichen Werdegang beeindruckt ist. Als potenzielle Interessenten an Raimann werden die Cincinnati Bengals, Pittsburgh Steelers und auch die Dallas Cowboys genannt.

Ungewöhnlicher Werdegang

Das Bemerkenswerte an Raimanns Karriere: Er spielt die Position erst seit zwei Jahren und Football erst seit zehn. Was Jeremiah eine „faszinierende Story“ nennt, startete nach Aussage von Raimann selbst mit der Lust auf mehr physische Action, als ihm etwa Fußball bot. Mit 13 Jahren sah er erstmals den „eigeformten Ball“, danach ging es Schritt für Schritt weiter. Ab 14 spielte Raimann als Wide Receiver und Cornerback bei den Vikings, bald ging es aber als Austauschschüler nach Übersee.

„Ich dachte mir, hey, ich will Freitagnacht (traditionelle Zeit für Highschool-Football, Anm.) spielen. Ich dachte mir, das wäre cool – und das war es“, sagte Raimann am Rande der „Senior Bowl“. Vom Ballsportgymnasium Wien ging es an die Delton-Kellogg High School, und er überzeugte auch dort so, dass er 2017 an der Central Michigan University unterkam. Das taten vor ihm unter anderen auch „Enfant terrible“ Antonio Brown und der erste NFL-Pick im Jahr 2013, Eric Fisher, der als Tackle mit Kansas City die Super Bowl gewann.

Vom Tight End zum Tackle

Raimann war zu diesem Zeitpunkt aber noch gar kein Tackle, sondern spielte als Tight End. Als solcher gehört auch Blocken zum Job, was später hilfreich sein sollte. Weil er für die Position des Quarterback-Beschützers die Handmaße quasi in die Wiege gelegt bekam, nahm er die Einladung zur Umschulung 2020 an. Dann kam die Pandemie, doch Raimann konnte in nur sechs Spielen in der Saison überzeugen.

„Er brachte nicht nur die Maße mit, auch die Intelligenz“, sagte sein Head-Coach Jim McElwain. Athletiktrainer Joel Welsh fügte an: „Er ist eine Rarität, selbstmotiviert und unabhängig. Er ist ein Vollprofi.“ Raimann legte etwa positionsbedingt in kurzer Zeit 20 Kilogramm zu. Was dem Österreicher an Erfahrung gegenüber anderen fehlt, macht er mit Arbeit an sich wett. Das Tor zur NFL steht jedenfalls für ihn offen.