Schließlich lagen die Oberösterreicher in Hälfte zwei schon mit 1:3 zurück, drehten die Partie aber schließlich mit viel Herz noch zu einem Sieg und scheiterten am Ende mit Anstand. Philipp Wiesinger (36.) hatte die Führung von Peter Olayinka (24.) ausgeglichen, doch nur 67 Sekunden später traf Alexander Bah zur erneuten Prager Führung (37.). Slavia-Verteidiger Aiham Ousou sah danach die Gelb-Rote Karte (43.).
Der schnelle Yira Sor enteilte der Abwehr vor dem 1:3 (62.), ehe der LASK in der kuriosen Schlussphase aufdrehte: Wieder Wiesinger, diesmal aus der Distanz (76.), sowie die „Joker“ Andreas Gruber (88.) und Alexander Schmidt (89.) ließen die Linzer Fans jubeln. Als letzter heimischer Club verabschiedete man sich international würdig und kassierte nicht schlecht, alleine 6,25 Millionen Euro gab es an Prämien.
Näheres Exil mit mehr Zuschauern
Der LASK war in dieser internationalen Saison nicht nur in Europa fleißig unterwegs, sondern kam auch hierzulande herum. Nachdem das alte Linzer Stadion abgerissen wurde und eine neue Arena bis Februar 2023 entsteht sowie das Paschinger Stadion UEFA-untauglich ist, zogen die Athletiker weiter. Im Herbst spielte man in Klagenfurt, zumal bei der präferierten Lösung in Niederösterreich 2021 auch ein neuer Rasen verlegt worden war. Das kollidierte mit dem Spielplan des LASK, so zog man für die inklusive Qualifikation fünf Heimspiele nach Kärnten.
Nach St. Pölten konnten die Linzer nicht nur kürzer anreisen, sondern auch deutlich mehr Zuschauer begrüßen. Waren in der (zu) großen Wörthersee-Arena 1.000 Augenzeugen das Höchste der Gefühle, gab es dieses Mal eine wirkliche Europacup-Stimmung. Dafür sorgten aber auch die vielen Gästefans aus Prag, die nach dem deutlichen Sieg im Hinspiel besonders motiviert waren. Quasi das halbe Stadion war in Rot und Weiß gehüllt, das ergab in Summe eine würdige Atmosphäre.
Bemüht, aber zunächst ungefährlich
Nach der Lehrstunde von Prag versuchten sich die Linzer an einer Aufholjagd. „Wir müssen die Attribute wie am Wochenende zeigen“, gab Trainer Andreas Wieland die Devise vor und verwies auf das 6:0 gegen WSG Tirol in der Bundesliga. Dass der tschechische Meister mit der Wattener Sportgemeinschaft aber nur wenig gemein hat, zeigte er schon vor einer Woche. Der LASK, der wieder auf Offensivmann Sascha Horvath setzen konnte, legte mit viel Intensität los. Husein Balic, einst für den hiesigen SKN aktiv, versuchte es aus spitzem Winkel (5.).
Volles Risiko ging der LASK zu Beginn aber noch nicht, zumal Slavia mit dem Doppeltorschützen aus dem Hinspiel, Yira Sor, die schnellste Option auf dem Feld hatte. Die Oberösterreicher hatten zunächst mehr vom Spiel, auch weil sich die Prager auf ein kompaktes Defensivspiel konzentrierten. Beide Mannschaften präsentierten sich im Vorwärtsspiel fehlerhaft, so dauerte es mehr als 20 Minuten, ehe die erste richtige Chance festgehalten wurde. Der stets umtriebige Peter Olayinka brach auf der linken Seite durch und beförderte das Leder in die Mitte, Alexander Bah köpfelte schließlich klar am Tor vorbei (22.).
Olayinka bringt Slavia in Führung
Es war aber die Initialzündung für eine aufregende zweite Hälfte in den ersten 45 Spielminuten. Ein Horvath-Zuspiel auf Balic fiel zu weit aus, Goalie Ales Mandous machte das Spiel schnell und fand Olayinka. Ondrej Lingr, einer von zwei neuen bei Slavia gegenüber dem Hinspiel, brachte von der linken Seite den Ball zurück zu Olayinka, und der traf aus wenigen Metern rechts in den Winkel zur Führung der Gäste (24.).
Die Oberösterreicher gaben sich angesichts der nun aussichtslosen Situation keineswegs auf. Doch gegen die abgeklärten Tschechen hatten die Linzer offensiv vorerst wenig zu bestellen. Zu selten kam man in die Gefahrenzone, auch aufgrund von schlampigen Zuspielen.
Zwei Tore in 67 Sekunden und der erste Ausschluss
Auf der anderen Seite verhinderte Marvin Potzmann das 0:2, nachdem Sor einmal mehr seine Schnelligkeit eingesetzt und wie im Hinspiel Alexander Schlager umkurvt hatte (30.). Dieses Mal war er Yannis Letard enteilt, der für Jan Boller in die Startelf gerutscht war. Der Deutsche dürfte nach dem Hinspiel wohl von Sor geträumt haben.
Der LASK konnte aber das Rückspiel weiter offen halten und kam darüber hinaus sogar zum Ausgleich. Verteidiger Ousou hatte Balic 20 Meter vor dem Tor gefoult, Peter Michorl trat den Freistoß und traf flach die Stange. Verteidiger Philipp Wiesinger war am schnellsten am Ball, verstolperte zunächst, um in der Folge mit voller Entschlossenheit und auch Ballglück das Leder über die Linie zu stochern (36.).
Die Linzer Freude über den ersten Treffer in diesem Duell dauerte aber nur 67 Sekunden. Dann schickte sich Sor einfach selbst gegen zwei LASK-Verteidiger, brachte das Leder in die Mitte, und Bah vollendete (37.). Die mitgereisten Fans setzten die Party aus dem Hinspiel nahtlos fort. Keinen Abbruch tat dem Fest auch die Gelb-Rote-Karte für Ousou, die er sich mit zwei Fouls an Balic binnen sieben Minuten abholte (43.).
Schneller Sor stellt in Unterzahl auf 1:3
Wieland reagierte in der Pause und brachte gegen zehn Prager mit Alexander Schmidt, der hier ebenfalls für den SKN gespielt hatte, und Keito Nakamura frische Offensivkräfte. Nakamura, nach seinem Doppelpack gegen die WSG Tirol sichtlich motiviert, probierte es gleich nach 26 Sekunden aus der Distanz. Sor versuchte es zwei Minuten später und traf ebenfalls in die Hände des Tormanns (48.).
Während es zehn Prager nun gemächlich angingen und sich wieder auf das kompakte Verteidigen konzentrierten, probierte es der LASK weiter. Nakamura kam glücklich an den Ball, sein Heber fiel nur knapp neben das Tor (56.). Besser machte es dann wieder einmal Sor, der den eingewechselten Debütanten Oumar Sako unwiderstehlich stehen ließ und das Leder zur vermeintlichen Vorentscheidung verwertete (62.).
LASK dreht Partie gegen neun Prager
Denn wie in der ersten Hälfte wurde es gegen Ende wieder spektakulär, auch weil der LASK hartnäckig blieb. Nachdem ein Ball aus dem Sechzehner geklärt wurde, nahm sich Wiesinger aus der Distanz ein Herz, und Goalie Mandous half mit, dass es nur noch 2:3 stand (76.). Die letzten fünf Minuten der regulären Spielzeit hatten es aber noch mehr in sich: Zunächst sah Srdjan Plavsic nach einem Foul an James Holland glatt Rot (86.), Slavia stand nur noch zu neunt am Feld.
Die Moral des LASK wurde belohnt: Rene Renner trat den Freistoß und traf die Mauer, von dort kam der Ball zu „Joker“ Andreas Gruber, der zum 3:3 abstaubte (88.). Und wiederum nur eine Minute später nützte Schmidt die Unordnung auf der rechten Seite zum Siegestreffer (89.). Nach einer überaus kuriosen Schlussphase hatten am Ende also doch noch beide Zuschauerhälften im Stadion einen Grund zum Feiern.
Stimmen zum Spiel:
Andreas Wieland (LASK-Trainer): „Ich denke, wenn man die 180 Minuten analysiert, hat sich die Mannschaft, die besser gespielt hat, verdient durchgesetzt. Ich bin trotzdem stolz und möchte dem Team ein Kompliment aussprechen, weil es die Partie noch gedreht hat. Uns hat schon in die Karten gespielt, dass der Gegner in Unterzahl gespielt hat, aber der Wille und die Einstellung waren stark. Wir sind im Cup und jetzt international ausgeschieden, somit bleibt nur mehr die Meisterschaft übrig, da gilt es nun die ganze Kraft reinzulegen.“
Peter Michorl (LASK-Mittelfeldspieler): „Slavia war auf alle Fälle eine Nummer zu groß für uns. Es war kein schlechtes Spiel von uns, man hat aber auch wieder die Qualität von Slavia gesehen. Wir haben am Ende das Spiel noch gewonnen und den Fans einen schönen Abschied geboten, leider hat es für den Aufstieg nicht gereicht. Wenn du vier Tore schießt, solltest du hinten nicht so viele Gegentore kriegen. Dass sie irrsinnige Qualität haben, haben sie in den letzten Jahren in Europa gezeigt, der Speed vorne ist ein Wahnsinn und unglaublich schwer zu verteidigen. Ich glaube, der Sor hat 37 km/h am Tacho.“
Jindrich Trpisovsky (Slavia-Trainer): „Ich bin froh, dass wir weiter sind. Unsere ersten 20 Minuten waren nicht so gut, nach dem 1:0 ist das besser geworden. In der zweiten Hälfte haben wir defensiv sehr gut gespielt. Die Schlussphase war verrückt.“
UEFA Europa Conference League, Achtelfinal-Rückspiel
Donnerstag:
LASK – Slavia Prag 4:3 (1:2)
St. Pölten, NÖ-Arena, 5.500 Zuschauer, SR Visser (BEL)
Torfolge:
0:1 Olayinka (24.)
1:1 Wiesinger (36.)
1:2 Bah (37.)
1:3 Sor (62.)
2:3 Wiesinger (76.)
3:3 Gruber (88.)
4:3 Schmidt (89.)
LASK: Schlager – Potzmann, Letard (57./Sako), Wiesinger, Renner – Holland, Michorl (80./Hong) – Flecker (46./Schmidt), Horvath, Goiginger (46./Nakamura) – Balic (72./Gruber)
Slavia: Mandous – Bah, Ousou, Holes, Plavsic – Traore, Talowijerow – Schranz (80./Tecl), Lingr (76./Masopust), Olayinka (84./Kudela) – Sor
Rote Karte: Plavsic (86./Slavia/übermäßige Härte)
Gelb-Rote Karte: Ousou (43./Slavia/wiederholtes Foulspiel)
Gelbe Karten: Wiesinger, Horvath, Schmidt bzw. Lingr, Sor
Hinspiel: 1:4 – Slavia mit Gesamtscore von 7:5 im Viertelfinale