Katharina Huber (AUT)
GEPA/Mathias Mandl
Ski alpin

ÖSV-Kehraus mit gemischter Bilanz

Der Winter 2021/22 ist für die alpinen Skifahrerinnen und Skifahrer am Sonntag zu Ende gegangen. Mikaela Shiffrin aus den USA und der Schweizer Marco Odermatt krönten sich mit ihren Siegen im Gesamtweltcup zu Königin und König der Saison. Im österreichischen Lager zog man gemischte Bilanz: Während Olympia in Peking zur Erfolgsgeschichte wurde, hingen die Kristallkugeln im Weltcup zu hoch. Der Saisonkehraus wurde daher seinem Namen gerecht, denn bei den Trainerteams bei Damen und Herren bleibt kaum ein Stein auf dem anderen.

„Bei den Alpinen haben wir keine Disziplinenwertung mit nach Hause nehmen können, trotzdem war die Saison nicht ganz so schlecht“, zog Roswitha Stadlober nach ihrem ersten Winter als Präsidentin des Österreichischen Skiverbandes (ÖSV) am Sonntag in Meribel im ORF-Interview Bilanz. Vor allem die Erfolge bei den Olympischen Spielen in Peking, wo Österreichs Alpine dreimal Gold, dreimal Silber und einmal Bronze gewannen, strich die Salzburgerin hervor. Dazu holte sich Österreich nach zwei Jahren Pause die Nationenwertung im Weltcup von der Schweiz zurück.

Ansonsten fiel die Bilanz nüchtern aus. Platz zwei von Manuel Feller im Slalom hinter dem Norweger Henrik Kristoffersen war die beste Platzierung aus österreichischer Sicht. Dazu wurden Feller und Vincent Kriechmayr im Riesentorlauf bzw. Super-G in der Endabrechnung Dritte. Bei den Damen waren die vierten Plätze von Ramona Siebenhofer in der Abfahrt und Katharina Liensberger im Slalom das Höchste der Gefühle.

Bilanz des Skiweltcups

Der ÖSV zieht nach der abgelaufenen Saison eine gemischte, aber überwiegend positive Bilanz.

In der Gesamtwertung klassierten sich Matthias Mayer und Kriechmayr als beste Österreicher auf den Plätzen vier und fünf. Bei den Damen muss man bis zu Position zwölf suchen. Dort ist Siebenhofer als beste ÖSV-Läuferin zu finden. „Natürlich ist unser Anspruch, pro Geschlecht mindestens eine Kristallkugel oder besser eine Disziplinenwertung zu gewinnen“, gab Stadlober das Ziel für die kommende Saison vor.

Mit „neuen Besen“ zu altem Glanz

Um im nächsten Winter, in dem im Februar 2023 die Weltmeisterschaft in Courchevel/Meribel als Höhepunkt wartet, der Konkurrenz beim Küssen der Kristallkugeln nicht wieder zuschauen zu müssen, versucht man im ÖSV einen personellen Neustart. Mit dem langjährigen Damen-Chef Herbert Mandl steht ein neuer Alpinchef am Ruder, Thomas Trinker und Marko Pfeifer folgen Christian Mitter und Andreas Puelacher als Damen- bzw. Herren-Cheftrainer nach.

„Veränderungen tun auch gut und neue Besen kehren öfters gut, wie man so schön sagt. Ich glaube, dass man so auch mit Schwung und neuer Motivation in eine neue Saison gehen kann“, sagte ÖSV-Präsidentin Stadlober, die die Rochaden im Team als „normalen Prozess“ nach einer olympischen Periode bezeichnete, und einmal mehr betonte, dass gerade Mitter und Puelacher ihre Verträge „von sich aus“ nicht verlängert hätten. Nach Klärung der Personalfragen sei es nun wichtig, „dass wir rasch wieder ins Tun kommen, rasch das Training wieder aufnehmen. Daher war es wichtig, dass wir schnell reagiert haben“.

Puelacher: „Brauch mich nicht zu schämen“

Vor allem bei den Männern geht mit dem Abschied von Puelacher eine Ära zu Ende. In acht Jahren mit dem Tiroler am Ruder gab es 230 Weltcup-Stockerlplätze, davon 84 Siege. Weil sich die Ära Puelacher und die Ära Marcel Hirscher die meiste Zeit überschnitten, war der Cheftrainer für fünf der acht Weltcup-Gesamtsiege des Salzburgers mitverantwortlich. Dazu kamen insgesamt elf Siege in Disziplinenwertungen. Bei zwei Olympischen Spielen gab es in Einzelbewerben fünfmal Gold, einmal Silber und zweimal Bronze, bei vier Weltmeisterschaften lautete die Bilanz acht, acht, fünf. Dazu gab es jeweils Gold und Silber mit dem Mixed-Team.

Marcel Hirscher (AUT) und Andreas Puelacher (OESV)
GEPA/Mathias Mandl
Puelacher (r.) durfte sich bei einem Großteil der Gesamtweltcup-Siege Hirschers als Cheftrainer mitfreuen

„Ich habe keine Statistik darüber geführt, aber gestern hat mir eine Journalistin gezeigt, wie viel wir erreicht haben, wie viele Kugeln und Medaillen wir bei Großereignissen gewonnen haben. Das war schon beeindruckend, ich brauche mich nicht zu schämen“, sagte Puelacher, dessen Läufer seiner Bilanz in diesem Winter sechs Siege bzw. 28 Stockerlplätze hinzufügen konnten: „Man hat eine kompakte Mannschaft, die sich im skitechnischen und vor allem im persönlichen Bereich weiterentwickelt hat. Ich hoffe, ich habe meinen Teil dazu beitragen können.“

In Peking habe er sich ohne konkreten Anlassfall entschieden, die „neuen Strukturen und neuen Wege“ im ÖSV nicht mehr mitgehen zu wollen, so Puelacher. „Ich denke, es ist auch wichtig für die Mannschaft, dass jetzt ein frischer Wind kommt, der neue Impulse bringt. Mit Marko (Pfeifer, Anm.) hat man einen sehr guten Nachfolger gefunden, und ich wünsche ihm viel Glück“, so der Tiroler, der neben den vielen schweren Verletzungen seiner Läufer vor allem eines bedauerte: „Die Abfahrtskugel hätte ich gerne einmal gewonnen, die ist uns aber leider verwehrt geblieben.“

Damen mit zwei Gesichtern

Bei den Damen dauerte die Ära Mitter nur drei Jahre. Er bilanziert in seiner Amtszeit im Weltcup mit sechs Siegen sowie 40 Podestplätzen und einer Kristallkugel. In der vergangenen Saison fuhren Cornelia Hütter und Katharina Liensberger die einzigen Erfolge ein, es reichte aber zu 15 Podesträngen und damit drei mehr als im Vorwinter. Die magere Ausbeute an Siegen sei auch der einzigartigen Generation an Konkurrenz wie Shiffrin, aber auch der Slowakin Petra Vlhova oder den Italienerinnen Sofia Goggia und Federica Brignone geschuldet. „Aber trotzdem, Siege sind zu wenig gewesen“, sagte Mitter. Immerhin: Im Gegensatz zu den Männern konnten seine Läuferinnen aber den Nationencup für sich entscheiden.

Katharina Liensberger (AUT)
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Liensberger sorgte beim Slalom in Aare für einen der zwei Siege der österreichischen Skifahrerinnen

Anders als im Weltcup zeigten die ÖSV-Damen in der jüngeren Vergangenheit sowohl bei der Weltmeisterschaft im Vorjahr als auch heuer bei Olympia ein ganz anderes, weil Siegerinnengesicht. Bei den zwei Großereignissen in der Ära Mitter wurden jeweils mehrere Medaillen errungen. So gab es bei der WM 2021 in Cortina d’Ampezzo zweimal Gold (Parallel, Slalom) und Bronze (Riesentorlauf) durch Liensberger, bei den Olympischen Spielen heuer in Yanqing stehen jeweils Silber durch Mirjam Puchner (Super-G) und Liensberger (Slalom) und der Anteil am Mixed-Team-Gold zu Buche.

Man habe darauf hingearbeitet, gute Routinen zu haben, gute Strukturen und innere Abläufe, die bei einem Großereignis durchgezogen werden. „Das war eines meiner Hauptziele, dass wir da nicht kollabieren, sondern unsere Rituale ausspielen und abliefern“, wird Mitter in der APA zitiert. Man habe es auf den Punkt gebracht, sei in jedem Rennen konkurrenzfähig gewesen. „Das hat mich brutal gefreut, das kommt, glaube ich, auch von dieser Stabilität, die ich hoffe, die ich ihnen gegeben habe. Von dieser Führung, dem Vertrauen. Dass sie Bestleistungen auf den Punkt bringen.“

Feller mit Saison zufrieden

Mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht verabschiedete sich neben Doppelolympiasieger Johannes Strolz vor allem Manuel Feller in den Urlaub. Es sei „eine super Saison“ gewesen, bilanzierte der Tiroler nach seinen zwei Podestplätzen in der Slalom- und Riesentorlauf-Wertung. Der 29-Jährige kämpfte sich nach einer Coronavirus-Infektion ausgerechnet vor den Rennen in Kitzbühel wieder aus dem Tief. Zum Abschluss stand Feller im letzten Saisonslalom von Meribel nach einer Aufholjagd von Platz zehn auf drei zum siebenten Mal in dieser Saison auf dem Podest.

Mit einem Rang unter den ersten drei der Slalom-Wertung habe er zu Saisonbeginn noch irgendwie spekulieren dürfen, im Riesentorlauf definitiv nicht, wie Feller meinte. „In zwei Disziplinen unter den Top Drei auf dieser Erdkugel zu sein, das ist schon was ganz Besonderes. Das Skifahren ist im Vergleich zur letzten Saison viel besser geworden. Ich weiß, was uns schneller macht, an was wir noch arbeiten müssen, um das zu stabilisieren. Das werden wir versuchen, um die ganz vorne ein bisserl ärgern zu können.“

Dass es im Riesentorlauf auf das Disziplinpodest gereicht habe, sei die „größte Genugtuung“ für ihn, denn diese Disziplin hatte er wegen seiner langjährigen Rückenschmerzen ja fast schon abgeschrieben. „Im Riesentorlauf war es in den letzten Jahren psychisch und körperlich extrem beanspruchend. Jetzt macht es einfach wieder extrem viel Spaß. Das ist das Wichtigste, denn Skifahren soll kein Zwang sein. Ich habe es zum ersten Mal zusammengebracht, dass ich in zwei Disziplinen oft das gezeigt habe, was ich kann.“