WM-Qualifikation

Österreichs Traum platzt in Wales

Österreichs Fußballnationalteam hat am Donnerstag das Play-off-Halbfinale in der WM-Qualifikation in Wales mit 1:2 (0:1) verloren und wird auch bei der Endrunde 2022 Zuschauer sein. Vor 32.053 Zuschauern im Hexenkessel zu Cardiff machte Superstar Gareth Bale mit zwei Toren den Unterschied, der Sieg ging am Ende in Ordnung. Österreich leistete sich in den entscheidenden Momenten Fehler, ein Tor von Marcel Sabitzer war letztlich zu wenig.

Österreich muss damit zumindest weitere vier Jahre auf eine WM-Teilnahme warten, zuletzt war man 1998 in Frankreich dabei. Wales hingegen darf von der ersten seit 1958 träumen, im Juni geht es hier gegen Schottland oder die Ukraine um ein Ticket für die Endrunde, die von 21. November bis 18. Dezember in Katar stattfinden wird.

Österreich spielte nicht schlecht, Wales war aber in entscheidenden Kategorien voraus: Der Gegner hatte die höhere Effizienz und Konsequenz, den besseren Superstar und machte weniger Fehler.

Bale schnürt Doppelpack

Das ÖFB-Team hatte Pech, Christoph Baumgartner traf früh die Latte (5.). Danach beging er ein folgenschweres Foul, und Bale versenkte den Freistoß aus 20 Metern ins Kreuzeck (25.). Der Real-Star erhöhte nach einer unnötigen Ecke samt schwacher Defensive, Sabitzer machte es noch einmal mit einem abgefälschten Schuss spannend (64.). Aber für den Ausgleich im Finish waren die Gäste letztlich zu harmlos.

Zweiter Treffer von Bale (51. Minute)

Nach einer Ecke verteidigt Österreich schlecht und Bale trifft perfekt.

Für Österreich könnte dieser bittere Abend eine Zäsur bedeuten, Teamchef Franco Fodas Vertrag läuft am 31. März aus. Zwei Tage davor absolviert man noch gegen Schottland einen Test im Wiener Ernst-Happel-Stadion (20.45 Uhr, live in ORF1). Da wird der 55-jährige Deutsche jedenfalls noch auf der Bank sitzen, das bestätigte ÖFB-Präsident Gerhard Milletich nach dem Spiel im ORF-Interview.

Ausgezeichnete Atmosphäre

Wales richtete dieses Play-off-Halbfinale bewusst im kleineren Stadion von Cardiff aus, hat man sich hier doch auch einen echten Heimvorteil geschaffen. Im Gegensatz zum Principality Stadium (früher Millennium Stadium), wo die Rugby-Nationalmannschaft vor bis zu 74.500 Zuschauern ihre Spiele austrägt, passen in die kleine Arena zwar nur 33.000 Menschen. „Aber wir spielen lieber hier vor vollem, engem Haus als vor 50.000, wo alles weiter ist“, erklärte der walisische Medienbeauftragte Lewis Sharpe.

Stadion voller Fans
ORF.at/Bernhard Kastler
Volles Programm in Wales inklusive Choreografie für die Ukraine, einen möglichen Gegner im Play-off-Finale

Mit hier elf Pflichtspielen ohne Niederlage in Folge ging Wales in dieses Halbfinale. Die Fans haben ihren fairen Anteil. Davon konnten sich die 800 mitgereisten österreichischen Fans auch bei der Hymne der Gastgeber überzeugen. Das Band wurde nach wenigen Sekunden abgeschaltet, und die „Red Wall“ übernahm mit voller Hingabe.

Auch davor war das gesamte Spektrum dabei: Altmeister Dafydd Iwan gab die heimliche Hymne „Yma o Hyd“ zum Besten und sorgte für erstes Mal Gänsehaut, dann gab es eine Lichtshow, gefolgt von einer Choreografie für die Ukraine, eine Trauerminute sowie einen Kniefall gegen Rassismus – und das Spiel hatte noch gar nicht begonnen.

Startelf mit Lindner und Seiwald

Auf dem Feld sollte dann ebenfalls viel Hingabe zu sehen sein. Foda entschied sich im ÖFB-Tor für Heinz Lindner und damit gegen EM-Goalie Daniel Bachmann, der zwar mit dem britischen Stil bestens vertraut ist, aber in Watford seit 21. Jänner nicht mehr im Tor stand. Lindner hatte schon beim letzten, am Ende unbedeutenden Spiel in der regulären Qualifikation (4:1 gegen Moldawien) das Tor gehütet.

Heinz Lindner
APA/AFP/Geoff Caddick
An ihm lag es nicht: ÖFB-Goalie Lindner glänzte mit Paraden und war bei Bales Toren machtlos

Nach dem Ausfall von „Quarterback“ Florian Grillitsch wegen einer CoV-Infektion setzte Foda auf die Salzburger Karte und brachte Nicolas Seiwald ins Spiel. Mit den Rückkehrern Stefan Lainer und Xaver Schlager gab es wieder einen starken Block mit Red-Bull-Prägung im ÖFB-Team, sechs Spieler sind oder waren für die Salzburger aktiv. David Alaba gab wie bei der EM den Linksverteidiger im 4-2-3-1.

Bei Wales gab es keine wirkliche Überraschung, Teamchef Robert Page setzte auf sein eingespieltes Kollektiv mit den Starspielern Gareth Bale und Aaron Ramsey, die bei ihren Clubs zuletzt aber nur wenig spielten.

Baumgartner trifft früh die Latte

Ähnlich wie die furiose Einleitung dieses Showdowns legten die Gastgeber auch zu Beginn los. Angriffspressing war angesagt, aber Österreich ließ sich nur bedingt beeindrucken. Einmal verlor Alaba den Ball, James prüfte Lindner, der keine Probleme hatte (2.). Das ÖFB-Team vergab hingegen die riesige Chance auf die frühe Führung, die das Tollhaus zum Verstummen gebracht hätte. Nach einer schönen Stafette schickte Sabitzer Baumgartner perfekt, der Hoffenheim-Legionär traf alleine vor Wayne Hennessey mit einem Heber die Latte. Der herangeeilte Neco Williams fälschte den Ball noch leicht ab (5.).

Baumgartner an die Latte (5. Minute)

Der Hoffenheim-Legionär hat bei seinem Abschluss Pech.

Danach beruhigte sich die Partie zunehmend, beide Mannschaften fanden Ballbesitzphasen vor. Wales versuchte es mehr mit Seitenverlagerungen und folglich über die Flanken, Österreich durch die Mitte, auch weil sich hier mehr Räume auftaten.

Bei der Baumgartner-Chance hätte es Österreich fast ausgenützt, und das ÖFB-Team versuchte es weiter. Das erkannten auch die walisischen Fans, die ruhiger wurden, erstmals waren nach 18 Minuten die 800 Fans des Gegners mit „Immer wieder Österreich“ zu hören.

Bale zeigt seine Weltklasse

Als sich die Partie – wie vorab erwartet – zu einer ausgeglichenen Angelegenheit entwickelt hatte und Wales mehr (aber harmlose) Abschlüsse verzeichnete, sorgte Baumgartner für einen Unterschied – allerdings zugunsten der gegnerischen Seite. Sein Foul am Sechzehner an Harry Wilson fiel in die Kategorie unnötig. Bale zeigte einmal mehr, dass große Spieler in großen Spielen da sind, und versenkte aus 20 Metern den Ball ins kurze Kreuzeck (25.) – schlichtweg Weltklasse.

Gareth Bale und Fans jubeln
AP/Matt Dunham
In großen Spielen machen große Spieler den Unterschied, heute: Gareth Bale

Wales ließ in der Folge mit der Führung im Rücken kaum etwas zu, auch weil Österreich im letzten Drittel ein altes Problem entdeckte: Harmlosigkeit. Man war im letzten Drittel vorerst nicht zwingend genug. Eine lange Flanke von Lainer zu Arnautovic köpfelte er über das Tor (31.), dann war der bald 33-Jährige im Laufduell mit Joe Rodon zu langsam (33.). Auf der Gegenseite ließ Wales eine noch bessere Chance aus. Nach einer eigenen Ecke spielte man sich in die Bredouille, Seiwald verlor den Ball, und Lindner parierte Ramseys Schuss ins Außennetz (40.). Die heimischen Fans waren zur Pause aber erfreut.

Nächster Treffer durch Bale nach Standard

Österreich kam aus der Kabine mit dem sichtbaren Willen, diesen Rückstand aufzuholen, blieb aber bei einem Arnautovic-Kopfball erneut zu harmlos (49.). Und dann zeigte eben wieder Bale vor, wie es geht. Österreich kassierte nach einem Seiwald-Fehler eine unnötige Ecke, war bei der folgenden Variante immer einen Schritt zu spät, und Bale traf herrlich ins lange Eck (51.). So funktioniert Effizienz mit Ansage.

Das 0:2 so kurz nach der Pause war für Österreich ein sichtbarer Schlag in die Magengrube. Doch Lindner hielt Österreich mit einer Parade gegen James im Spiel (55.), es stellte sich zwar als Abseitsposition von James heraus, Lindner sollte aber nicht zum letzten Mal an diesem Abend seine Nominierung gerechtfertigt haben. Foda reagierte danach und brachte Stürmer Sasa Kalajdzic für Laimer, das Risiko musste erhöht werden.

Sabitzer-Schuss führt Österreich noch einmal heran

Zunächst hätte es Alaba seinem Real-Teamkollegen Bale gleichtun und aus aussichtsreicher Position per Freistoß treffen können. Er zielte aber aus 18 Metern in die Mauer (59.). Besser machte es nach einer weiteren Wales-Chance durch Bale dann Sabitzer, denn er zielte auf das Tor und Fortuna assistierte – Verteidiger Ben Davies lenkte das Spielgerät unhaltbar in die Maschen, und Österreich war wieder im Spiel (65.).

Sabitzer-Schuss ins Tor abgelenkt (64. Minute)

Unglücksrabe Davies brachte Österreich auf diese Weise noch einmal heran

Es blieb aber dabei, dass man sich das Leben selbst schwermachte. Nach einer misslungenen Eckenvariante lief man wieder in einen Konter, diesmal rettete Seiwald mit einem Tackling gegen James (71.), zuvor auch schon Lindner. Wales vergab die Vorentscheidung, Kalajdzic eine Halbchance. Seine Eckballverlängerung erinnerte an sein Tor im EM-Achtelfinale gegen Italien, ging aber dieses Mal ins Außennetz (72.).

Foda brachte im Finish noch Geburtstagskind Valentino Lazaro, England-Legionär Andreas Weimann und Michael Gregoritsch. Doch der Sturmlauf war am Ende ein zu laues Lüftchen. Weimann und Arnautovic scheiterten in der Nachspielzeit. Die walisischen Fans besangen Superstar Bale und feierten den letztlich verdienten Aufstieg ins Play-off-Finale. In diesem Stadion werden es dann auch Schottland oder Ukraine schwer haben, wenn es endgültig um die WM geht.

WM-Qualifikation, Play-off, Halbfinale

Donnerstag:

Wales – Österreich 2:1 (1:0)

Cardiff City Stadium, 32.053 Zuschauer, SR Marciniak (POL)

Torfolge:
1:0 Bale (25./Freistoß)
2:0 Bale (51.)
2:1 Sabitzer (64.)

Wales: Hennessey – Ampadu, Rodon, B. Davies – Allen – C. Roberts, Ramsey, Wilson, N. Williams – Bale (93./Mepham), James (88./Johnson)

Österreich: Lindner – Lainer (88./Gregoritsch), Dragovic, Hinteregger, Alaba – X. Schlager (77./Lazaro), N. Seiwald – Laimer (55./Kalajdzic), Sabitzer, Baumgartner (77./Weimann) – Arnautovic

Gelbe Karten: Wilson bzw. Baumgartner, Lainer