Läufer im Wald, „Prater Hauptallee“ Logo im Vordergrund
VCM/ Rene Vidalli/World Athletics
Vienna City Marathon

Welterbe Hauptallee als Streckenhighlight

Am Sonntag (9.00 Uhr, live in ORF1 ab 8.30 Uhr) werden beim 39. Vienna City Marathon (VCM) wieder Zigtausende Läufer und Läuferinnen quer durch Wien unterwegs sein. Ein beträchtlicher Teil der Bewerbe wird auf der Prater Hauptallee absolviert, der kürzlich eine Auszeichnung zuteilwurde. Anfang April wurde die auch abseits von Wettkämpfen sehr beliebte Laufstrecke als globale „Landmark“ ins World Athletics Heritage, das Welterbe der Leichtathletik, aufgenommen. Eine Ausstellung der 200-jährigen Laufgeschichte an Ort und Stelle ist für das heurige VCM-Starterfeld ein neues Streckenhighlight.

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) nahm bei einer Feier im Rathaus die „World Athletics Heritage Plaque“ entgegen. Österreichs populärster Ort zum Laufen wurde als „Home to runners and running events since 1822“ – als Zuhause für Läufer und Laufevents seit 1822 – ausgezeichnet. Denn das erste nachgewiesene Rennen auf der Hauptallee, das „Wiener Lauferfest“, fand am 1. Mai vor 200 Jahren statt.

Millionen Kilometer und Milliarden Schritte wurden seither auf der 4,3 Kilometer langen Geraden zwischen Praterstern und Lusthaus gelaufen. Bei privaten Läufen, bei organisierten Trainings, beim VCM, beim Österreichischen Frauenlauf und vielen anderen kleinen und großen Veranstaltungen – bis zur historischen INEOS 1:59 Challenge mit Marathon-Weltrekordler Eliud Kipchoge.

Rekordläufer bei Vienna City Marathon

Beim diesjährigen Vienna City Marathon werden auch jene sechs Läufer dabei sein, die seit seiner Premiere 1984 keinen einzigen Lauf verpasst haben.

Selten vergebene Plakette

Die Welterbeauszeichnung wird nur in seltenen Fällen vergeben. Zu den bisherigen Preisträgern zählen Sportgrößen wie Jesse Owens, Emil Zatopek und Grete Waitz, auch herausragende Orte und Veranstaltungen wie das Letzigrund Meeting in Zürich und das ISTAF im Olympiastadion Berlin.

Ein Expertengremium des Leichtathletikweltverbandes World Athletics verleiht die Plakette für einen „herausragenden Beitrag zur weltweiten Geschichte und Entwicklung der Weltleichtathletik“. Die Idee und der Anstoß für das nun erfolgreiche Projekt „Welterbe Hauptallee“ waren vom VCM gekommen.

Bürgermeister Ludwig nimmt Plaque „stolz“ entgegen

„Die Stadt Wien ist stolz, Empfänger der „World Athletics Heritage Plaque“ für die Prater Hauptallee zu sein. Diese internationale Auszeichnung macht bewusst, welch weltweit herausragender Ort die Hauptallee für das Laufen und für Laufveranstaltungen ist. Sportgeschichte und Gegenwart sind in einem großen, urbanen Grünraum verbunden. Ich hoffe, dass die Welterbeauszeichnung für die Hauptallee noch mehr Menschen als bisher dazu motiviert, hier zu laufen und sportlich aktiv zu sein“, sagte Bürgermeister Ludwig, der die Plaque vom Mitglied der World Athletics Heritage, dem Historiker und Leichtathletikexperten Olaf Brockmann, entgegennahm.

Michael Ludwig Wolfgang Konrad
VCM/Leo Hagen
Wiens Bürgermeister Michael Ludwig und VCM-Veranstalter Wolfgang Konrad freuen sich über die Plakette

„World Athletics freut sich, das 200-Jahr-Jubiläum mit der Verleihung der ‚World Athletics Heritage Plaque‘ zu feiern. Wir sind stolz darauf, den herausragenden Beitrag der Prater Hauptallee zur Geschichte und Entwicklung des Laufsports zu würdigen“, sagte Sebastian Coe, Präsident von World Athletics, in einer Videobotschaft.

Ludwig reichte die Plakette an VCM-Veranstalter Wolfgang Konrad weiter. „Die Aufnahme ins Welterbe ist eine großartige Anerkennung für den österreichischen Laufsport. Sie ist eine Motivation und ein Geschenk für die ganze Laufcommunity, für alle, die in der Hauptallee laufen und Bewerbe veranstalten“, sagte Konrad bei der Verleihung.

Laufhistorische Ausstellung in der Hauptallee

Fünf Tage vor dem Vienna City Marathon 2022 wurde die Plaque in der Prater Hauptallee präsentiert und dauerhaft dort angebracht. Eine Welterbeausstellung auf neun Türmen über die ganze Allee verteilt stellt die Laufgeschichte dieses Ortes und die Laufstadt Wien vor.

„Wiener Lauferfest“ und „Quer durch Wien“

Das „Wiener Lauferfest“ fand von 1822 bis 1847 statt. Die knapp zehn Kilometer lange Strecke führte über die Hauptallee, entlang des Heustadlwassers zum Lusthaus und zurück. Dieses Wettrennen der herrschaftlichen Läufer Wiens begeisterte 25 Jahre lang das Publikum. 30.000 Menschen sollen zum Zuschauen gekommen sein.

Laufen war damals ein Beruf. Die „Laufer“ waren Bedienstete des Kaiserhauses und der Adeligen. Sie liefen vor den Kutschen ihrer Herren, um auf dem Weg durch die Stadt freie Bahn zu schaffen, und erledigten Botendienste. Das Ende des Lauferfestes kam mit der Bürgerlichen Revolution 1848. Der Bewerb wurde als „widerliche Menschenhetze“ der Adeligen auf Kosten ihrer Bediensteten kritisiert. Der Laufsport in Wien stand aber erst am Anfang.

Teilnehmer am Rennen
VCM/Leo Hagen
Im Gegensatz zum 19. Jahrhundert laufen heute viele Menschen nur zum Vergnügen in ihrer Freizeit

Der populäre Staffellauf „Quer durch Wien“ wurde von 1919 bis 1966 ausgetragen. Bis zu 1.500 Menschen liefen aufgeteilt in Teams vom Westbahnhof in den Prater. Das Finale führte stets über die Hauptallee. Beispiele für weitere historische Bewerbe sind der „Praterpreis“ (1921 bis 1925), „Rund um das Heustadlwasser“ (1933 bis 1943) und der 25-km-Lauf mit Start und Ziel auf der Spenadlwiese. Auch Marathon-Meisterschaften wurden immer wieder im Prater durchgeführt.

Gruber-Läufe, VCM und Frauenlauf

1977 begann der dreifache Marathon-Olympiateilnehmer Adolf „Dolfi“ Gruber als Präsident des LCC Wien in der Hauptallee zahlreiche Laufveranstaltungen zu organisieren, die dazu beitrugen, das Laufen auch außerhalb des Leistungssports zu verbreiten. Heute ist eine Vielzahl an Veranstaltern mit Läufen im Prater aktiv.

An keinem anderen Tag im Jahr sind mehr Läufer und Läuferinnen in der Hauptallee unterwegs als am Tag des Vienna City Marathon. Österreichs größte Sportveranstaltung führt seit der Gründung 1984 jedes Jahr auch durch den Prater. Aus 794 Startenden bei der Premiere wurden über 40.000.

Gruppenfoto von Teilnehmern
VCM/Leo Hagen
Eine Trainingsgruppe ist von der nagelneuen Welterbeausstellung offensichtlich begeistert

Der 1988 erstmals durchgeführte Österreichische Frauenlauf findet mit einer kurzen Unterbrechung seit 1992 jährlich in der Hauptallee statt. Bis zu 35.000 Frauen und Mädchen nehmen an der Veranstaltung teil, auch US-Laufpionierin Kathrine Switzer war mehrmals dabei. Ebenfalls die Massen bewegt seit 2001 der Wien Energie Business Run, ein Laufevent für Firmenteams mit bis zu 30.000 Teilnehmenden im Prater.

Kipchoge schreibt Marathon-Geschichte

Am 12. Oktober 2019 war die Hauptallee Schauplatz eines sportlichen Weltereignisses. Der Kenianer Eliud Kipchoge absolvierte in einem speziell vorbereiteten Rennen, der INEOS 1:59 Challenge, in 1:59:40 Stunden als erster Mensch die Marathon-Distanz von 42,195 Kilometern unter zwei Stunden.

120.000 Menschen feuerten den Weltrekordhalter an Ort und Stelle an, weltweit verfolgten über zwei Milliarden Menschen das Rennen. Die flache, windgeschützte Hauptallee war nach internationaler Suche dafür ausgewählt worden. 41 wechselnde Pacemaker in spezieller Formation, ein neuer Straßenbelag, eine temporäre Rampe beim Lusthaus und die Begeisterung des Publikums zählten zu den Erfolgsfaktoren dieses präzise geplanten Events.

Eliud Kipchoge, 2019 in Wien
Reuters/Lisi Niesner
Eliud Kipchoge machte am 12. Oktober 2019 weltweit Werbung für den Prater als Laufstrecke

Meilensteine der Wiener Laufgeschichte

Nicht nur die im Oktober 2021 angebrachten Erinnerungschautafeln zu diesem Meilenstein der Laufgeschichte, sondern auch die Welterbeausstellung ist für die VCM-Teilnehmenden ein brandneues Streckenhighlight, auch wenn sich die Mehrheit davon wohl nicht während des Laufes selbst, sondern davor oder danach ausführlich über die „Landmark“ Prater Hauptallee informieren wird.

„Für den Vienna City Marathon gibt es mehr als 31.000 Anmeldungen, darunter viele Gäste aus ganz Österreich und insgesamt 125 Ländern", sagte Konrad. "Der VCM ist bereits zum zweiten Mal das größte touristische Ereignis in Wien seit Beginn der Pandemie. Die Welterbeauszeichnung stärkt unsere Position auch international, weil Wien als Laufstadt insgesamt an Profil gewinnt.“