Ralf Rangnick
AP/Jon Super
Porträt

Der Mann, der den „Bullen“ Beine machte

Österreichs Nationalmannschaft der Männer wird künftig von jenem Trainer gecoacht, der als Architekt des „Red-Bull-Fußballs“ gilt. Ralf Rangnick kam 2012 als Sportdirektor nach Salzburg und krempelte alles auf bedingungsloses Pressing um. Das aggressive Balljagen ist mittlerweile Kennzeichen aller „Bullen“-Mannschaften und brachte nach einer gewissen Anlaufzeit den gewünschten Erfolg, der nun auch beim Team des Österreichischen Fußall-Bundes (ÖFB) einkehren soll.

Als Spieler kam der neue Teamchef Rangnick nicht über die dritthöchste deutsche Spielklasse hinaus, der Schwabe fühlte sich aber ohnehin schon früh zum Trainer berufen. Im Alter von 25 Jahren erhielt er als Jahrgangsbester die Trainerlizenz, und als er Ende der 1990er Jahre im „Aktuellen Sportstudio“ an der Taktiktafel die ballorientierte Raumdeckung erklärte, brachte ihm das noch jede Menge Spott ein.

Doch Rangnick setzte seine Ideen unbeirrt um, und das meistens erfolgreich, zunächst vor allem bei Schalke 04 und Hoffenheim. Mit der TSG stieg er 2008 in die Bundesliga auf und wurde danach – mit Salzburg-Trainer Matthias Jaissle als Innenverteidiger – Herbstmeister, mit den „Königsblauen“ wurde er 2005 Vizemeister und Ligapokalsieger sowie 2011 DFL-Superpokalsieger.

Rangnick wird neuer ÖFB-Trainer

Der Deutsche Ralf Rangnick wurde am Freitag als Nachfolger von Franco Foda als österreichischer Teamchef bekanntgegeben.

Außerdem kam er 2011 mit Schalke ins Champions-League-Semifinale und gewann den DFB-Pokal, seinen bisher einzigen wirklich großen Titel als Trainer. Ins Cupendspiel und ins Viertelfinale der „Königsklasse“ waren die Gelsenkirchener allerdings noch unter Rangnicks Vorgänger Felix Magath vorgestoßen.

Entscheidender Schritt nach Burn-out

Im September verließ Rangnick die „Knappen“ wegen eines Burn-out, seine nächste Station führte ihn zu Red Bull. Rangnick startete im Juni 2012 als Salzburg-Sportdirektor, setzte den damals völlig unbekannten Roger Schmidt als Trainer ein – und schied mit den „Bullen“ in der Champions-League-Qualifikation gegen den Luxemburger Club Düdelingen aus.

Wenige Monate später war Salzburg zum bisher letzten Mal nicht Meister – die Austria machte unter Peter Stöger, dem Rangnick nun vorgezogen wurde, das Rennen. Ausgerechnet in dieser Saison wurde aber der Grundstein für die aktuellen Salzburg-Erfolge gelegt. Rangnick verordnete allen Teams der „Bullen“ eine einheitliche Spielphilosophie, die in ihren Grundzügen bis heute Bestand hat.

Von Salzburg bis Manchester

Daran änderte sich auch nach seinem Abschied aus Salzburg 2015 und seinem Abgang aus Leipzig 2019 nichts. Red Bull spielt weiter Rangnick-Fußball, doch Rangnick zog weiter, zunächst als Berater zu Lok Moskau und dann zu seinem bisher mit Abstand prominentesten Arbeitgeber, Manchester United. Nach der EM im vergangenen Jahr war er auch als DFB-Teamchef im Gespräch gewesen. Den Job bekam schließlich Bayern-Erfolgstrainer Hansi Flick.

Beim englischen Rekordmeister ManUnited trat der Deutsche im vergangenen Dezember die Nachfolge von Ole Gunnar Solskjaer an. Damals war United Siebenter, mittlerweile ist man Sechster, ein Platz unter den Top vier und damit ein Champions-League-Ticket ist für die Millionentruppe um Cristiano Ronaldo jedoch illusorisch. Auch unter Rangnick läuft es bei den „Red Devils“ nicht nach Wunsch, Gerüchte über Zerwürfnisse zwischen dem Trainer und seinen Topstars geistern seit Wochen durch britische Medien.

Noch bis Ende Mai sitzt Rangnick auf der United-Trainerbank, dann erfolgt der Wechsel zum österreichischen Nationalteam. Dort trifft der neue ÖFB-Coach auf einige alte Bekannte mit Salzburg-Vergangenheit, die mit Rangnicks Ideen groß geworden sind und künftig wohl eine noch wichtigere Rolle spielen werden.

Die Frage, ob das Nationalteam mehr auf Pressing a la Red Bull oder Ballbesitz zählen soll, wurde vom ÖFB am Freitag klar in Richtung Erstgenanntem beantwortet. Ob die angebliche „Goldene Generation“ durch den Paradigmenwechsel auch erfolgreicher sein wird, lässt sich frühestens nach den Nations-League-Spielen im Juni gegen Kroatien, Dänemark und Frankreich erahnen.