Der österreichische Football-Spieler Bernhard Raimann
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NFL

Raimann startet Kampf ums „Leiberl“

Knapp zwei Wochen nachdem er als erster Österreicher im Draft der National Football League (NFL) ausgewählt worden ist, startet am Donnerstag für Bernhard Raimann mit dem Rookie-Camp der vier Monate dauernde Kampf ums „Leiberl“ bei den Indianapolis Colts. Das Ziel, es in den 53-Mann-Kader zu schaffen, steht für den Burgenländer über allem. Schon im ersten Trainingslager will Raimann den Coaches „zeigen, dass ich es kann“.

Am 29. April erhielt Raimann in seiner Wahlheimat Michigan im Kreise der aus Österreich angereisten Familie in der dritten Runde des laufenden NFL-Drafts den erhofften Anruf. Am anderen Ende meldeten sich die Indianapolis Colts, um dem Burgenländer jene frohe Botschaft zu übermitteln, die Troy Vincent wenig später auf der Bühne in Las Vegas offiziell machte: Raimann wurde an insgesamt 77. Stelle als erster Österreicher überhaupt in einem NFL-Draft ausgewählt.

Am Donnerstag beginnt für den rot-weiß-roten Vorreiter, der nach den Kickern Toni Fritsch, Toni Lienhart und Raimund „Ray“ Wersching als erster österreichischer Offensive-Lineman auf dem Feld stehen könnte, der Ernst des Lebens. Im Rahmen des Rookie-Camps, eines ersten Kennenlernens der Neulinge mit den Trainern und dem Umfeld, erhält Raimann nicht nur seine Rückennummer, sondern wird auch seinen ersten NFL-Vertrag unterschreiben, inklusive eines kolportierten „Signing Bonus“ – der Prämie für die Unterschrift – in Millionenhöhe.

Trainingsbeginn für Raimann bei Indianapolis Colts

Für Bernhard Raimann, der als erster Österreicher im Draft der National Football League (NFL) ausgewählt worden ist, beginnt jetzt das erste Trainingslager bei den Indianapolis Colts.

Der Bonus und auch der Vertrag sind für den 24-Jährigen zwar eine schöne, aber doch Nebensache. „Jetzt geht es erst einmal darum, einen Platz im Kader zu erarbeiten. Das kommt an erster Stelle“, sagte Raimann im Vorfeld seiner Abreise nach Indianapolis im Rahmen eines virtuellen Mediengesprächs. Das Selbstvertrauen beim ehemaligen Spieler der Vienna Vikings und der Central Michigan University ist jedenfalls groß: „Ich weiß von mir persönlich, dass ich das Können und Potenzial dazu habe.“

Vier Monate intensive Vorbereitung

Dieses Potenzial will Raimann in den kommenden vier Monaten bis zum Saisonstart in den Trainingslagern umsetzen. Vor allem im August, wenn im entscheidenden Camp und nach drei Vorbereitungsspielen der Kader auf jene 53 Spieler reduziert wird, die letztlich die Saison bestreiten werden. Bis dahin stehen viele Trainingseinheiten auf dem Programm, mit wenigen Pausen und einem täglichen Fokus auf Football von sieben Uhr Früh bis fünf Uhr am Nachmittag.

Außenansicht des Lucas Oil Stadions in Indianapolis
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Das Lucas Oil Stadium in Indianapolis wird für die nahe Zukunft zu Raimanns sportlicher Heimat

Raimann will jedenfalls alles daransetzen, sich einen Platz im Team von Cheftrainer Frank Reich zu sichern. „Vor unserem ersten Spiel werde ich mich jeden Tag so vorbereiten, als wäre ich ein Starter und hätte es schon in die Stammmannschaft geschafft“, sagte das im College vom Tightend zum Offensive Tackle umfunktionierte 2,01 m große und 138 kg schwere „Bröckerl“. Dass er im Draft ausgewählt wurde, sei genau jene Chance, auf die er gehofft habe, so der Burgenländer: „Und diese Chance möchte ich nutzen.“

Österreichs NFL-Pionier möchte sich nicht nur für die Position des Left Tackles, der in der O-Line bei Rechtshändern auf der Quarterback-Position die „blinde“ Seite des Spielmachers beschützen soll, als Alternative empfehlen, sondern auch zur Nummer eins werden: „Ich möchte jetzt auch noch den nächsten Schritt gehen, in dem ich Stammspieler und der Beste auf meiner Position werde. Ich gebe mich mit dem Draft nicht zufrieden.“ Bei den Trainern habe er jedenfalls schon vor dem Draft positiven Eindruck hinterlassen: „Sie haben gemeint, dass ihnen gefällt, wie athletisch ich bin.“ Einzig in Sachen Technik besteht noch viel Luft nach oben, so Raimann.

Jonathan Taylorvon den Indianapolis Colts
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Auch für Star-Runningback Jonathan Taylor soll Raimann als O-Liner die Laufwege freiblocken

„Sind ein Super-Bowl-Contender“

Der aus heimischer Sicht historische Draft 2022 ist bei Raimann noch immer so präsent, als wäre es gestern gewesen. „Hunderttausend Emotionen gleichzeitig“ habe er gespürt, als nach zwei Runden Warten der erlösende Anruf aus Indianapolis kam. An Schlaf war danach nicht zu denken, zu viele Anrufe, Gratulations-SMS und erste Interviews gab es zu bewältigen. „Man ist erledigt vom Abend, kann aber überhaupt nicht schlafen in der ersten Nacht“, erinnert sich Raimann zurück.

Er sei jedenfalls froh, bei einem „Spitzenteam wie den Indianapolis Colts“ gelandet zu sein. Gemeinsam mit dem von Atlanta nach „Indy“ gelotsten Starquarterback Matt Ryan und Jonathan Taylor, dem statistisch besten Runningback der vergangenen Saison, will Raimann die NFL auf- und um den Titel mitmischen „Wir sind ein Super-Bowl-Contender“, sagte der 24-Jährige mit Blick auf das Endspiel am 12. Februar in Arizona. Der Österreicher möchte den anderen 31 Teams am Ende aber noch etwas unter die Nase reiben: „Ich will allen zeigen, was sie in mir verpasst haben.“