Hans Orsolics nach seinem gewonnenen Europameisterschaftskampf. 6. Juni 1967
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Chronik

Boxlegende Orsolics feiert 75. Geburtstag

Kein anderer Boxer hat Österreich jemals so begeistert wie Hans Orsolics. Seine Geschichte vom frühen Aufstieg und Erfolg, gefolgt vom ebenso rapiden Fall fasziniert bis heute. Am Samstag feiert der Burgenländer im privaten Kreis seinen 75. Geburtstag.

Sein bewegtes Leben hat den ehemaligen Europameister und Chartstürmer gezeichnet. Auch mit den Diagnosen Parkinson und Alzheimer-Demenz muss er seit einiger Zeit leben. Das Sprechen fällt dem echten Kämpfer schwer, die Mobilität lässt nach. Als Ex-ORF-Sportjournalist Sigi Bergmann im März starb, verlor er einen Lebensmenschen.

Dabei haben nur wenige die österreichische Sportgeschichte so geprägt wie Orsolics. Von 53 Kämpfen hat er 42 gewonnen, davon 28 durch K. o. Zweimal war der Rechtsausleger Europameister, das erste Mal 1967 als bis dahin jüngster Boxer. Eine Zeit lang hielt Orsolics Platz eins der Weltergewicht-Weltrangliste, und die Massen liebten den in kargen Verhältnissen in Wien aufgewachsenen Rauchfangkehrergesellen. Mehrmals füllte „Hansi“ die Stadthalle bis auf den letzten Platz. Auch Künstler wie Helmut Qualtinger und Andre Heller zog er an.

Boxlegende Orsolics feiert 75. Geburtstag

Kein anderer Boxer hat Österreich jemals so begeistert wie Hans Orsolics. Seine Geschichte vom frühen Aufstieg und Erfolg, gefolgt vom ebenso rapiden Fall fasziniert bis heute. Am Samstag feiert der Burgenländer im privaten Kreis seinen 75. Geburtstag.

K. o. in- und außerhalb des Ringes

Die Wende kam im September 1970 mit einer K.-o.-Niederlage gegen den US-Amerikaner Eddie Perkins. Es war ein Kampf, zu dem ihn sein Management gedrängt hatte, um für ein mögliches WM-Duell Werbung zu machen. Nach einigen weiteren Niederlagen kam schließlich 1974 das Ende der Boxkarriere.

Danach ließ ihn das Schicksal in eine Abwärtsspirale taumeln. Es folgten ein missglückter Ausflug in die Gastronomie, Schulden und die Scheidung von seiner ersten Frau. Dazu kam ein immer größer werdendes Alkoholproblem, das zu Schlägereien, Messerstechereien und Orsolics ins Gefängnis führte.

Hans Orsolics singt „Mein patschertes Leben“
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2005 trug Orsolics sein „potschertes Leben“ noch einmal in „Sport am Sonntag“ vor

„Mei potschertes Leben“

Reporterlegende Bergmann holte Orsolics 1986 mit einer Dokumentation im ORF wieder aus der Vergessenheit. Er leistete damit die Vorarbeit für den Ruhm in einer völlig neuen Domäne. Im Schlager „Mei potschertes Leben“, der ihm von Charly Kriechbaum auf den Leib geschrieben wurde, sang Orsolics mehr schlecht als recht, aber authentisch („I hob valuan, wie nur ana valieren ko, der a Herz statt an Hirn hat“) über seinen Werdegang. Die Single stieß sogar Falcos „Jeanny“ von der Spitze der österreichischen Hitparade. Ein Album und Liveauftritte folgten und halfen dem Ex-Champion, einen großen Teil seiner Schulden zu begleichen.

Auf Vermittlung von Bergmann bekam Orsolics Ende der 1980er Jahre einen Posten in der ORF-Hausdruckerei, in der er bis zu einem weiteren Schicksalsschlag arbeitete. 2009 wurden bei dem jahrelangen Raucher Lungenkrebs diagnostiziert und ein Tumor am rechten Lungenflügel entfernt. Seine zweite Ehefrau Roswitha war eine wichtige Stütze zu dieser Zeit. „Meiner Frau kann ich alles verdanken“, sagte er. „Durch sie habe ich aufgehört mit dem Saufen.“

Orsolics-Biografie als Film?

Normal müsste er schon längst tot sein, sagte Orsolics bereits 2008 der Tageszeitung „Der Standard“. Nun wundert sich der Überlebenskünstler in seinem bescheidenen Wiener Domizil, dass er seinen 75er erleben darf. Ein rauschendes Fest wie früher lässt die Gesundheit nicht mehr zu. Nicht ausgeschlossen ist aber, dass die Geschichte vom sympathischen Verlierer noch international größere Kreise zieht.

Denn der Schauspieler und Wrestlingkommentator Calvin Knie sicherte sich die Filmoption an der von Bergmann verfassten Orsolics-Biografie und möchte sie in den USA auf die Leinwand bringen. Das Drehbuch ist bereits fertig. Ein weiteres Kapitel im abwechslungsreichen Leben von Hans Orsolics könnte also geschrieben werden.