Johan Eliasch (FIS)
GEPA/Harald Steiner
Wintersport

ÖSV-Widerstand gegen FIS-Führung

Der Widerstand gegen Johan Eliasch, den Präsidenten des Internationalen Ski- und Snowboardverbandes (FIS), wächst. Bei der Wiederwahl des Briten in Mailand hatten Österreich und andere nationale Skiverbände aus Protest gegen die Wahlprozedur den Saal verlassen. Nun überlegt der Österreichische Skiverband (ÖSV) sogar rechtliche Schritte gegen die FIS-Führung.

„Wir sind schon in Prüfungen“, erklärte ÖSV-Generalsekretär Christian Scherer am Freitag. „Wir müssen uns Gedanken machen, was will er, was wollen wir? Ist es irgendwie kompatibel oder ist es nicht kompatibel.“ Aktueller Stein des Anstoßes ist das Vorgehen von Eliasch und seinem engsten Zirkel beim FIS-Kongress am Donnerstag, als es um seine Wahl für vier Jahre ging.

Wie Scherer bei einem Mediengespräch erläuterte, hätten 15 Verbände inklusive Österreich eine geheime Abstimmung gewollt und das auch per Brief kundgetan. Das sei „ein klares Signal, dass man eigentlich ernst nehmen sollte“. Eliasch und Stephan Netzle, Rechtsbeistand der FIS, ließen das nur unter der Bedingung zu, dass es lediglich zwei Optionen gibt: eine Stimme für Eliasch und eine Enthaltung – eine Nein-Stimme war nicht vorgesehen.

Wirbel um Wiederwahl von Eliasch

Beim FIS-Kongress in Mailand bekam Präsident Johan Eliasch bei seiner Wiederwahl heftigen Gegenwind zu spüren. Die Delegierten großer Skiverbände verließen demonstrativ den Saal. Jetzt wird überlegt, die Wahl anzufechten.

„Dieses Rechtsverständnis teilen wir nicht“, sagte Scherer. „Ein solches Vorgehen ist nach Ansicht unserer juristischen Experten auch nicht konform mit dem Schweizer Vereinsrecht (die FIS hat ihren Sitz in Oberhofen am Thunersee in der Schweiz, Anm.)“, teilte Stefan Schwarzbach, Vorstandsmitglied des Deutschen Skiverbandes (DSV), der ARD mit.

70 von 117 möglichen Stimmen für Eliasch

Daraufhin verließ Scherer neben Vertretern anderer Nationen wie Deutschland, der Schweiz, Finnland und Kroatien den Saal. Eliasch erhielt in weiterer Folge nur 70 von 117 möglichen Stimmen, also 60 Prozent. Mit dieser Zustimmungsquote hätte es Eliasch laut Scherer nicht in den FIS-Vorstand geschafft. Bei der Wahl des 18-köpfigen Vorstands erhielten die neuen Mitglieder zwischen 78 und 114 Stimmen. Insgesamt 23 Personen hatten dafür kandidiert.

Christian Scherer (OESV)
GEPA/Christian Walgram
ÖSV-Generalsekretär Scherer teilt das Rechtsverständnis der FIS nicht

„Wenn man dann für sich selber sagt, man hat 100 Prozent der Stimmen gekriegt … da hätte eine auch gereicht“, sagte Scherer und fügte hinzu: „Eines ist klar, für die Außenwirkung sind solche Rechtsansichten und Demokratieverständnisse verheerend.“ Einen Gegenkandidaten gab es nicht.

Thema Zentralvermarktung als Streitpunkt

Hintergrund des Konflikts sind nicht zuletzt die hochtrabenden Pläne von Eliasch, dem unter anderem eine Zentralvermarktung der Weltcup-Bewerbe unter der Regie der FIS vorschwebt. Durchpeitschen wollte er das ursprünglich quasi im Handumdrehen in Eigenregie, nun einigte man sich zumindest auf eine „Konsultationsphase“ mit den nationalen Verbänden. Der ÖSV will Inhaber der Rechte bleiben, da man als Veranstalter auch das Risiko trage.

Einer der Hauptkritikpunkte des heimischen Verbandes an der derzeitigen FIS-Führung „ist die mangelnde Interaktion und Kommunikation mit den nationalen Skiverbänden“, betonte Scherer. Die Zentralvermarktung der Rechte könnte „per se, wenn es richtig gemacht ist, nichts Schlechtes sein. Wir waren immer bereit, unsere Rechte zu poolen, aber wenn es als eine Art ‚Enteignung‘ im Raum steht, dann werden wir uns zu wehren wissen.“ Wenn es nach dem Willen von Eliasch geht, „wird es höchstwahrscheinlich den ÖSV in dieser Form und viele andere Verbände vielleicht nicht mehr geben“.

Eliasch weiterhin Eigentümer der Skifirma Head

Unmut gibt es auch dadurch, dass Eliasch den Rückzug vom operativen Geschäft bei der Skifirma Head offenbar nicht wie geplant vollzogen hat. Gemäß Recherchen der Fernsehsendung „Sport inside“ des WDR scheint der Brite in mehreren Firmenregistern weiterhin als aktiver Geschäftsführer oder Direktor des Unternehmens beziehungsweise von Tochterfirmen auf, obwohl im Juni 2021 sein Rücktritt als CEO vermeldet worden war. Außerdem blieb Eliasch Eigentümer des Unternehmens, was eine fragwürdige Optik ergibt. Erklärungen ließ der 60-Jährige auch bei einer Pressekonferenz am Donnerstag vermissen.

„Irritierend“ und „jedenfalls befremdlich“ nannte Scherer die Konstellation aus Sicht des ÖSV. „Aber es gibt in der FIS ein Gremium, das Nomination and Remuneration Committee, das ja eigentlich die Kandidatur prüfen sollte. Da hat es ein Schreiben gegeben, dass sämtliche Kriterien erfüllt werden. Vielleicht sollte man sich einmal die Zusammensetzung dieses Komitees anschauen“, sagte er.

Verbände könnten Gegenkandidaten in Position bringen

Abgesehen von möglichen rechtlichen Auseinandersetzungen könnte es in die Richtung gehen, dass europäische Verbände wie Österreich, Deutschland und die Schweiz mittelfristig einen Gegenkandidaten oder eine Gegenkandidatin zu Eliasch in Position bringen. „Ich glaube, dass einigen klar geworden ist, dass man eine sehr realistische Chance hat, als Gegenkandidat zum bestehenden FIS-Präsidenten reüssieren zu können“, so Scherer.

Diesbezüglich habe es auch schon erste oberflächliche Gespräche gegeben. „Es bräuchte vorher ein Commitment, dass jemand bereit wäre zu Wahlen. Diese Frage stellt sich jetzt primär noch nicht. Jetzt gilt es zu sehen, ob wirklich Formalfehler passiert sind, welche unterschiedlichen Rechtsmeinungen gibt es.“