Ukrainische Spieler bei der Hymne mit Flagge
AP/Scott Heppell
WM-Qualifikation

Sieg als Balsam für ukrainische Seele

Die ukrainischen Fußballer sind am Mittwoch mit einem überzeugenden 3:1-Sieg in Glasgow gegen Schottland der WM 2022 in Katar ganz nahe gerückt. Nur noch Österreich-Bezwinger Wales steht am Sonntag (18.00 Uhr) einer Teilnahme an der Endrunde entgegen. Für Teamchef Olexandr Petrakow war der Erfolg nicht nur ein großer Schritt zur WM, sondern auch Balsam für die durch den russischen Angriffskrieg geschundene ukrainische Seele: „Dieser Sieg ist nicht für mich, nicht für unsere Spieler, sondern für unser Land.“

Andrij Jarmolenko, Roman Jaremtschuk und Artjom Dowbyk sorgten mit ihren Treffern dafür, dass die Ukraine weiter im Rennen um das letzte europäische Ticket für die im November beginnenden Endrunde in Katar bleibt. Der zwischenzeitliche Anschlusstreffer von Callum McGregor war für Schottland zu wenig. „Ich leide, der Trainerstab leidet, und mehr als alle anderen leiden die Spieler, aber das beste Team hat das Spiel gewonnen“, zog der schottische Teamchef Steve Clarke seinen Hut.

Für das ukrainische Nationalteam war die Partie in Schottland das erste Pflichtspiel seit Beginn des Krieges Ende Februar. Das Duell mit den Schotten wurde aufgrund des russischen Angriffskrieges auch von Anfang März in den Juni verschoben. Sollte sich die Mannschaft mit einem Sieg gegen Wales für die WM qualifizieren, würde sie dort in der Vorrunde in der Gruppe B auf England, Iran und die USA treffen.

Ukraine im Play-off-Finale

Der 3:1-Erfolg des Nationalteams der Ukraine in Schottland bedeutet in der WM-Qualifikation die Teilnahme am Play-off-Finale gegen Wales. Es war ein emotionaler Sieg mitten in den Kriegswirren.

Die Partie in Glasgow stand von Beginn an unter dem Eindruck des Krieges in der Ukraine. Schon bei der Hymne hatten sich die ukrainischen Spieler mit Flaggen umhüllt aufgestellt. Nach dem klaren und laut Perrakow „großen Sieg für die Ukraine“ ließ der Teamchef seinen Gefühlen freien Lauf. Der Sieg sei „für die Streitkräfte in den Schützengräben und Krankenhäusern, die ihren letzten Tropfen Blut geben, für die in der Ukraine, die jeden Tag leiden.“

Roman Yaremchuk beim Kopfball zum 2:0
Reuters/Lee Smith
Jaremtschuk (r.) sorgte mit seinem Kopfball kurz nach der Pause für eine Vorentscheidung

Dank an schottische Fans

Auch von den Rängen des Hampden Parks in Glasgow gab es viel Zuspruch für die Ukraine, „Stoppt den Krieg!“ war unter anderem auf Plakaten zu lesen. Viele Fans der Schotten blieben trotz der Niederlage auch nach Schlusspfiff noch im Stadion und bedachten die Ukrainer wie schon vor Beginn der Partie mit Applaus. „Ich muss den Menschen in Schottland meine Dankbarkeit aussprechen – ein unglaublich gastfreundlicher Ort“, sagte Petrakow.

Etwas zu überschwänglich gratulierte hingegen das ukrainische Außenministerium auf Twitter der Nationalmannschaf. Denn die Behörde sprach noch vor der entscheidenden Partie gegen Wales seine Glückwünsche gleich zur gelungenen WM-Qualifikation aus. „Glückwunsch! Wir sind stolz auf euch!“, hieß es dort. Der Fehler wurde allerdings schnell bemerkt und der Tweet wieder gelöscht.

Teamchef Olexandr Petrakov beim Shake-Hands mit Andriy Yarmolenko
AP/Scott Heppell
Teamchef Petrakow (l.) war nach dem überzeugenden Sieg nicht mehr zu halten

Gegen Wales „Kampf ums Überleben“

Geht es nach den ukrainischen Spielern, darf das Außenministerium die Gratulation zur geschafften Qualifikation am Sonntagabend wieder aus dem Archiv graben. Denn der Fokus war nach dem Triumph in Glasgow bereits auf die Aufgabe in Cardiff gerichtet. Im Cardiff City Stadium, wo Österreichs WM-Träume im März mit einer 1:2-Niederlage platzten, wollen sich die Ukrainer erstmals seit 2006 und zum erst zweiten Mal überhaupt für eine Endrunde qualifizieren.

„Es ist jetzt keine Zeit zum Feiern, es ist Zeit sich zu erholen. Wir sind alle Profis und wissen, was wir tun müssen“, gab Mittelfeldmotor Oleksandr Sintschenko vom englischen Meister Manchester City die Marschroute vor. Der 25-Jährige schlug mit Blick auf die Entscheidungspartie auch martialische Töne an. „Gegen Wales geht es nicht um den körperlichen Zustand oder Taktik, da geht es ums Überleben“, sagte Sintschenko, „jeder für uns wird alles geben und bis zum Schluss kämpfen – denn wir spielen für unser Land.“

Pele ruft Putin zu Frieden auf

Das Spiel gegen Schottland fand jedenfalls bereits in der ganzen Welt Beachtung. Daher nutzte auch Brasiliens Fußball-Legende Pele den Moment und forderte den russischen Präsidenten Wladimir Putin auf, den Krieg in der Ukraine zu beenden. „Stoppen Sie die Invasion. Es gibt absolut keine Rechtfertigung für diese anhaltende Gewalt“, appellierte der 81-Jährige am Mittwoch in einem auf seinem Instagram-Account veröffentlichten Brief an Putin.

Als er Putin in der Vergangenheit getroffen und ein Lächeln ausgetauscht habe, begleitet von einem langen Händedruck, habe er nie gedacht, „dass wir eines Tages so gespalten sein würden, wie wir es jetzt sind“, schrieb Pele. „Die Macht, diesen Konflikt zu beenden, liegt in Ihren Händen. Dieselben, die ich in Moskau bei unserem letzten Treffen 2017 geschüttelt habe.“