Einen kleinen Vorgeschmack auf die zu erwartende Atmosphäre auf dem Centre-Court bekam Djokovic schon nach dem Halbfinale. Als der Interviewer den Namen des nächsten Gegners erwähnte, raunten die Zuschauer laut auf, einige jubelten. „Der Job ist noch nicht erledigt“, sagte Djokovic mit Blick auf Kyrgios. „Er ist ein Spieler für große Spiele. Wenn du seine Karriere siehst, hat er sein bestes Tennis immer gegen die Topjungs gespielt. Deshalb respektieren wir ihn alle. Es wird ein interessantes Match.“
Für den Serben ist es bereits sein 32. Endspiel bei einem Grand-Slam-Turnier, seine großen Konkurrenten Roger Federer (31) und Rafael Nadal (30) hat er damit bereits hinter sich gelassen. Sein australischer Finalgegner gibt hingegen im 30. Anlauf sein Debüt auf Major-Ebene.
„Erfahrung könnte für mich sprechen“
„Die Erfahrung auf diesem Niveau, ein Finale zu spielen gegen jemanden, der noch nie in einem Grand-Slam-Endspiel stand, könnte leicht für mich sprechen“, sagte Djokovic, der seinen siebenten Wimbledon-Titel anstrebt. „Aber zugleich weiß ich, wer er ist, wie er Tennis angeht, welche Einstellung er auf dem Platz hat. Es scheint, dass er nicht groß unter Druck steht.“ Die bisherigen beiden Duelle verlor Djokovic ohne eigenen Satzgewinn. Beide Partien fanden allerdings schon 2017 und auf Hartplatz statt.
Zu schaffen machten Djokovic damals die „unlesbaren“ Aufschläge seines Gegners, der vielleicht beste Rückschläger im aktuellen Tennis hat immer noch Respekt. „Seine Bewegung ist so flüssig und einfach irrsinnig schnell. Er ist schwer zu lesen“, sagte der Serbe, der ein enges Match erwartet. „Kleine Unterschiede werden das Spiel entscheiden.“ Craig O’Shannessy, der bei den beiden Niederlagen vor fünf Jahren im Djokovic-Team war und die Aufschläge von Kyrgios analysierte, erinnerte sich: „Novak war überzeugt, dass man daraus irgendetwas erkennen könne, aber wir haben einfach nichts gefunden. Der Aufwurf ist beim weiten Aufschlag und dem Aufschlag in die Mitte exakt derselbe. Und weil Nicks Bewegung so schnell ist, ist sie unlesbar.“
„Bin einer der konkurrenzfähigsten Menschen“
Kyrgios selbst stand heuer zu Beginn des Wimbledon-Turnieres wieder mehr wegen Schiedsrichterbeschimpfungen und einem sehr emotionsgeladenen Drittrundenduell mit seinem früheren Doppel-Partner Stefanos Tsitsipas als durch seine sportlichen Leistungen in den Schlagzeilen, in den letzten Runden hat sich der 27-Jährige aber stabilisiert. So dominierte der Australier seine jüngsten Partien mit dem Aufschlag, ohne sich selbst immer wieder aus dem Rhythmus zu bringen.
„Es gab definitiv Zeiten, in denen ich meinen Sport gehasst habe, aber es gibt auch Zeiten, in denen ich denke, dass ich einer der konkurrenzfähigsten Menschen bin, die ich je getroffen habe“, sagte er vor dem Finale über sich selbst.
Major-Zukunft für Djokovic offen
Bei einem Grand-Slam-Turnier könnte es nach Wimbledon übrigens länger kein Wiedersehen der beiden Finalisten geben. Da Djokovic weiter nicht geimpft ist, kann er nach jetzigem Stand nicht in die USA zu den US Open reisen. Ob der Serbe bereits kommendes Jahr wieder nach Australien einreisen darf, ist offen. So muss er jede Gelegenheit nutzen, um den Herren-Rekord des verletzten Rafael Nadal von 22 Major-Titeln anzugreifen. „Ich weiß nicht, wie viele Möglichkeiten ich noch bei Grand Slams haben werde, die Trophäe zu gewinnen“, hatte Djokovic bereits erklärt.
All England Championships in Wimbledon
(Großbritannien, 40.350.000 Pfund, Rasen)
Herren-Einzel