Jubelndes ÖFB-Team
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Fußball-EM

ÖFB-Auftritt als Appell für die Zukunft

Das Abenteuer Fußball-EM in England ist für Österreichs Nationalteam zu Ende. Nach dem 0:2 im Viertelfinale gegen Deutschland verließ die Auswahl von ÖFB-Teamchefin Irene Fuhrmann die Insel rückblickend zufrieden, zumal auch bei der zweiten EM-Teilnahme der Einzug in die K.-o.-Phase gelang. Die erste WM-Teilnahme ist nun das nächste große sportliche Ziel, abseits davon richtete Fuhrmann auch einen Appell an die Verbände.

„Wir wollen mehr. Es ist schon viel passiert, aber wir wir wollen weiter die Strukturen professionalisieren. Wo nicht nur der ÖFB, sondern jeder Landesverband in die Hände spucken muss. Diese Erfolge können nur bestätigt werden, wenn wir mehr Mädchen zum Fußball bringen, mehr talentierte Mädchen dem Fußball erhalten bleiben und in die Spitze bekommen, das gilt es weiter zu forcieren“, sagte die 41-jährige Wienerin beim letzten Medientermin in England vor der Abreise. Um das A-Team machte sie sich dabei keine Sorgen: „Ich bin zuversichtlich, dass dem Frauen-Nationalteam eine rosige Zukunft bevorsteht.“

Die Teamchefin hofft insgesamt, dass der Auftritt in England nachhaltig ist. „Ich denke, wir haben mit unseren Leistungen für Begeisterung gesorgt. Es wäre einfach schön, wenn es nicht gleich wieder abebbt, sondern wir es schaffen, auch mehr Zuschauer in die Stadien zu bringen.“ Der Zuschauerrekord bei einem ÖFB-Heimspiel der Frauen beträgt seit 2012 immer noch 3.600 Zuschauerinnen und Zuschauer. In der Vorbereitung stellten Dänemark, Schweden oder auch die Schweiz neue fünfstellige Bestmarken auf, Österreich spielte vor maximal 1.400 Zuschauerinnen und Zuschauern in Wiener Neustadt.

Fuhrmann und Schnaderbeck ziehen Bilanz

Nach der Niederlage gegen Deutschland war für Österreich im Viertelfinale der EM Endstation.

Am 3. September böte sich die Gelegenheit, im Heimspiel der WM-Qualifikation gegen die Startruppe aus England diesen Rekord zu brechen. „Wir hatten hier unglaublichen Support, es wäre auch schön, wenn wir in einem Spiel wie gegen England zu Hause mehr als 1.400 Zuschauer ins Stadion bringen. Diese Unterstützung hätte sich das Team in jedem Fall verdient“, meinte Fuhrmann. Ihr Team lieferte in den vergangenen Wochen auf großer Bühne die Argumente dazu.

Wochenlanges Werben

Über drei Wochen gastierte Österreich in England, hauptsächlich im noblen Pennyhill Park, das sich als Teamquartier bezahlt machte. Trotz teils schwieriger Vorbereitung mit der Verletzung von Maria Plattner oder den CoV-Erkrankungen von Lisa Kolb, Laura Wienroither und Katharina Naschenweng haben es Fuhrmanns Frauen geschafft, die Gruppe mit Gastgeber England und Norwegen zu überstehen.

ÖFB-Team
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Spaß am Job: Österreichs Nationalteam vermittelte bei der EM Freude auf dem Platz und abseits davon

Im Highlight-Spiel zum Auftakt vor rund 69.000 Zuschauerinnen und Zuschauern in Manchester verkaufte sich das Team gegen England teuer (0:1), erfüllte in Southampton gegen Außenseiter Nordirland die Pflicht (2:0), um dann das Schlüsselspiel gegen Norwegen überzeugend zu gewinnen (1:0) und auch beim zweiten Mal das Viertelfinale zu erreichen. Dort kam dann das Aus gegen Rekordeuropameister Deutschland, der in Brentford ÖFB-Fehler eiskalt bestrafte. Auch gegen diesen Favoriten machte das ÖFB-Team aber wieder eine gute Figur.

Jubel von Sarah Puntigam, Barbara Dunst und Marina Georgieva
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Barbara Dunst setzte den „Sesseljubel“ von David Alaba bei der EM fort

„Ich ziehe den Hut vor den Leistungen meines Teams“, betonte Fuhrmann am Abreisetag. Ihre Spielerinnen, ihr Betreuerteam hatten allesamt geliefert, zeigten mutige Auftritte und behielten sich immer ihre Lockerheit. Wenn sie feiern wollten, feierten sie, wenn sie liefern mussten, lieferten sie. „Zurückblickend muss man die Leistung ganz, ganz hoch einordnen“, meinte auch Kapitänin Viktoria Schnaderbeck, deren lädiertes linkes Knie einen Auftritt im Viertelfinale verhinderte. Vor fünf Jahren schaffte man es als defensives Team ins Halbfinale, dieses Mal spielte man sich ins Viertelfinale und bot Favoriten wie England und Deutschland auch Paroli und setzte sie unter Druck.

„Umbruch bereits eingeleitet“

„Damals haben wir uns nur auf die Defensive verlagert, da hätten wir nie drei Aluminiumtreffer gehabt. Das ist aber auch das, was die Leute sehen wollen, dass man attraktiv und nach vorne spielt und Mut zeigt“, betonte Carina Wenninger, die wie die meisten ÖFB-Teamspielerinnen schon in den Niederlanden im Einsatz war. Einige Stammspielerinnen wie sie oder Schnaderbeck sind schon um die 30 Jahre alt, punkto Zukunft des Teams ist sie aber „sehr optimistisch. Der Umbruch findet schon statt, es kommen super Spielerinnen nach.“

Der Kern dieses Teams besteht weiterhin aus jenen Spielerinnen, die eben schon 2017 aufgeigten, doch hat man an Breite gewonnen. Den Schnaderbeck-Ausfall konnte Marina Georgieva (25) weitestgehend kompensieren, mit Celina Degen (21) steht eine weitere jüngere Alternative bereit. Arsenal-Legionärin Laura Wienroither ist mit 23 Lenzen als Rechtsverteidigerin bereits gesetzt. In der Offensive hat Julia Hickelsberger-Füller (22) ihre erste EM hinter sich. Ihre Unbekümmertheit und Fähigkeiten im Eins gegen Eins sind offensichtlich, im letzten Drittel haperte es nicht nur bei ihr.

 Julia Hickelsberger-Fueller am Ball
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Julia Hickelsberger-Füller ist eine Hoffnungsträgerin der Zukunft und hat das schon in Ansätzen gezeigt

„Das Offensivspiel zu entwickeln ist viel schwieriger, das braucht Zeit und viel Arbeit. Da müssen wir einfach klarer werden“, so Fuhrmann. Hickelsberger-Füller wechselt im Sommer von Serienmeister St. Pölten zur TSG Hoffenheim. Barbara Dunst ist mit 24 Jahren gesetzt, Maria Plattner (21), Lisa Kolb (21) oder Marie-Therese Höbinger (20) drängen sich vermehrt auf. „Es tut sich was, auch in der Talenteförderung. Es ist schön zu sehen, dass da noch mehr sehr gut ausgebildete Spielerinnen nachkommen werden“, betonte Verteidigerin Wenninger.

Erste WM-Teilnahme als großes Ziel

„Es gilt, die Jungen zu forcieren und die Routiniers am Ball zu halten, dann haben wir eine tolle Zukunft vor uns“, merkte Fuhrmann nach dem Deutschland-Spiel an. Im Oktober wartet das WM-Play-off auf die Österreicherinnen, das sich über mehrere Stufen erstreckt. „Es wäre überragend, wenn wir das schaffen“, sagte Wenninger. Schnaderbeck ist von diesem großen Ziel angetrieben, ihre Knieprobleme in den Griff zu bekommen. Die erstmalige WM-Teilnahme der ÖFB-Frauen 2023 wäre für die 31-Jährige ein „absolutes Highlight“.

Das gilt auch für Laura Feiersinger. „Es wäre schon cool, aber es ist noch ein weiter Weg“, verwies die Salzburgerin auf das komplizierte Play-off, in dem ein Ticket auch noch interkontinental ausgespielt wird. „Aber es liegen uns solche Spiele, in denen es um etwas geht.“ Es liege noch viel Arbeit vor ihnen, meinte Dunst, aber es wiederum klar, dass dieses Team „definitiv WM-reif ist“. Auch sie hofft, dass das bei den nächsten Heimspielen von den Zuschauerinnen und Zuschauern honoriert wird. „Ich denke, uns ist wieder gelungen, etwas auszulösen. Und wenn es nur wieder fünf oder sechs Prozent mehr sind, wäre das schon sehr wichtig für uns.“ Verdient hätten sie es sich allemal.