Gerhard Berger in Hockenheim 1997
AP/Thomas Kienzle
Formel 1

Berger holte Österreichs letzten Sieg

Wenige Tage vor dem Grand Prix von Ungarn am Sonntag (15.00 Uhr, live in ORF1) jährt sich aus heimischer Sicht ein besonderes Datum: Am Mittwoch ist es 25 Jahre her, dass ein Österreicher letztmals in der Formel 1 gewann. Am 27. Juli 1997 fuhr Gerhard Berger in Hockenheim bei seinem 203. Einsatz in der Motorsportkönigsklasse seinen zehnten und letzten Sieg heraus und lieferte dabei eines der besten Rennen seiner Karriere ab.

Womöglich war es sein bestes überhaupt. Denn der bereits 37-Jährige stand damals unter großem emotionalem Druck. Alexander Wurz war drauf und dran, den Platz des an einer Kieferhöhleneiterung erkrankten Tirolers bei Benetton-Renault zu übernehmen. Zudem war vor dem Rennen sein Vater bei einem Absturz im Privatflugzeug ums Leben gekommen.

Berger sicherte sich trotz seines fortgeschrittenen Alters – und obwohl er zuvor 60 Tage nicht im Rennauto gesessen war – die Poleposition, fuhr im Rennen die schnellste Runde und gewann am Ende überlegen vor Michael Schumacher. Diese Leistung wurde von allen Seiten mit Respekt bedacht. Vielfach war man der Meinung, Berger sei an diesem Tag einfach unschlagbar gewesen. Der Tiroler selbst bedankte sich damals vielsagend für die Unterstützung „von oben“ und sprach von seinem „schönsten Sieg“.

Gerhard Berger, Mika Häkkinen und Michael Schumacher
AP/Thomas Kienzle
Mika Häkkinen und Michael Schumacher verpassten dem Hockenheim-Sieger von 1997 eine Champagnerdusche

„Es ging um den Willen“

„Siege sind immer besonders. Der erste und der letzte aber ganz speziell“, sagt Berger heute. Er ist neben den beiden Weltmeistern Niki Lauda (25 Siege) und Jochen Rindt (sechs) einer von nur drei österreichischen GP-Siegern. In Hockenheim haben übrigens alle drei gewonnen, Berger sogar zweimal (1994 und 1997).

„Es war ein gutes, aber nicht mein bestes Rennen in der Formel 1. Das war eher Adelaide 1987“, so Berger, der den Hockenheim-Sieg nicht ganz oben auf der Liste sieht. „Bewusst geworden ist mir damals aber, welch wichtige Rolle der Kopf spielt. Es ging um den Willen, dieses Rennen zu gewinnen und der Welt zu beweisen, was man erreichen kann, wenn man trotz aller Umstände alles sauber im Kopf ordnet.“

Abschied nach 210 Rennen

Mitte Oktober 1997 gab Berger seinen Rücktritt per Jahresende bekannt und bestritt am 26. Oktober mit bereits 38 Jahren in Jerez de la Frontera sein 210. und letztes Formel-1-Rennen. Es war der denkwürdige Europa-Grand-Prix, bei dem drei Fahrer im Qualifying gleich schnell waren und nach dem Schumacher alle Saisonpunkte aberkannt wurden, weil er Weltmeister Jacques Villeneuve in einen Unfall verwickelt hatte.

Berger selbst beendete am österreichischen Nationalfeiertag seine Karriere nach einem starken Rennen als Vierter, wobei er das Podium nur um 117 Tausendstelsekunden verpasste und ihm auf Sieger Mika Häkkinen lediglich 1,8 Sekunden fehlten.

Wurz letzter Österreicher auf dem Podest

Das alles ist nun ein Vierteljahrhundert her. Auch schon wieder 15 Jahre liegt es zurück, dass Wurz 2007 als Dritter in Kanada für den bisher letzten österreichischen Podestplatz gesorgt hat. Letzter Österreicher in der Formel 1 überhaupt – sieht man von diversen Testeinsätzen wie etwa Bergers Neffen Lucas Auer 2017 in Ungarn ab – war Christian Klien im November 2010 in Abu Dhabi als Fahrer im Nachzügler-Team HRT.

Alex Wurz, 2007
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Der jetzige ORF-Kommentator Wurz wurde bei drei Formel-1-Rennen Dritter

Seitdem herrscht fahrerische Ebbe für Piloten aus Österreich. „Es gibt so Perioden. Sehr viel hängt an der Aufbauarbeit“, bemängelt Berger, dass die Nachwuchsinitiativen im heimischen Motorsport überschaubar sind. „Früher gab es nationale Formelrennen und diverse österreichische Meisterschaften. Diesbezüglich ist viel abgebröckelt, ist nicht mehr wahnsinnig viel los. Deshalb kriegt auch keiner den Fuß richtig hinein in die Formel 1“, vermutet der 62-jährige Unternehmer und Chef der internationalen Tourenwagenmeisterschaft DTM.

„Irgendwann kommt ganz sicher wieder einer“

Gleichzeitig ist Österreichs einziger noch lebender Grand-Prix-Sieger überzeugt, dass wieder bessere Zeiten kommen. „Wir haben mit Red Bull und BWT zwei Firmen, die ganz stark im Motorsport engagiert sind. Vor allem Red Bull ist ein wahnsinnig starker Förderer des Motorsports in Österreich und hat mit Helmut Marko einen absoluten Nachwuchsspezialisten.“ Deshalb ist Berger überzeugt: „Irgendwann kommt ganz sicher wieder einer.“

Die aktuelle Förderdynamik müsse man nutzen und Fahrer bringen. „Denn am Ende des Tages sind die Fans einer Nation nur optimal zu begeistern, wenn du einen nationalen Helden hast.“ Ihm wäre jedenfalls lieber, nicht mehr Österreichs letzter Grand-Prix-Sieger zu sein. „Mir wär’s recht, wenn ein österreichischer Nachwuchsmann in der Formel 1 auf sich aufmerksam macht und nach vorne marschiert. Ich weiß ja, wie es ist, wenn man zum Nationalhelden wird. Am Ende profitiert der ganze Motorsport.“

Österreichische GP-Siege in der Formel 1

Jochen Rindt (sechs Siege/Weltmeister 1970):

  • 1969: USA (Watkins Glen)
  • 1970: Monaco (Monte Carlo), Niederlande (Zandvoort), Frankreich (Clermont-Ferrand), Großbritannien (Brands Hatch), Deutschland (Hockenheim)

Niki Lauda (25 Siege/dreimal Weltmeister 1975, 1977, 1984):

  • 1974: Spanien (Jarama), Niederlande (Zandvoort)
  • 1975: Monaco (Monte Carlo), Belgien (Zolder), Schweden (Anderstorp), Frankreich (Le Castellet), USA (Watkins Glen)
  • 1976: Brasilien (Interlagos), Südafrika (Kyalami), Belgien (Zolder), Monaco (Monte Carlo), Großbritannien (Brands Hatch)
  • 1977: Südafrika (Kyalami), Deutschland (Hockenheim), Niederlande (Zandvoort)
  • 1978: Schweden (Anderstorp), Italien (Monza)
  • 1982: USA West (Long Beach), Großbritannien (Brands Hatch)
  • 1984: Südafrika (Kyalami), Frankreich (Dijon), Großbritannien (Brands Hatch), Österreich (Spielberg), Italien (Monza)
  • 1985: Niederlande (Zandvoort)

Gerhard Berger (zehn Siege/beste WM-Platzierung: Dritter 1988 und 1994):

  • 1986: Mexiko (Mexiko-Stadt)
  • 1987: Japan (Suzuka), Australien (Adelaide)
  • 1988: Italien (Monza)
  • 1989: Portugal (Estoril)
  • 1991: Japan (Suzuka)
  • 1992: Kanada (Montreal), Australien (Adelaide)
  • 1994: Deutschland (Hockenheim)
  • 1997: Deutschland (Hockenheim)