Der österreichische Diskuswerfer Lukas Weisshaidinger
GEPA/Johannes Friedl
Leichtathletik-EM

Weißhaidinger will Feld von hinten aufrollen

Vier Jahre ist es her, dass die Leichtathleten zuletzt ihre Europameisterinnen und Europameister gekürt haben. Nach der CoV-bedingten Absage der Paris-Auflage 2020 bestreiten Lukas Weißhaidinger und Co. in München fast ein „Heimspiel“. Und sie bekommen die rasche Chance auf Revanche für die verpatzte WM in Eugene. Der Diskuswerfer will die Sache auch ganz anders angehen als im Juli in den USA.

Der Österreichische Leichtathletik-Verband (ÖLV) entsendet ein 14-köpfiges Team, 2018 in Berlin hatte es Bronze für Weißhaidinger und für die Marathonmannschaft gegeben. Im Team, bestehend aus neun Frauen und fünf Männern, sind viele junge Hoffnungsträger mit dabei, der Altersschnitt beträgt 24,9 Jahre. Für zehn Aktive sind es die ersten Kontinentaltitelkämpfe in der Eliteklasse.

ÖLV-Sportdirektor Gregor Högler sprach von einer „guten Mischung aus arrivierten Athleten und Rookies“. Man sei in den Disziplingruppen Sprint, Lauf, Hürden, Wurf, Sprung und Mehrkampf vertreten, und das, obwohl die Limits immer strenger geworden seien. 50 Entscheidungen sind angesetzt.

Leichtathletik wohl letztmalig bei Multi-EM

Die Leichtathletik ist wie acht andere Sportarten Teil der European Championships, in Zukunft wird man sich davon inhaltlich und räumlich aber wieder trennen.

„Die Abstimmung des Zeitplans hat ein Jahr gedauert. Und es sind für den Sport nicht immer die besten Bedingungen rausgekommen. Denn wenn der Marathon mittags startet, können wir nur auf einen Schlechtwettertag hoffen“, sagte ÖLV-Präsidentin Sonja Spendelhofer. Man müsse die Bedürfnisse aller berücksichtigen, also auch der Medien und Finanziers. „Aber letztendlich müssten schon die bestmöglichen Bedingungen für die Athletinnen und Athleten geschaffen werden.“

Weißhaidinger hat WM-Enttäuschung abgehakt

Högler hat als Trainer von Weißhaidinger den aussichtsreichsten Österreicher unter seinen Fittichen, das enttäuschende WM-Abschneiden vor dreieinhalb Wochen ist abgehakt. Der Olympiadritte von Tokio 2021 warf beim EM-Test in Andorf den Diskus auf 66,82 m.

„Ich komme nach Platz zehn bei der WM praktisch als siebenter Europäer nach München und will das Feld diesmal von hinten aufrollen“, sagte der 30-jährige Oberösterreicher. „Das ist sicher auch einmal eine spannende Situation. Wir werden die Sache sicher anders angehen als in Eugene.“

Die Qualifikation im Olympiastadion ist für Mittwoch angesetzt, das Finale für Freitag. „Unsere Mission, eine andere Farbe einer Medaille zu machen, geht bis 2024. Es kann ein Vorteil sein, dass viele Leute von daheim kommen. Es ist eine Heim-EM, er wird nie wieder eine haben“, sagte Högler zur APA.

ÖLV-Damen machen den Anfang

Los geht es aus österreichischer Sicht am Montag für Magdalena Lindner im Vorlauf über 100 m, sie kommt als Nachrückerin zu ihrem zweiten Einsatz neben dem Staffelrennen mit ihren Kolleginnen. Die ehemalige Fußballerin Julia Mayer tritt mit der heuer aufgestellten persönlichen Bestleitung von 33:16,76 Minuten und nach einem Höhentrainingslager im 10.000-m-Lauf an.

100-m-ÖLV-Rekordler Markus Fuchs kam bei seinen zwei bisherigen EM-Teilnahmen über den Vorlauf nicht hinaus, dieses Mal darf er dank Platz elf in der europäischen Saisonbestenliste direkt im Halbfinale am Dienstag einsteigen. „Ich will die Leistungen, die ich schon die ganze Saison gezeigt habe, wieder abrufen, das würde mich schon stolz machen“, sagte der 26-Jährige.

Walli erspart sich Vorlauf nicht

Die WM-23. Susanne Walli tritt nicht nur in ihrer Paradedisziplin 400 m, sondern auch über die 200 m und mit der Sprintstaffel an. Da sie nicht in den Top Zwölf der Saisonbestenliste ist, muss sie über die Stadionrunde in den Vorlauf. Dieser ist am Montagabend angesetzt, das Halbfinale bereits am frühen Dienstagnachmittag.

Die österreichische Leichtathletin Susanne Walli im Juni in St. Pölten
GEPA/Walter Luger
400-m-Spezialistin Susanne Walli ist in München in gleich drei Disziplinen am Start

„Das System ist jenen gegenüber, die schon in den Vorläufen starten müssen, etwas unfair“, befand auch die 26-jährige Oberösterreicherin, die freilich zumindest eine Runde weiterkommen will. „Über 200 m habe ich keine konkrete Zielsetzung. In der Staffel wollen wir gut durchkommen und wenn möglich sogar den Rekord brechen.“

Dadic und Hudson zuversichtlich

Nach der Absage für die WM hat Mehrkämpferin Ivona Dadic eine gezielte EM-Vorbereitung vorangetrieben, der Siebenkampf findet am Mittwoch und Donnerstag statt. „Ich fahre mit einem sehr positiven Gefühl nach München. Dort will ich sieben sehr gute Disziplinen absolvieren, im besten Fall mit sieben Saisonbestleistungen“, sagte die 28-Jährige, die als EM-Dritte 2016 schon weiß, wie sich ein Medaillengewinn auf großer Freiluftbühne anfühlt.

Speerwerferin Victoria Hudson peilt einmal mehr den Einzug ins Finale an. Bei der WM-23. soll nach nun drei in Folge missglückten Aufstiegen bei Großereignissen der Knopf platzen. „Ich habe heuer zwar noch keinen Weitenausreißer nach oben, aber im Training und auch den Wettkämpfen läuft es insgesamt viel stabiler als in den letzten Jahren. Ich habe mich sicher weiterentwickelt, auch wenn ich es noch nicht ganz aufs Papier gebracht habe“, sagte die 26-Jährige.

Stabhochspringer Riccardo Klotz kommt nach seiner kürzlich aufgestellten Bestleistung von 5,65 m voll Selbstbewusstsein nach München und meinte: „Das Finale wäre natürlich ein Traum.“ Über die 400 m Hürden ist der ÖLV mit Lena Pressler und Niklas Strohmayer-Dangl vertreten. Für beide geht es darum, Erfahrung zu sammeln. Lena Millonig läuft die 3.000 m Hindernis, Andreas Vojta die 10.000 m.

ÖLV-EM-Aufgebot

Damen:
Ivona Dadic Siebenkampf
Victoria Hudson Speerwurf
Magdalena Lindner 100 m, 4 x 100 m
Julia Mayer 10.000 m
Lena Millonig 3.000 m Hindernis
Johanna Plank 4 x 100 m
Lena Pressler 400 m Hürden, 4 x 100 m
Susanne Walli 200 m, 400 m, 4 x 100 m
Viktoria Willhuber 4 x 100 m
Herren:
Markus Fuchs 100 m
Riccardo Klotz Stabhochsprung
Niklas Strohmayer-Dangl 400 m Hürden
Andreas Vojta 10.000 m
Lukas Weißhaidinger Diskuswurf

EM-Medaillen für Österreich

Gold:
1969 Athen Liese Prokop (Fünfkampf)
1971 Helsinki Ilona Gusenbauer (Hochsprung)
Silber:
1950 Brüssel Herma Bauma (Speerwurf)
Bronze:
1938 Paris Karl Kotraschek (Dreisprung) *
1969 Athen Maria Sykora (400 m)
1990 Split Hermann Fehringer (Stabhochsprung)
1998 Budapest Stephanie Graf (800 m)
2012 Helsinki Beate Schrott (100 m Hürden)
2016 Amsterdam Ivona Dadic (Siebenkampf)
2018 Berlin Lukas Weißhaidinger (Diskuswurf)
2018 Berlin Lemawork Ketema, Peter Herzog, Christian Steinhammer (Marathon Team)
* Offiziell für Deutschland am Start