Der französiche Yamaha-Fahrer Fabio Quartararo im Vorjahr auf dem Red-Bull-Ring in Spielberg
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Motorrad

Schikane mischt Karten in Spielberg neu

Wie die Formel 1 vollzieht auch die Motorrad-WM nach zwei Doppelveranstaltungen wegen der CoV-Pandemie heuer nur noch einen Auftritt in Spielberg, dafür bei vollem Haus. Mit fast 200.000 erwarteten Zuschauerinnen und Zuschauern ist der Grand Prix in der Steiermark am kommenden Wochenende erneut das zweitgrößte Sportereignis in Österreich. Und es steht unter speziellen Vorzeichen, wird doch aus Sicherheitsgründen eine neue Schikane befahren.

In dieser Links-rechts-Variante in der Bergaufpassage zwischen den Kurven eins (Lauda) und drei (Remus) bremsen die Motorräder nun bis auf 80 km/h in den ersten Gang hinunter, was die Charakteristik der hügeligen Strecke in der Steiermark doch einigermaßen verändert. Notwendig geworden war das nach Meinung der Verantwortlichen wegen mehrerer schwerer Unfälle in Kurve drei bzw. Rennabbrüchen. Vor allem die Horrorgeschehnisse von 2020, als Valentino Rossi und Maverick Vinales fast von durch die Luft fliegenden Bikes getroffen worden waren, sind unvergessen.

Die neue Variante macht die Strecke für Motorräder um 30 Meter länger und könnte im Rennen weitere Hersteller ins Spiel bringen, nachdem in den letzten acht Rennen nur Ducati (sechs) und KTM (zwei) gewonnen haben. Erster Mitfavorit ist Weltmeister und WM-Leader Fabio Quartararo. Der französische Yamaha-Fahrer liegt vor dem 13. von 20 Saisonrennen 22 Punkte vor Aleix Espargaro (ESP/Aprilia) in Front.

Grafik zur neuen Schikane am Red-Bull-Ring in Spielberg
Grafik: APA/ORF.at

KTM mit gedämpften Erwartungen

KTM wiederum ist im sechsten vollen WM-Jahr bisher hinter den Erwartungen geblieben. Brad Binder liegt in der Fahrerwertung auf Platz sieben, Miguel Oliveira ist trotz seines Sieges in Indonesien nur Neunter. In der Konstrukteurswertung sind die Mattighofener Vierter, bei den Teams Fünfter (Factory Racing) bzw. Zwölfter (Tech3).

Die Österreicher kommen aber mit guten Erinnerungen zum Heimspiel, nachdem sich Oliveira 2020 in der letzten Kurve den Sieg gesichert und Binder im Vorjahr im Regen mit Slicks zum sensationellen Triumph „geschlittert“ war. Zwar ist auch der kommende Rennsonntag vor Tausenden Fans auf der orangen KTM-Tribüne wie stets ein „Feiertag“ (Motorsportchef Pit Beirer), die Schwäche im Qualifying und nun auch noch die neue Schikane dämpfen aber die Erwartungen vor dem 101. MotoGP-Rennen der Österreicher.

„Es schaut ziemlich langsam aus“

Dabei konnte KTM die neue Passage mit Edeltester Dani Pedrosa im Vorfeld ausprobieren. „Es schaut ziemlich langsam aus“, sagte Oliveira nach Sichtung der Daten. „Aber es ändert die grundsätzliche Charakteristik der Strecke nicht und wir sollten schätzen, was man da für unsere Sicherheit versucht“, ergänzte der Portugiese. „Früher ging es mit einem Mörderspeed rauf zur Kurve drei, jetzt gleicht die Schikane viel aus. Aber das macht es auch interessant.“

Ähnlich äußerte sich Binder. Er hoffe aufgrund der Tests auf einen kleinen Vorteil. „Die Schikane ist aber halt nur ein kleiner Teil der Strecke, es sollte also insgesamt keinen allzu großen Effekt haben. Aber warten wir mal, was wir nach dem ersten Training am Freitag sagen.“

„Jede Strecke besteht aus Geraden und Kurven. Wir denken nicht groß darüber nach, wer Vor- oder Nachteile aus dieser Schikane zieht“, will Beirer das Thema nicht groß aufblasen. „Die Schikane lässt die Fahrer länger vor der KTM-Tribüne verweilen und man wird dort sicher interessante und entscheidende Überholmanöver sehen.“

Erstes Abtasten mit Verbremsern

Das erste Abtasten mit der neuen Schikane ging am Freitag bis auf einige Verbremser und Geradeausfahrten durch den Kies problemlos über die Bühne. Tagesbestzeit in der MotoGP und damit auch neuen „Rundenrekord“ erzielte am Freitag der Franzose Johann Zarco in 1:29,837 Minuten. Mit gleich sieben Bikes in den Top Acht dominierte Ducati den ersten Trainingstag. Die Rundenzeiten sind nun aber natürlich deutlich langsamer. In der MotoGP etwa lag der alte Streckenrekord von Jorge Martin bei 1:22,643 Minuten und einem Schnitt von 188,0 km/h.

Die Piloten hatten sich im Vorfeld aber weitgehend positiv zur Schikane, jetzt Kurve 2A und 2B genannt, geäußert. „Sie passt zu meinem Fahrstil“, sagte etwa Maverick Vinales. Ducati-Fahrer Francesco Bagnaia, der von den jüngsten sieben MotoGP-Rennen vier gewonnen hat und WM-Dritter hinter Fabio Quartararo und Aleix Espargaro ist, fehlt die Herausforderung aber doch ein wenig. „Weniger Spaß, dafür mehr Sicherheit“, sagte er.

Auinger begrüßt Streckenänderung

Mit Interesse blickt auch Motorrad-Legende August „Gustl“ Auinger auf die neue Schikane, auch wenn er grundsätzlich die Schlusskurve (zehn) für interessanter hält. „Nicht, dass es eine tickende Zeitbombe war. Aber es lag immer etwas in der Luft“, begrüßt der Gewinner von fünf 125er-WM-Rennen die Sicherheitsmaßnahme.

„Mit der Schikane hat man die Gefahr gebannt, ohne den Stop-and-go-Charakter der Strecke zu brechen.“ Auinger ist überzeugt. „Manche werden sagen, super. Die anderen, dass die Schikane ein Schmarrn ist. Aber wenigstens haben die Verlierer dann auch gleich einen Schuldigen gefunden.“