Liverpools Alex Oxlade-Chamberlain und Manchester Uniteds Tyrell Malacia
Reuters/Athit Perawongmetha
Fußball

Schlager als Duell der Nachzügler

Das Duell zwischen Manchester United und Liverpool in der englischen Premier League ist ein ewiger Klassiker. Am Montag geht der Schlager aber unter besonderen Vorzeichen über die Bühne, sind doch beide Großclubs schwach in die Saison gestartet. United liegt punktelos am Tabellenende, Liverpool wartet ebenfalls noch auf den ersten Sieg.

Für Liverpool-Trainer Jürgen Klopp macht die Krise bei United, das am vergangenen Wochenende bei Brentford mit 0:4 unterging, nachdem schon der Auftakt daheim gegen Brigthon and Hove Albion mit 1:2 verloren worden war, die Aufgabe für seinen Club in Old Trafford nicht leichter.

Er zeichnete im Vorfeld das Bild vom verwundeten Tier, das daher ganz besonders gefährlich wäre. „Natürlich würde ich lieber gegen sie spielen, nachdem sie 5:0 gewonnen haben, aber wir leben nicht im Träumeland“, sagte Klopp. „Wir haben zweimal unentschieden gespielt. Macht es das also besser, gegen uns zu spielen? Ich weiß es nicht.“

„Lasst uns gespannt sein“

Man müsse mit allen Situationen klarkommen, sagte der Deutsche, dessen Team in den ersten zwei Runden schon vier Punkte Rückstand auf das Spitzenduo Manchester City und Arsenal aufgerissen hat. Ein dritter Punkteverlust wäre ein zusätzlicher Stimmungsdrücker an der Anfield Road. Klopp: „Die ganze Welt wird zuschauen, lasst uns gespannt sein, wie diese zwei Schwergewichte damit umgehen.“

Während Liverpool früh in der Saison die mangelghafte Kadertiefe aufgezeigt bekommt, ist United mit einer Krise auf mehreren Ebenen konfrontiert. Der vorläufige Tiefpunkt war die Abfuhr bei Brentford. Experten und Ex-Spieler waren konsterniert. „United wurde zerfleischt, runtergeputzt und zum Gespött gemacht. Wir erleben gerade die Zerstörung von Manchester United“, kommentierte der frühere Kapitän und nunmehrige TV-Experte Gary Neville.

TV-Experte Gary Neville
Reuters/Molly Darlington
Clublegende Neville „was not amused“

Erstmals seit der allerersten Premier-League-Saison (1992/93) liegt der Rekordmeister nach zwei Runden mit null Punkten am Tabellenende. Dass Manchester United vor 30 Jahren in der Folge noch Meister wurde, ist vorerst nur ein schwacher Trost. Die Erinnerung an die letzte Begegnung mit Liverpool (0:5) dürfte den United-Anhängern da schon mehr Sorgen bereiten.

Besitzer nicht gut angesehen

Der Abstieg ins Mittelmaß ist längst keine Neuigkeit mehr. Für viele Beobachter sind die Schuldigen klar: die Besitzerfamilie aus den USA. Im Gegensatz zu den arabischen Investoren beim Stadtrivalen Manchester City und (bis zuletzt) Roman Abramowitsch bei Chelsea wollen die Glazers nicht ihr eigenes Geld in den Club stecken, sie wollen mit ihm verdienen. Als sie die Mehrheitsanteile 2005 kauften, taten sie das nicht mit eigenen Mitteln, sondern mit einem Kredit, der auf den Verein überschrieben wurde.

Seither schiebt Manchester United, von den kommerziellen Einnahmen her jahrelang der reichste Club der Welt, einen riesigen Schuldenberg vor sich her. Seriösen Quellen zufolge flossen über 1,2 Milliarden Euro an Zinszahlungen ab, die nicht in die Mannschaft investiert werden konnten. „Noch vor zwei Monaten haben sie wieder 28 Millionen aus dem Verein herausgezogen“, wetterte Neville über die Familie Glazer. „Dabei haben sie ein zweitklassiges, zerfallendes Stadion, das noch vor zehn, fünfzehn Jahren zu den besten der Welt gehörte.“

Keine klare Linie zu erkennen

Nun ist es nicht so, dass United nichts in Spieler investiert, die am Freitag fixierte Verpflichtung von Mittelfeldabräumer Casemiro von Real Madrid zeugt nicht zuletzt davon. Es fehlt aber die Kompetenz in der Führungsetage, seit CEO David Gill weg ist. Die Spielausrichtung wechselt regelmäßig mit dem Trainer. Aktuell darf der frühere Ajax-Coach Erik ten Hag sein Glück versuchen.

Im Mai letzten Jahres musste die Partie zwischen United und Liverpool verschoben werden, weil wütende Fans das Stadion gestürmt hatten. Auch nun haben diese wieder Proteste angekündigt. Entschärfen könnte die Situation ein Verkauf des Clubs. Mit dem Milliardär und Ineos-Besitzer Sir Jim Ratcliffe hat diese Woche ein potenter Investor aus Großbritannien sein Interesse angemeldet. Bisher ist allerdings nicht bekannt, dass die Glazers Mehrheitsanteile am Club veräußern wollen.

Englische Premier League, 38. Runde

Sonntag, 28. Mai:
Brentford Manchester City 1:0
Arsenal Wolverhampton 5:0
Manchester United Fulham 2:1
Chelsea Newcastle 1:1
Southampton Liverpool 4:4
Aston Villa Brighton and Hove 2:1
Leeds * Tottenham 1:4
Crystal Palace Nottingham 1:1
Leicester West Ham 2:1
Everton Bournemouth 1:0
* Wöber bis 60. Minute

Tabelle: