Der 23. August als Termin für die Wiederaufnahme des Spielbetriebs wurde nicht zufällig gewählt. Die Auftaktpartie zwischen Serienmeister Schachtar Donezk und Metalist 1925 im Olympiastadion in Kiew, die torlos endete, begann nicht nur genau einen Tag, bevor Russland vor sechs Monaten in die Ukraine einmarschiert ist, sondern auch einen Tag vor dem 31. Jahrestag der Unabhängigkeit von der Sowjetunion am 24. August.
„Das wird ein einzigartiger Wettbewerb“, sagte Andriy Pawelko, Leiter des Ukrainischen Fußballverbands, in einem Interview mit Reuters. „Es wird während eines Krieges, während einer militärischen Aggression, während Bombardierungen stattfinden.“ Auch Sportminister Wadym Hutzajt hatte die Symbolhaftigkeit bei der Beschlussfassung des Liganeustarts mit 16 Mannschaften bereits im Juli betont: „Es ist sehr wichtig, wieder mit dem Fußball zu beginnen, wie auch mit anderen Meisterschaften in der Ukraine.“
Ukraine startet wieder mit Meisterschaft
Nach monatelanger Unterbrechung aufgrund der russischen Invasion hat in der Ukraine die neue Meisterschaft begonnen. Beim 0:0 im Auftaktmatch zwischen Schachtar Donezk und Metalist Charkiw war das Ergebnis nur Nebensache.
Spielunterbrechung bei Fliegeralarm
Am Dienstag, einen Tag vor dem Unabhängigkeitstag der Ukraine, finden vier Partien statt. Wie der Sportminister erklärte, werden die Spiele aufgrund der Gefahr von Raketenangriffen ohne Zuschauerinnen und Zuschauer ausgetragen, bei sämtlichen Spielen sind auch Militärkräfte präsent. Alle Spielstätten müssen Luftschutzbunker vorweisen, ertönen die Sirenen, wird die Partie unterbrochen und Schutz gesucht. Dauert das länger als eine Stunde, wird in Absprache mit dem Schiedsrichter entschieden, ob das Spiel fortgesetzt werden kann.
„Wir werden weiterhin spielen und jubeln. Wir werden weiterhin kämpfen und siegen“, betonte Sportminister Hutzajt. Die bisher letzten Spiele der ukrainischen Meisterschaft waren im Dezember absolviert worden, ehe die Liga in ihre Winterpause ging und die Meisterschaft im Februar nach der russischen Invasion komplett abgebrochen wurde. Als Abschlusstabelle wurden nach wochenlanger Aussetzung der Begegnungen die Stände vom Tag des russischen Überfalls am 24. Februar gewertet.
Zwar wurde kein Meister gekürt, Spitzenreiter Schachtar Donezk darf allerdings aufgrund von Adaptierungen, die unter anderem durch den Ausschluss russischer Clubs zustandegekommen waren, direkt in der Gruppenphase der UEFA Champions League starten. Vier weitere Teams erhielten einen Europacup-Startplatz, darunter auch Dynamo Kiew, das sich in der CL-Qualifikation gegen Fenerbahce Istanbul und den SK Puntigamer Sturm Graz durchsetzte und erst im Play-off an Benfica Lissabon scheiterte.
Moral im Land soll gestärkt werden
In Städten wie Charkiw, in Kiew oder im südukrainischen Odessa war lange nicht an Fußball zu denken. Legionäre verließen das Land in Scharen und oft chaotisch in Privat-Pkws. Alle genutzten Stadien befinden sich in Kiew, im Umland um die Hauptstadt sowie zwei davon in der Westukraine. Zwei Vereine der obersten Spielklasse – Desna Tschernihiw und der FC Mariupol – mussten ersetzt werden, nachdem ihre Arenen zerstört wurden. Die Zukunft des FC Mariupol ist aktuell ohnehin unsicher, nachdem die Stadt nach wochenlangem Kampf nun von Russland okkupiert ist.
Laut Verbandschef Pawelko soll die Rückkehr aufs Feld auch die Moral stärken. „Viele Leute von der Front haben uns gebeten, darüber nachzudenken, den Fußball in unserem Land wieder aufleben zu lassen“, meinte der Funktionär. Er bat demnach die Vereinschefs im März und April, ihre Teams nicht aufzulösen, sondern sich auf die nächste Saison vorzubereiten.
Schachtar ist das Exil gewöhnt. Seit 2014 spielt der Spitzenclub nicht mehr im ostukrainischen Donezk, nachdem das Gebiet von Separatisten besetzt wurde. Die zahlreichen brasilianischen Profis wie der nunmehrige Salzburger Fernando verließen das Land. Nun setzt Schachtar auf ukrainische Spieler. „Lange Zeit gab es ein brasilianisches Schachtar, eine Topmannschaft. Aber nun müssen wir das vergessen und dieses neue Team so schnell wie möglich bereit machen“, sagte der neue Coach, der Kroate Igor Jovicevic.