Chelsea-Trainer Thomas Tuchel
AP/Darko Bandic
Fußball

Pleiten kosten Tuchel und Tedesco Trainerjob

Der erste Spieltag in der Gruppenphase der UEFA Champions League am Dienstagabend hat gleich zwei Trainer ihren Job gekostet. Salzburgs Gruppengegner Chelsea trennte sich nach der 0:1-Niederlage bei Dinamo Zagreb von Thomas Tuchel, RB Leipzig beendete nach der 1:4-Heimpleite gegen Schachtar Donezk die Zusammenarbeit mit Domenico Tedesco.

Wer dem Deutschen bei den „Blues“ nachfolgt, ist noch unklar – im Gespräch ist Ex-Tottenham- und Paris-Saint-Germain-Coach Mauricio Pochettino, als Nachfolgekandidat gilt auch Brighton-Trainer Graham Potter. Die Londoner empfangen kommenden Mittwoch in der zweiten Runde der Königsklasse Österreichs Meister Red Bull Salzburg.

Ein frustrierter Tuchel hatte sich nach dem Spiel in der kroatischen Hauptstadt selbst in die Pflicht genommen. „Wir sind klar nicht da, wo wir sein müssen und können. Also liegt es an mir, liegt es an uns, wir müssen Lösungen finden“, so der 49-Jährige. Den ersten Teil seiner Aussage sahen die Clubverantwortlichen bei Chelsea auch so, den zweiten Teil nicht: Sie entbanden Tuchel von aller Verantwortung.

In einer Mitteilung des Vereins, der vor 100 Tagen von einem Konsortium um den US-Geschäftsmann Todd Boehly übernommen worden war, hieß es, es sei nun „der richtige Zeitpunkt für einen Übergang“. Man wolle sich bei Tuchel, dessen Vertrag noch zwei Jahre Laufzeit hatte, aber für dessen Bemühungen und Erfolge bedanken. „Thomas wird zu Recht einen Platz in der Geschichte von Chelsea einnehmen, nachdem er in seiner Zeit hier die Champions League, den Supercup und die Club-WM gewonnen hat.“

Trennung statt Vertragsverlängerung

Berichten zufolge soll der 49-Jährige am Mittwoch in einer knappen Telefonkonferenz davon erfahren haben, seine Bitte um eine zweite Chance sei unerfüllt geblieben. Die plötzliche Trennung überrascht, noch vor wenigen Wochen hatten britische Medien über eine vorzeitige Vertragsverlängerung mit Tuchel spekuliert. Viel Lob erntete er dafür, dass er dem Verein in der schwierigen Phase die Treue hielt.

Als der Ex-Inhaber, der russische Milliardär Roman Abramowitsch, wegen seiner angeblichen Nähe zu Russlands Präsident Wladimir Putin mit Sanktionen belegt wurde und Chelsea keine Spieler verpflichten durfte, schloss Tuchel einen vorzeitigen Abschied aus.

Ronaldo soll Streitpunkt gewesen sein

Angeblich ist der überraschende Rauswurf aber keine Reaktion auf die Niederlage in Zagreb. So berichtete der „Telegraph“, hinter den Kulissen habe es seit einiger Zeit Spannungen gegeben. Das Verhältnis zwischen den Inhabern und Tuchel sei abgekühlt, was angeblich auch daran lag, dass Tuchel eine Verpflichtung von Cristiano Ronaldo ablehnte. Boehly hatte sich angeblich bereits mit dem Manchester-United-Profi getroffen.

Zuletzt sei auch Tuchels Beziehung zu einigen Spielern angespannt gewesen, hieß es. Schließlich übernahm Boehlys Konsortium den Verein. „Es hat nicht lange gedauert, bis der neue Inhaber der Politik seines Vorgängers folgt und seinen Trainer in der ersten Formkrise entlässt“, kommentierte Fußballikone Gary Lineker.

Tedesco wird Fehlstart zum Verhängnis

RB Leipzig zog mit der Trennung von Tedesco kurz davor die Konsequenzen aus dem schwachen Saisonstart. Ein Nachfolger steht noch nicht fest, als Favorit gilt aber Marco Rose. Der 45-Jährige wohnt in einem Leipziger Vorort, ist derzeit vertragslos, trainierte bereits Salzburg und ist mit dem Red-Bull-Kosmos bestens vertraut.

Leipzig-Trainer Domenico Tedesco
Reuters/Annegret Hilse
Domenico Tedesco war nicht einmal ein Jahr als Leipzig-Trainer im Amt

„Wir haben eine Gesamtverantwortung für RB Leipzig und wollen unsere Ziele erreichen. Daher sind wir in der Gesamtabwägung zu dem Schluss gekommen, dass wir einen neuen Impuls benötigen“, sagte Geschäftsführer Oliver Mintzlaff in einer Vereinsmitteilung. Die Entscheidung sei ihm sehr schwer gefallen.

Tedesco muss nur 109 Tage nach dem Titelgewinn im DFB-Pokal seine Koffer packen. Dem 36-Jährigen, der erst im Dezember 2021 als Nachfolger von Jesse Marsch verpflichtet worden war, wurden der Abwärtstrend in der deutschen Bundesliga mit nur fünf Punkten aus den ersten fünf Spielen sowie die CL-Blamage gegen Schachtar Donezk zum Verhängnis.

Bonus aus DFB-Pokal rasch verpufft

Für Tedesco wiederholen sich damit praktisch die Ereignisse. Schon bei Schalke 04 – seinem vor Leipzig letzten Engagement in Deutschland – war er im März 2018 nach einer Niederlage in der europäischen Königsklasse freigestellt worden.

Tedesco hatte sich durch den DFB-Pokal-Erfolg sowie eine herausragende Bundesliga-Rückrunde einen Bonus erarbeitet, doch der hielt in der schnelllebigen Fußballwelt offensichtlich nicht allzu lang an. Schon als Leipzig nach zwei Spielen nur zwei Unentschieden auf dem Konto hatte, sprach Mintzlaff von einem „beschissenen Start“ und stieß die Diskussion um Tedesco so erst an.

Rose Favorit auf Nachfolge

Ein Nachfolger soll zeitnah präsentiert werden, dieser könnte Rose heißen. Sollte der 45-Jährige noch diese Woche beschäftigt werden, würde er am Samstag in der Bundesliga auf Borussia Dortmund (Roses Ex-Club I), danach in der Champions League auf Real Madrid und schließlich auf Borussia Mönchengladbach (Roses Ex-Club II) treffen.

Dortmund-Trainer Marco Rose
Reuters/Heiko Becker
Ex-Salzburg-Coach Marco Rose gilt als Favorit für die Nachfolge Tedescos

Der für Leipziger Verhältnisse ungewöhnlich hohe Verschleiß von zwei Trainern in nicht einmal einem Jahr zeigt, dass die Fehlersuche im Club tiefer gehen muss. Wenn man so will, ist Tedescos Freistellung der vorläufige Tiefpunkt einer Entwicklung, die mit dem Abgang von Ralf Rangnick im Sommer 2019 begann. Für eine gewisse Zeit und dank des hochbegabten Trainers Julian Nagelsmann konnte die Clubführung den entstandenen Schaden kaschieren. Mit dem Pokalsieg wähnte man sich als kommender Titelsammler und Bayern-Jäger.

Doch schon die ewige Suche nach einem neuen Sportdirektor offenbarte einen enormen Substanzverlust auf diversen Ebenen. Mehr als ein Jahr sucht Mintzlaff nun schon einen Nachfolger für Markus Krösche. Immerhin steht der Clubboss nun kurz vor der Verpflichtung von Max Eberl als Sportchef. Was angenehm sein könnte, kennt der doch Rose bereits aus Gladbacher Zeiten.