Der Sieger des Finales am Sonntag (22.00 Uhr MESZ) holt sich nicht nur seinen ersten Grand-Slam-Titel, sondern löst auch den entthronten Titelverteidiger Daniil Medwedew aus Russland als Führenden der Weltrangliste ab.
Alcaraz ist der jüngste US-Open-Finalist seit 1990, als der US-Amerikaner Pete Sampras im Alter von 19 Jahren und 28 Tagen die Trophäe holte. Dem Spanier war der 5:15-Stunden-Marathon zwei Tage zuvor im Viertelfinale gegen den Südtiroler Jannik Sinner nicht anzumerken – im Gegenteil: Nach dem knapp verlorenen ersten Satz drehte Alcaraz erst richtig auf und zog verdient in sein erstes Grand-Slam-Finale ein.
„Wir sind im Halbfinale eines Grand Slams, da müssen wir alles geben, egal ob über vier oder fünf Stunden“, erklärte Alcaraz seine enormen Kraftreserven. Tiafoe kämpfte mit den Tränen. „Ich fühle mich, als hätte ich alle enttäuscht“, sagte der 24-Jährige ins Stadionmikrofon: „Ich komme wieder und werde das Ding gewinnen. Es tut mir leid, Leute!“
Tiafoe, der im Arthur Ashe Stadium auch von der früheren First Lady Michelle Obama angefeuert wurde, erlebte zwischendurch einen unerklärlichen Leistungseinbruch. Die US-Amerikaner müssen weiter auf den ersten Grand-Slam-Titel bei den Männern seit 2003 (Andy Roddick) warten. Tiafoe durfte sich zumindest mit einem US-Open-Rekord trösten: Als erster Profi der Geschichte beendete er das Turnier mit der makellosen Tie-Break-Bilanz von 8:0.
Alcaraz lässt Zweifler verstummen
Für Alcaraz geht die Reise hingegen weiter: Vor einem Jahr hatte er mit dem Viertelfinal-Einzug beeindruckt, ehe er wegen einer Beinverletzung hatte aufgeben müssen. Das sei von den vielen und ungewohnten langen Matches gekommen. Die Zweifler an seiner Fitness sind nach drei Fünfsatzsiegen in Folge nun verstummt. „Ich habe mehr Fünfsatzmatches gespielt und bin mental und körperlich besser vorbereitet“, sagte Alcaraz. Er hat zwölf Monate hart im Fitnessstudio und auf dem Court gearbeitet. „Aber ich würde sagen, es ist alles mental (begründet).“
Denn Alcaraz spielte am Freitag nicht nur gegen Tiafoe, sondern auch gegen den Großteil des Publikums. Als der US-Amerikaner und Wien-Finalist des Vorjahres im vierten Satz einen Matchball abgewehrt hatte und nach gewonnenem Tiebreak in Satz fünf einzog, war die Stimmung im Arthur Ashe Stadium am Brodeln. „Für mich war es im fünften Satz ein neues Match, und ich habe daran geglaubt, Frances im fünften zu besiegen“, blieb Alcaraz aber cool.
Ruud als erster Norweger im Finale
Zuvor hatte Ruud nach genau drei Stunden Spielzeit seinen ersten Matchball im Arthur Ashe Stadium verwertet und war als erster Norweger überhaupt in das Finale der US Open eingezogen. „Es war ein weiteres großartiges Spiel. Es war vielleicht das größte Spiel unserer Karrieren, ich war natürlich nervös. Ich bin überglücklich. Ich habe mir beim Finale in Paris schon gedacht, das könnte mein einziges in einem Grand Slam bleiben. Ich habe versucht, ruhig zu bleiben, aber in mir drinnen sieht es anders aus“, sagte der Norweger.
„Anfangs waren wir beide etwas nervös, ich habe zum Glück den ersten Satz gewonnen.“ Und wie: Beim Satzball bewies der Sohn des früheren Australian-Open-Achtelfinalisten Christian Ruud in dem 55 Schläge zählenden Ballwechsel Nervenstärke und Klasse. „Im zweiten und vierten“, sagte er, „habe ich phänomenal gespielt“. Im Endspiel ist Ruud dennoch der Außenseiter. Alcaraz führt im Head-to-Head mit 2:0, darunter ein Finaltriumph in Miami im vergangenen April.
Ruud steht zum insgesamt 14. Mal in einem Endspiel, zum zweiten Mal allerdings erst in einem Grand-Slam-Finale. Seine Premiere feierte der bis dato neunfache Turniersieger auf der ATP-Tour erst heuer Anfang Juni in Paris. Bei den French Open musste sich der 23-Jährige allerdings „Sandplatzkönig“ und Paris-Rekordsieger Rafael Nadal aus Spanien mit 3:6 3:6 0:6 klar geschlagen geben.
US Open in New York
(USA, 27.915.200 Dollar, Hardcourt)