„Ich bin ein bisschen hin- und hergerissen, man muss hier zufrieden sein, aber ich bin auch ein bisschen enttäuscht“, sagte Goalie Jörg Siebenhandl. Er und seine Kollegen hatten sich von den rund 1.500 mitgereisten Sturm-Fans zunächst nur widerwillig feiern lassen. Im Vorfeld illusorisch, nun aber wahr: Die kleine Enttäuschung, dass in den Duellen mit Lazio eine größere Ausbeute als die nunmehrigen zwei Punkte möglich war, klatschte bei der Verabschiedung mit.
Weil auch Feyenoord und Midtjylland neuerlich remisierten (2:2), halten alle vier Teams nach vier von sechs Spielen bei fünf Punkten. „Dass die Gruppe so offen ist, hätte ich nicht erwartet. Wir haben alle Trümpfe in der eigenen Hand“, befand Siebenhandl, dessen Truppe zum Abschluss in Dänemark gastiert. Die ersten beiden Teams steigen auf, der Dritte steigt in die K.-o.-Phase der Conference League um.
Sturm bleibt im Europa-League-Rennen
Nach dem 2:2 bei Lazio Rom warten auf Sturm Graz zwei Endspiele im Kampf um den Einzug in die K.-o.-Phase der Europa League. Da alle vier Teams in der Gruppe bei fünf Punkten halten, hat Sturm weiter gute Karten.
„Haben zwei Finalspiele“
„In der Gruppe ist alles offen, wir haben zwei Finalspiele für uns und brennen schon auf das Spiel gegen Feyenoord“, sagte Trainer Christian Ilzer, dessen Truppe im September in Rotterdam eine 0:6-Abfuhr kassiert hatte. Ilzer würdigte die reife Leistung seiner Mannschaft gegen Lazio. Insbesondere die zweite Hälfte, als Sturm nach einer Gelb-Roten Karte für Manuel Lazzari in Überzahl agierte, wertete er als „beeindruckend“. „Ärgerlich ist aber, dass wir dann das Gegentor hinnehmen müssen, in einer Phase, wo wir richtig am Drücker waren.“
Einen zu wilden Auftritt seines Teams wollte sich Ilzer nicht nachsagen lassen. Man habe in einem guten Überzahlspiel bewusst erhöhtes Risiko genommen, ließ der Trainer durchblicken. Der Treffer von Pedro, bei dem letztlich auch Siebenhandl nicht gut aussah, sei Passivität geschuldet. „Lazio hat auch die individuelle Klasse, mit einem Mann weniger für Gefahr zu sorgen.“
Sturm Graz gegen Lazio endet mit 2:2
Sturm Graz hat in der UEFA Europa League im Auswärtsmatch bei Lazio Rom in einem flotten Spiel ein 2:2 geholt. Damit halten alle Teams der Gruppe F nach vier Spieltagen bei fünf Punkten.
Immobile schrammt an Ausschluss vorbei
Mit etwas Schiedsrichterglück hätte es Sturm in der zweiten Hälfte nur noch mit neun „Laziali“ zu tun gehabt. Der aufreizend auftretende Stürmerstar Ciro Immobile sorgte mit einem Elfer für das 1:0, tänzelte ansonsten mit einem Schubser gegen Jon Gorenc-Stankovic und einem Foul gegen Gregory Wüthrich aber sehr knapp am Platzverweis. Siebenhandl meinte dazu nach dem Match: „Grundsätzlich ist mir egal, gegen wen ich spiele. Aber er war außer unsympathisch nur unsympathisch. Ich bin froh, dass ich ihn nicht mehr sehen muss.“
Ilzer ließ Immobile in seiner Analyse nobel außen vor. Das Spiel habe zuweilen „auf einer anderen Ebene als der rein sportlichen stattgefunden“, meinte der Trainer. Und: „Die großen Spielentscheidungen waren für mich korrekt – bis auf den Ausschluss von Lazzari, der eine Fehlentscheidung war.“
Lazio-Trainer Maurizio Sarri hängte dem deutschen Schiedsrichtergespann um Sascha Stegemann indes den Schwarzen Peter um: „Mir hat das Spiel gefallen, leider konnten wir es aufgrund einiger Schiedsrichterentscheidungen, die beide Mannschaften nervös machten, nicht gewinnen.“
„Prinz William“ schnürt Doppelpack
Dafür verantwortlich war William Böving, der als anfänglicher Bankdrücker seinen ersten Europacup-Doppelpack schnürte. „Es zeigt, welche Qualität und welchen Kampfgeist wir als Team haben. Wir haben einen großartigen Charakter gezeigt“, sagte Sturms Offensivmann und meinte damit mutmaßlich auch sich selbst. „Für mich ist seine Reaktion beeindruckend. Er war unglaublich fokussiert und war für mich absolut ‚Man of the Match’“, lobte Ilzer in dem Wissen, dass er den 19-jährigen Neuzugang schon zuletzt in der Bundesliga gegen WSG Tirol auf der Bank schmoren gelassen hatte.
Auch in den italienischen Medien gab es Lob für Böving. „Er ist dynamisch, konkret und entscheidend. Seine Schüsse sind tödlich, sein Doppelpack ist Gold wert“, schrieb etwa „Tuttosport“. Und die „Gazzetta dello Sport“ attestierte Böving "die Kaltblütigkeit und das Talent eines Starstürmers“.
Böving, in seiner Heimat Dänemark scherzhaft „Prinz William“ genannt, will den Druck nach dem Abgang seines Landsmannes Rasmus Höjlund nie gespürt haben. „Ich hatte immer in Kopenhagen mit großem Druck zu tun, das ist nichts, worauf ich mich fokussiere.“ Der nunmehr für Atalanta Bergamo stürmende Höjlund schickte dem früheren Weggefährten Gratulationen aufs Handy und sagte sich laut Böving für ein Stelldichein beim Sturm-Heimspiel gegen den WAC am Sonntag an.