Conor Gallagher (Chelsea) und Lucas Gourna-Douath (RBS)
GEPA/Mathias Mandl
Champions League

Chelsea ringt Salzburg nieder

Am fünften Spieltag der UEFA Champions League ist es passiert: Der FC Salzburg musste sich in der diesjährigen Gruppenphase erstmals geschlagen geben. Beim 1:2 (0:1) gegen den Chelsea Football Club verkaufte sich die junge und ersatzgeschwächte Mannschaft teuer, doch am Ende setzte sich die Klasse der „Blues“ verdient durch. Während Chelsea als Gruppensieger fix im Achtelfinale steht, wartet auf Salzburg in Mailand ein echtes Endspiel.

Chelsea hatte in der ersten Hälfte deutlich mehr vom Spiel und ging durch Mateo Kovacic (23.) in Führung, einen höheren Rückstand verhinderte Tormann Philipp Köhn. Nach der Pause legten die Gastgeber fulminant los, Junior Adamu (48.) versetzte 29.520 Zuschauer in Salzburg mit dem 1:1 in Ekstase. Die erste Heimniederlage nach bewerbsübergreifend 40 Spielen (0:2 gegen Villarreal anno 2021) besiegelte dann aber Kai Havertz mit einem Weltklasseschuss (64.).

Der AC Milan hat das zweite Spiel der Gruppe E am Abend bei Dinamo Zagreb klar mit 4:0 gewonnen und überholte die „Bullen“ in der Tabelle. Die Italiener haben nun einen Zähler Vorsprung und sind in einer Woche der Gastgeber der Salzburger im legendären San Siro. Von Aufstieg ins Achtelfinale bis Ausscheiden aus dem Europacup ist noch alles möglich, für Ersteres braucht Salzburg nun einen Sieg, ein Punkt würde auch schon für den Umstieg in die Europa League reichen.

„Minute der Dankbarkeit“ für Mateschitz

Das Heimspiel gegen die „Blues“ aus London stand auch im Zeichen von Dietrich Mateschitz. Nach dem Bekanntwerden seines Ablebens wurde dem Red-Bull-Gründer aber nicht mit einer Schweigeminute gedacht, sondern mit einer „Minute der Dankbarkeit“. Die Salzburger erhoben sich und applaudierten dem Mäzen, ohne den Spiele wie diese hier maximal eine Ausnahme wären. Nun sind sie die Regel.

Maximilian Woeber (RBS) vor einem Banner mit der Aufschrift „Danke Didi“
GEPA/David Geieregger
Kleines Plakat, großer Applaus: Zuschauer, Funktionäre und Spieler würdigten die Verdienste von Mateschitz

Salzburg-Trainer Matthias Jaissle musste für das letzte Heimspiel einige namhafte Ausfälle hinnehmen. So stand Stammverteidiger Oumar Solet wegen Oberschenkelproblemen nicht einmal im Kader, bei Kapitän Andreas Ulmer (Adduktoren) reichte es immerhin für die Bank. Dass Nicolas Capaldo und der langzeitverletzte Neuzugang Fernando nicht mitwirken würden, stand vor dem Matchtag fest. Rechtzeitig fit wurde Luka Sucic, der in der Mittelfeldraute die vordere Position einnahm, neben Noah Okafor stürmte Junior Adamu statt Benjamin Sesko.

Die „Blues“ kamen unter Neotrainer Graham Potter, der beim 1:1 gegen Salzburg an der Stamford Bridge sein Debüt gegeben hatte, ungeschlagen nach Salzburg. An Stars mangelte es im Aufgebot wieder nicht: So gaben sich der gebürtige Linzer Mateo Kovacic, Wirbelwind Raheem Sterling oder der finale CL-Matchwinner von 2021, Kai Havertz, ein Stelldichein in der einmal mehr brodelnden Arena in Salzburg.

Spiel startet mit Schrecksekunde

Die Partie startete mit einer Schrecksekunde aus Salzburger Sicht: Bernardo, der nach Magen-Darm-Erkrankung ebenfalls noch rechtzeitig fit geworden war, brachte Köhn mit einer Kopfballrückgabe in die Bredouille, der Goalie rettete gegen Havertz und steckte nicht zum letzten Mal an diesem Abend ein.

In der ersten Hälfte hatte Chelsea rund 70 Prozent Ballbesitz, doch in den ersten 20 Minuten konnten die jungen „Bullen“ die Stars aus England in Schach halten. Nach zehn Minuten griff auch das Pressing etwas besser, wodurch Salzburg das Spiel teils in die gegnerische Hälfte verlagern konnte. Aber vorerst sollte nicht mehr als ein Schuss von Luka Sucic herausspringen, der ging vom Sechzehner drüber (15.).

„Linzer“ Kovacic trifft in Salzburg

Sucic und Kovacic haben nicht nur die kroatische Staatsbürgerschaft gemein, sie wurden auch beide in Linz geboren. Im Gegensatz zum Salzburger traf aber der Chelsea-Kicker an diesem Abend ins Tor.

Mateo Kovacic (Chelsea)
APA/AFP/Joe Klamar
Ein „Linzer“ trifft in Salzburg: Der gebürtige Oberösterreicher Mateo Kovacic brachte Chelsea in Führung

Nach einer Hereingabe von Conor Gallagaher von der rechten Seite hielt Christian Pulisic den Ball im Sechzehner, Maximilian Wöber versuchte ihn zu klären, doch der Ball landete vor den Füßen von Kovacic. Dem früheren Real-Madrid-Spieler rutschte das Leder etwas über den linken Rist, trotzdem landete es im linken Kreuzeck (23.).

Köhn rettet mehrmals

Die Führung war verdient und hätte vor der Pause noch höher ausfallen können. Doch Köhn zeichnete sich noch mehrmals an diesem Abend aus. Nach einer Ecke rettete der Schweizer zunächst bravourös gegen Havertz (26.), sechs Minuten später nach einem schönen Angriff noch bravouröser alleine gegen Pierre-Emerick Aubameyang (32.).

Philipp Koehn (RBS)
IMAGO/Jurgen Feichter
Köhn verhinderte mehrmals eine höhere Führung der Gäste

Salzburg war gegen den technisch versierten und ballsicheren Gegner wie erwartet defensiv vollauf beschäftigt, und wenn es die Gastgeber dann doch einmal nach vorne schafften, kamen höchstens unplatzierte Distanzschüsse heraus. So scheiterten Noah Okafor (34.) und Maurits Kjaergaard (40.), obwohl sie eigentlich Raum und Zeit vorfanden. Im Finish der ersten Hälfte rückte dann wieder Köhn in den Mittelpunkt, rettete aber gegen Havertz (36.) und zweimal Aubameyang (44./45.).

Adamu trifft zum Ausgleich

Salzburg stand schon Minuten vor Wiederanpfiff auf dem Feld und scharrte in den Startlöchern. Das resultierte schließlich in einer fulminanten Anfangsphase: Nach zwei Minuten reklamierten alle, die es im Stadion mit Salzburg hielten, Elfmeter. Doch der Schweizer Schiedsrichter Sandro Schärer sah kein Handspiel von Kovacic (47.).

Junior Adamu (RBS)
AP/Florian Schroetter
Adamu übernahm direkt und traf zum zwischenzeitlichen Ausgleich

Eine Minute später war das schon wieder vergessen, und die Arena in Wals-Siezenheim mutierte zum Tollhaus. Salzburg spielte plötzlich schnörkellos nach vorne, und das sollte sich gleich bezahlt machen. Die Hausherren schalteten aus der eigenen Hälfte heraus schnell um, Wöber übernahm ein Zuspiel auf die linke Seite und brachte das Leder direkt vor das Tor, wo Adamu auch mit dem ersten Kontakt ins Eck traf.

Weltklassetor von Havertz entscheidet

In der ersten Viertelstunde der zweiten Hälfte ging es hin und her, es entwickelte sich eine mitreißende Partie, und Salzburg warf wie versprochen alles in jeden Zweikampf. Zunächst hielten die „Bullen“ aber die Partie weiter offen, auch weil Adamu hinten mithalf und einen Kopfball von Jorginho noch vor der Linie klärte (53.).

Kai Havertz (Chelsea)
IMAGO/Shutterstock/Dave Shopland
Havertz nahm Maß und Ziel: Sein Schuss senkte sich via Unterkante der Latte ins Tor

Chelsea hatte nun wieder Oberwasser, aber es brauchte am Ende eine Weltklasseaktion, um Salzburg in die Knie zu zwingen. Havertz bekam den Ball am Sechzehner präsentiert, drehte sich kurz und nagelte ihn in aller Perfektion mit links ins Kreuzeck – Köhn war diesmal ohne Chance. Nun lässt sich trefflich darüber streiten, ob Salzburg ihm zu viel Platz gelassen hatte, oder man lässt es doch als Traumtor stehen (64.).

Salzburg ärgert Chelsea bis zum Schluss

Jaissle brachte Sesko ins Spiel, und der hatte auch eine Chance auf das 2:2. Zunächst vergab Okafor aus der Distanz, in derselben Minute scheiterte der Slowene mit seinem scharfen Flachschuss an Goalie Kepa (67.). Zwei Minuten später hatte Pavlovic den Tormann nach einer Ecke mit dem Kopf bezwungen, doch Abwehrchef Thiago Silva stand dem Salzburger Jubel im Weg (69.).

In den letzten 20 Minuten schwanden die Salzburger Kräfte, eine wirkliche Ausgleichschance ergab sich nicht mehr. Amar Dedic prüfte im Finish noch einmal Kepa (88.), doch Chelsea brachte den Sieg über die Zeit. Salzburg hatte wie angekündigt den hochkarätigen Gegner geärgert, am Ende setzte sich die höhere individuelle Klasse durch.

Stimmen zum Spiel:

Matthias Jaissle (Salzburg-Trainer): „Es ist schade, dass wir zum ersten Mal geschlagen wurden, aber wir müssen neidlos anerkennen, dass wir gegen einen sehr starken Gegner gespielt haben. Sie haben uns mit ihrer enormen Qualität vor große Probleme gestellt. Trotzdem bin ich stolz auf mein Team, weil wir speziell in der zweiten Hälfte mithalten konnten. Man konnte sehen, dass wir auch ihnen zusetzen können.“

Graham Potter (Chelsea-Trainer): „Ich bin sehr glücklich und zufrieden mit dem Sieg in einem sehr schwierigen Spiel. Salzburg hat es uns nicht einfach gemacht. Das war eine fantastische Leistung meiner Spieler. Wir haben wirklich Mut bewiesen. Wir hätten noch ein paar mehr Tore in der ersten Hälfte erzielen können. Wie meine Mannschaft nach dem 1:1 zurück gekommen ist, war schon sehr gut.“

UEFA Champions League, Gruppe E, fünfter Spieltag

Dienstag:

Salzburg – Chelsea 1:2 (0:1)

Stadion Salzburg, 29.520 Zuschauer (ausverkauft), SR Schärer (SUI)

Torfolge:
0:1 Kovacic (23.)
1:1 Adamu (48.)
1:2 Havertz (64.)

Salzburg: Köhn – Dedic, Bernardo, Pavlovic, Wöber (78./Ulmer) – Gourna-Douath – Seiwald, Sucic (61./Sesko), Kjaergaard – Adamu (82./Kameri), Okafor (78./Simic)

Chelsea: Arrizabalaga – Chalobah, Silva, Cucurella – Pulisic (75./Azpilicueta), Jorginho, Kovacic (68./Loftus-Cheek), Sterling (88./Ziyech) – Gallagher (88./Mount) – Havertz, Aubameyang (75./Broja)

Gelbe Karten: Sucic bzw. Gallagher, Arrizabalaga