Am 28. September 1994 war Konrad im ersten Auswärtsspiel im Rahmen einer Gruppenphase der Champions League aus Salzburger Sicht in Mailand der Hauptprotagonist. Eine gefüllte Wasserflasche aus dem Zuschauerraum hatte den Schlussmann des damaligen SV Salzburg unmittelbar nach dem 1:0 für die Gastgeber in der 40. Minute auf dem Kopf getroffen.
Konrad rettete sich trotz des Vorfalls in die Pause und versuchte weiterzuspielen. „Ein 0:1 war in unserer damaligen Phase aufholbar“, erinnerte sich der 58-Jährige, der einen Tag vor dem diesjährigen „Finale“ für die „Bullen“ Geburtstag feiert, in einem APA-Interview. In der 60. Minute war dann aber Schluss, die Beeinträchtigungen waren zu groß – es ging ins Krankenhaus. Herbert Ilsanker übernahm und Milan fuhr letztlich einen 3:0-Erfolg ein.
Kompromiss als Strafe
Der Flaschenwurf hatte auch für Milan ein Nachspiel – und hätte für den damaligen Titelverteidiger der Königsklasse beinahe das Aus in der Gruppenphase bedeutet. Fast, weil die Bestrafung für die Italiener letztlich aus einem Kompromiss bestand. Die Punkte des 3:0-Sieges wurden den Mailändern zwar aberkannt, nicht aber die Tore. Eine Strafverifizierung gab es nicht. In der Endabrechnung rettete sich das Starensemble nur aufgrund der besseren Tordifferenz gegenüber Salzburg ins Viertelfinale.
„So ein Urteil wäre heute nicht mehr möglich“, meinte Konrad. „Da sieht man, dass der Einfluss von Milan damals sehr, sehr groß war. Ein Aus wäre für sie desaströs gewesen.“ Von Milan-Chef Silvio Berlusconi, damals italienischer Ministerpräsident, abwärts sei ihm Schauspielerei vorgeworfen worden. „Was man mir alles in die Schuhe schieben wollte, war schon hart.“ Groll würde er deswegen aber keinen hegen. „Historiker würden sagen: Das war im vergangenen Jahrtausend.“
Konrad traut Salzburg Coup zu
In diesem Jahrtausend benötigen die Salzburger erneut in Mailand Zählbares, um im Europacup zu überwintern. Mit einem Sieg ginge es so wie in der Vorsaison in die K.-o.-Runde der Champions League, holen die „Bullen“ wenigstens einen Punkt, geht es als Trost in der Europa League weiter. Konrad gibt den Salzburgern jedenfalls gute Chancen. „Ganz ausschließen würde ich es nicht, dass Salzburg auch in Mailand gewinnen kann – obwohl die Aufgabe eine ganz gewaltige ist“, so der 58-Jährige.
Salzburg sei immer noch ein bisschen eine Wundertüte, so der ehemalige Teamtorhüter. „Aber sie haben mehr als eine Feuertaufe bestanden in Hexenkesseln. In die Knie gehen sehe ich sie auswärts nicht, auch wenn es eine junge Mannschaft ist.“ An ein Salzburger „Offensivfeuerwerk“ ab der ersten Minute glaubt Konrad nicht. „Sie werden kontrollierter vorgehen.“ Diesbezüglich sei eine Weiterentwicklung erkennbar. „Früher haben sie super gespielt, aber drei Tore bekommen und verloren. Jetzt haben sie Spielertypen, die auch einmal ein 0:0 halten können.“
„Eigenbau“-Tormann als Trumpf
Dazu kommt mit Philipp Köhn ein Torhüter, der nicht nur in der Vorwoche beim 1:2 gegen Chelsea überzeugte. „Der nächste Schritt wäre, ihnen auch ein oder zwei zusätzliche Punkte sichern zu können“, meinte Konrad. „Das ist der Anspruch an einen Tormann auf dem Niveau. Mit 24 Jahren darf man das auch verlangen.“ Dass Milans französischer Starschlussmann Mike Maignan wegen einer Wadenverletzung fehlt und bis zur WM vom 36-jährigen Rumänen Ciprian Tatarusanu ersetzt wird, wollte der gebürtige Steirer nicht überbewerten.
Es habe lange gedauert, bis Red Bull mit dem Schweizer Köhn „einen Tormann selbst herausgebracht und nicht gekauft hat“, erinnerte Konrad. Vorgänger wie Peter Gulacsi und Alexander Walke seien teilweise bereits fertige Spieler gewesen. Alexander Schlager verließ das Schiff noch vor seinem Durchbruch. „Der Fokus scheint mehr auf den Feldspielern zu liegen. Köhn könnte der Erste sein, den man auch entsprechend verkaufen kann.“ Tormann sei aber eine heikle Position, auf der man nicht viel experimentieren könne.
Konrad lobte generell die Aufbauarbeit im Verein, der sich über Transfererlöse mittlerweile selbst erhält. „Das Fundament ist wirklich hervorragend. Sie haben ein unglaubliches Händchen, da muss man den Hut ziehen. Mit so einem Aufwand muss es aber auch funktionieren.“ Man dürfe nicht auf die Millionensummen vergessen, die Red Bull in Salzburg schon in den Fußball investiert habe. „Das ist die Basis dafür, dass der Verein jetzt so wirtschaften kann.“
Mitfiebern war früher leichter
Die Identifikation der Fans bleibe in dem Geschäftsmodell allerdings ein wenig auf der Strecke – nicht zuletzt aufgrund der Fluktuation auf dem Personalsektor. „Red Bull geht es in erster Linie darum, Spieler zu entwickeln. Die vielen Zuschauer sind ein positives Abfallprodukt davon“, sagte Konrad bewusst provokant. „Andere Vereine leben für die Zuschauer.“
Er sei kein Red-Bull-Gegner, betonte der frühere langjährige Schlussmann der ursprünglichen Salzburger Austria. Seine Emotionen halten sich allerdings in Grenzen. „Wenn Salzburg gewinnt, ist das für den österreichischen Fußball und den Salzburger Fußball super, aber ich breche nicht in Tränen aus. Als richtiger Fan kann man mehr mitleiden.“ So war das etwa Mitte der 1990er Jahre mit den Salzburger Violetten der Fall.
Konrad war danach selbst auch als Tormanntrainer tätig – zuletzt 2013 beim ÖFB-Team unter Marcel Koller. Beruflich ist er aber längst im Projekt- und Prozessmanagement heimisch geworden. „Das ist meine Welt“, betonte der einstige Salzburger Landtagsabgeordnete des Team Stronach. Für weitere Engagements im Profifußball sei er möglicherweise zu sehr Familienmensch. Öffentlich trat der gebürtige Steirer zuletzt im Vorjahr in der ORF-Sendung „Dancing Stars“ in Erscheinung.