Umbauarbeiten in der Allianz Arena
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Football

Deutschland fiebert NFL-Premiere entgegen

USA, Kanada, Mexiko, Großbritannien – und nun Deutschland. Österreichs Nachbar ist am Sonntag (15.30 Uhr) das fünfte Land, in dem ein Spiel der Regular Season in der National Football League (NFL) stattfinden wird. München, wo sich die Tampa Bay Buccaneers mit Altstar Tom Brady und die Seattle Seahawks duellieren werden, ist bisher wohl der „exotischste“ Schauplatz für ein NFL-Pflichtspiel, kommt aber nicht überraschend.

Der europäische Markt boomt und nicht zuletzt der deutsche. „Drei Millionen Tickets hätten verkauft werden können, wenn das Stadion ausreichend Kapazität hätte“, sagte NFL-Deutschland-Chef Alexander Steinforth vergangene Woche. Das Spiel steigt immerhin in der Allianz Arena, die für diese Partie 67.000 Menschen Platz bietet. Das Spiel war in weniger als einer Stunde ausverkauft, allein am ersten Verkauftstag stellten sich über 700.000 Fans in einer digitalen Warteschlange an.

Seit 15 Jahren spielt die NFL regelmäßig in Übersee, die International Series in London hat sich längst etabliert, und die umsatzstärkste Sportliga der Welt (Umsatz 2021: 17,1 Milliarden US-Dollar) will diesen Markt weiter ausbauen. Der Anfang dafür wird am Sonntag gemacht, die nächsten Jahre wechselt sich München mit Frankfurt ab und wird vorerst jeweils ein Grunddurchgangsspiel pro Saison beherbergen.

„Großes Interesse an allen Ecken“

„Wir merken an allen Ecken das große Interesse“, berichtete Steinforth weiter. „Das ist für uns ein tolles Zeichen und eine Bestätigung dafür, dass wir den Schritt nach Deutschland gemacht haben.“ Eine Umfrage der deutschen TV- und Streaminganbieter bestätigt den Trend: In Deutschland kam jeder Dritte der 14- bis 49-Jährigen im Jahr 2021 mindestens einmal im TV mit Football in Kontakt. Nur der Fußball weist mit 85 Prozent in dieser Altersgruppe einen höheren Wert auf.

Übergroße Footballhelme am Münchner Odeonsplatz
Reuters/USA Today Sports/Kirby Lee
Auf dem Odeonsplatz können sich die NFL-Fans mit überdimensionalen Helmen ablichten lassen

Das freut auch Steinforths obersten Boss, NFL-Commissioner Roger Goodell, der im Oktober rund um die London-Spiele schon eine eigene europäische Division in den Raum stellte. „Wir versuchen zu schauen, ob es mehrere Standorte in Europa gibt, die eine NFL-Franchise haben könnten. Ich denke, es steht außer Frage, dass London nicht nur eine Franchise unterstützen könnte.“ Bis dahin ist der Weg freilich noch ein weiter, aber Spiele wie diese und Spielerförderprogramme wie das IPP – International Pathway Program – weisen bereits den Weg.

US-Berichterstattung von Lederhosen bis Maßkrug

Und die NFL macht diesbezüglich keine halben Sachen. In den USA wird NFL Network das Spiel übertragen, das im Osten um 9.30 Uhr losgeht und im Westen gar um 6.30 Uhr. Seit Montag berichtet das eigene NFL-TV aus München und lässt kein Klischee von Lederhosen bis Maßkrug aus. „Das ist die beste Party meines Lebens“, meinte der heutige Experte und frühere Headcoach Steve Mariucci im Beisein seiner Expertenriege wie beispielsweise NFL-Legende Michael Irvin.

Eine andere Legende verzichtet auf die Partys, zumal er am Sonntag auf dem Feld stehen wird. Tom Brady, siebenfacher Super-Bowl-Sieger und gemeinhin als bester Spieler aller Zeiten bezeichnet, betrat Freitag um 8.36 Uhr bayrischen Boden, wie Medien penibel festgehalten hatten. „Du wirst dich nicht an alle Spiele in deiner Karriere erinnern, aber an dieses wirst du dich erinnern“, erklärte der 45-Jährige, der mit seinem Team im Nachwuchszentrum des FC Bayern trainierte, später.

Brady angetan: „Ich komme definitiv zurück“

„Es ist mein erstes Mal in Deutschland. Ich komme definitiv zurück.“ Sein langjähriger deutscher Teamkollege Sebastian Vollmer, wie Österreichs Export Bernhard Raimann ein Offensive Lineman, habe ihm gesagt, „dass das deutsche Publikum bei Fußballspielen das beste der Welt ist. Ich werde aufgeregt sein. Die Fans bestimmt auch.“ Auch sein Pendant bei den Seahawks, Geno Smith, präsentierte sich tags zuvor volksnah und absolvierte seine Pressekonferenz mit Bayern-Schal.

Tom Brady (Tampa Bay Buccaneers) bei Pressekonferenz
IMAGO/USA TODAY Network/Kirby Lee
Wenig überraschend war das Interesse bei Tom Bradys Pressekonferenz recht groß

Der deutsche Fußballrekordmeister gibt sich ohnehin als begeisterter Gastgeber. „Ich bin bereit“, meinte Tormann Manuel Neuer und zeigte sich auf Instagram mit einem überdimensionalen Football-Helm vor der Säbener Straße, dem Trainingszentrum der Bayern, wo dieser Tage die Seahawks trainieren dürfen. Trainer Julian Nagelsmann gilt als NFL-Afficionado und hat sich mit Seattle-Headcoach Pete Carroll schon über Football ausgetauscht. Sportvorstand Hasan Salihamidzic sagte zudem: „Mit Freunden, Familie natürlich werden wir uns das anschauen. Ich bin ein großer Fan der NFL und freue mich, das Spiel zu sehen.“

Und ja, gespielt wird eben auch noch. Anders, als man es sich vor der Saison gedacht hätte, gehen die Buccaneers nicht als klarer Favorit in diese Partie. Brady, der im Frühjahr zurücktrat und nach 40 Tagen zurückkehrte („Ich bereue diesen Schritt nicht“), und Kollegen feierten zuletzt einen wichtigen Last-Minute-Sieg gegen Titelverteidiger Los Angeles Rams und verhinderten die vierte Pleite in Folge.

Überraschende Ausgangslage

Dass die „Bucs“ dennoch die NFC South anführen, spricht bei vier Siegen und fünf Niederlagen weniger für sie als gegen die Division. „Wir haben aus unterschiedlichen Gründen noch nicht so gespielt, wie wir dazu in der Lage sind, das ist frustrierend“, meinte Brady, der mit seinem Team mit einer ausgeglichenen Bilanz in eine zweiwöchige Pause gehen könnte. „Das ist ein ganz wichtiges Spiel für uns“, so Brady, der seine bisherigen drei Partien außerhalb der USA gewonnen hat.

Die Seahawks, mit sechs Siegen und drei Niederlagen Spitzenreiter in der NFC West, können unbeschwert in die Partie gehen, mit ihnen hat in dieser Saison kaum einer gerechnet. Nach dem Abgang von Starquarterback Russell Wilson zu den Denver Broncos nützte Backup Geno Smith seine zweite Chance als Starter, seine erste beendete einst ein Kinnhaken eines Teamkollegen bei den New York Jets. Dass Smiths Konterfei nun vom Münchner Fernsehturm runterlacht, „sei eine Ehre“.

National Football League

Woche 18

Samstag, 7. Jänner:
Las Vegas Kansas City 13:31
Jacksonville Tennessee 20:16
Sonntag, 8. Jänner:
Buffalo New England 35:23
Miami NY Jets 11:6
Cincinnati Baltimore 27:16
Pittsburgh Cleveland 28:14
Indianapolis Houston 31:32
Chicago Minnesota 13:29
Atlanta Tampa Bay 30:17
New Orleans Carolina 7:10
Denver LA Chargers 31:28
Philadelphia NY Giants 22:16
Washington Dallas 26:6
San Francisco Arizona 38:13
Seattle LA Rams 19:16 n.V.
Green Bay Detroit 16:20