George Russell auf der Strecke
Reuters/Ricardo Moraes
Formel 1

Russell feiert ersten Grand-Prix-Triumph

Im vorletzten Rennen der Formel-1-Saison 2022 hat das Mercedes-Team erstmals einen Sieg bejubeln dürfen – und gleich einen Doppelerfolg. George Russell, der am Samstag bereits den Sprint in Brasilien gewonnen hatte, feierte am Sonntag in Sao Paulo seinen ersten Grand-Prix-Sieg überhaupt. Zweiter wurde Rekordchampion Lewis Hamilton, der in der Anfangsphase von Weltmeister Max Verstappen von der Strecke gedrängt worden war. Der Red-Bull-Star musste sich mit Rang sechs begnügen und sorgte für Unstimmigkeiten.

Für Red Bull endete damit eine Serie von neun Siegen hintereinander, Hamilton wurde zum dritten Mal in Folge Zweiter. Der 24-jährige Brite Russell schaffte es hingegen im 81. Versuch erstmals aufs oberste Stockerl. Carlos Sainz wurde Dritter vor seinem Ferrari-Teamkollegen Charles Leclerc.

Am kommenden Sonntag findet in Abu Dhabi das Saisonfinale statt, ehe die Motorsportkönigsklasse bis Anfang März in die Winterpause geht. Für Hamilton, der seit seinem Debüt 2007 in jeder Saison zumindest einen Sieg feiern durfte, ist das die letzte Chance, um seine Serie zu prolongieren. Verstappen steht bereits seit einem Monat vorzeitig als Weltmeister fest, auch Red Bull hat sich den WM-Titel bei den Konstrukteuren schon gesichert.

Russell gelingt Premierensieg

Jubel bei Russell und Hamilton

„Unglaublich, das ist erst der Anfang. Ich bin so stolz auf euch“, freute sich Russell am Boxenfunk: „Ich brauche ein paar Taschentücher. Danke an das ganze Team, das das hier möglich gemacht hat. Diese Saison war eine emotionale Achterbahnfahrt. Ich habe eigentlich alles unter Kontrolle gehabt, aber Lewis war so schnell und dann ist auch noch diese Saftey-Car-Phase gekommen. Ich habe das Rennende herbeigesehnt. Es war einfach toll.“

Hamilton, der weiter auf seinen ersten Saisonsieg warten muss, freute sich mit seinem Teamkollegen: „Zuerst einmal, ganz große Gratulation an George, das war ein tolles Rennen, ein tolles Qualifying. Das ist ein unglaubliches Resultat. Jeder im Team hat sich das verdient. Danke auch an alle Brasilianer, die mich hier unterstützen.“

Mercedes-Teamchef Toto Wolff war nicht in Brasilien vor Ort, der Österreicher befindet sich bereits in den Emiraten und feierte via Videocall mit seinen beiden Schützlingen. Die „Silberpfeile“ holten im Kampf um den zweiten Platz in der Konstrukteurswertung wertvolle Punkte, der Rückstand auf Ferrari beträgt nur noch 19 Zähler.

Verstappen missachtet Teamanweisung

Dicke Luft herrscht bei Red Bull. Verstappen sorgte für einen Eklat, da er seinen Teamkollegen Sergio Perez trotz Anweisung seines Teams im Finish nicht überholen ließ. Perez wurde Siebenter, holte dadurch zwei Punkte weniger und verlor den zweiten WM-Platz an Leclerc. „Danke. Das zeigt, wer er wirklich ist“, war Perez verärgert. Der Mexikaner und Leclerc, der Vierter wurde und ebenfalls nicht wie von ihm gefordert von Sainz vorbeigelassen wurde, haben nun die gleiche Punkteanzahl (290), der Ferrari-Star allerdings einen Sieg mehr.

Verstappen rechtfertigte sich am Boxenfunk. „Ich habe euch das letzten Sommer gesagt. Ihr sollt mich das nicht noch einmal fragen, ist das klar? Ich habe meine Gründe genannt und dazu stehe ich“, sagte der Niederländer. Perez hatte den zweifachen Weltmeister besonders im Saisonfinale 2021 im Kampf gegen Hamilton uneigennützig unterstützt. Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko gab sich wortkarg: „Das Ziel ist, dass Checo den zweiten Platz in der WM erzielt, und Max wird alles unternehmen, um ihm dabei zu helfen. Es wurde jetzt besprochen, intern ist alles geklärt. Wir arbeiten als Team.“

Unfallträchtige Anfangsphase

Russell verteidigte in der ersten Runde seine Führung vor Hamilton, Verstappen und Perez. Die Ferrari-Piloten Leclerc und Sainz starteten im Gegensatz zu Mercedes und Red Bull auf den härteren Medium-Reifen und reihten sich zunächst dahinter ein. Ein Crash zwischen Daniel Ricciardo (McLaren), der den sensationellen Qualifying-Sieger Kevin Magnussen (Haas) von der Strecke drehte, sorgte früh für eine Safety-Car-Phase beim 50-Jahr-Jubiläum auf dem Autodromo Jose Carlos Pace.

Ricciardo dreht Magnussen von der Strecke

Nach sieben Runden wurde das Rennen fortgesetzt – und es gab sofort wieder zwei Crashes. Erst fuhr Verstappen seitlich in Hamiltons Mercedes, dann wurde Leclerc von Lando Norris im McLaren von der Strecke gedreht. Leclerc krachte in die Streckenbegrenzung, konnte aber trotzdem weiterfahren, genauso wie Verstappen, der seinen Flügel wechseln musste und wie Norris eine Fünfsekundenstrafe kassierte. Während sich Verstappen und Leclerc mühsam durchs Feld kämpften, drehte Russell in Führung liegend souverän seine Runden.

Hamilton und Verstappen kollidieren nach Neustart

Hamilton startet Aufholjagd

Dahinter kämpfte sich Hamilton, der wegen Verstappen einige Plätze verloren hatte, wieder an das Spitzenfeld heran. Der Rekordweltmeister, seit Kurzem brasilianischer Ehrenbürger, überholte nach 45 Runden unter dem Jubel der heimischen Fans den auf Platz zwei liegenden Perez.

Hamilton verdrängt Perez von Platz zwei

Weil Norris knapp 18 Runden vor Rennende ausrollte, machte eine Safety-Car-Phase das Geschehen noch einmal spannend. Perez war als zwischenzeitlich Dritter als einziger im Spitzenfeld mit den langsameren Medium-Reifen unterwegs – und wurde durchgereicht.

Russell blieb unterdessen cool und verteidigte seine Führung vor Hamilton. Eine beeindruckende Aufholjagd lieferten die Alpine-Piloten Fernando Alonso und Esteban Ocon, die von den Startplätzen 15 und 18 auf die Ränge fünf und acht nach vorne fuhren.

Grand Prix von Brasilien in Sao Paulo

Endstand nach 71 Runden (305,879 km):
1. George Russell GBR Mercedes 1:38:34,044
2. Lewis Hamilton GBR Mercedes + 1,529
3. Carlos Sainz ESP Ferrari 4,051
4. Charles Leclerc MON Ferrari 8,441
5. Fernando Alonso ESP Alpine 9,561
6. Max Verstappen NED Red Bull 10,056
7. Sergio Perez MEX Red Bull 14,080
8. Esteban Ocon FRA Alpine 18,690
9. Valtteri Bottas FIN Alfa Romeo 22,552
10. Lance Stroll CAN Aston Martin 23,552
11. Sebastian Vettel GER Aston Martin 26,183
12. Zhou Guanyu CHN Alfa Romeo 29,325
13. Mick Schumacher GER Haas 29,899
14. Pierre Gasly * FRA Alpha Tauri 31,867
15. Alexander Albon THA Williams 36,016
16. Nicholas Latifi CAN Williams 37,038
17. Yuki Tsunoda JPN Alpha Tauri 1 Runde

Out: Kevin Magnussen (DEN/Haas), Daniel Ricciardo (AUS/McLaren), Lando Norris (GBR/McLaren)

* Nachträgliche Strafe von fünf Sekunden

Schnellste Runde: Russell 1:13,785 (61.)