Fußballer Cristiano Ronaldo (Manchester United)
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Fußball

Ronaldo rechnet mit Manchester United ab

Cristiano Ronaldo macht im schwelenden Konflikt mit Manchester United den vielleicht entscheidenden Schritt: In einem TV-Interview am Sonntag erklärte der Portugiese, man habe ihn in Old Trafford „betrogen“ und dränge ihn aus der Mannschaft, vor Trainer Erik ten Hag habe er keinen Respekt. Auch ehemalige Weggefährten wurden beim Rundumschlag des ehemaligen Weltfußballers nicht ausgespart.

Ronaldo war im August 2021 für einen Zweijahresvertrag von Juventus Turin zu United zurückgekehrt, dem Verein, mit dem er von 2003 bis 2009 acht große Trophäen gewann. In Auszügen aus einem Interview für den britischen Sender TalkTV, die am Sonntag veröffentlicht wurden, antwortete er auf die Frage, ob man versuche, ihn aus dem Club zu drängen: „Ja, nicht nur der Trainer, sondern noch zwei oder drei weitere Jungs im Verein. Und nicht nur dieses Jahr, sondern auch voriges. Ich fühlte mich betrogen.“

Weil sich der von ten Hag in der Premier League nur selten eingesetzte Ronaldo beim Spiel gegen Tottenham Ende Oktober als Ersatzmann vorzeitig in die Kabine begeben hatte, war er im nächsten Match gegen Chelsea nicht im Kader gestanden. Nach einer Aussprache mit dem Trainer kehrte er aber in der Europa League wieder zurück und traf dort auch im Finish.

Jetzt sagte der 37-Jährige, der Portugal bei der Weltmeisterschaft in Katar als Kapitän anführen wird, über ten Hag: „Ich habe keinen Respekt vor ihm, weil er mir gegenüber keinen Respekt zeigt. Wer mich nicht respektiert, für den werde ich auch niemals Respekt haben.“ Sein Zorn traf auch seinen rund acht Monate jüngeren Ex-United-Mitspieler Wayne Rooney, der die Leistungen des Portugiesen zuletzt oft skeptisch kommentiert hatte. „Ich weiß nicht, warum er mich so kritisiert. Vielleicht weil er seine Karriere schon beendet hat, und ich noch immer auf hohem Level spiele. Und ich sage nicht, dass ich besser aussehe als er. Was stimmt“, ätzte Ronaldo.

„Die Fans sollten die Wahrheit wissen“

Ronaldo erklärte auch, United habe ihn nicht unterstützt, als seine Tochter im Juli ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Er sagte, der Verein habe ihm misstraut und es an Empathie fehlen lassen, als er deshalb nicht rechtzeitig zum Training vor Saisonbeginn erschienen sei. „Ich denke, die Fans sollten die Wahrheit wissen“, sagte Ronaldo.

Aber auch sportlich hielt der Portugiese nicht mit seinem Unmut über die Entscheidungen seines Vereins hinter dem Berg: „Ich will das Beste für den Verein. Deshalb bin ich zu Manchester United gekommen“, sagte er. „Aber es gibt einige Interna, die (uns, Anm.) nicht helfen, ein Toplevel wie (Stadtrivale Manchester, Anm.) City, Liverpool und sogar jetzt Arsenal zu erreichen (…) ein Verein von dieser Größenordnung sollte meiner Meinung nach an der Spitze stehen, und das tut er leider nicht.“

Rangnick „ist nicht einmal Trainer“

Wenig schmeichelhaft war auch Ronaldos Urteil über ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick, den United in der vergangenen Saison als kurzfristigen Nachfolger von Trainer Ole Gunnar Solskjaer, einem ehemaligen Teamkollegen des Portugiesen, geholt hatte. Rangnick wiederum war nach wenigen Monaten von ten Hag abgelöst worden.

Trainer Erik ten Hag (Manchester United)
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Auch Trainer ten Hag kam bei Ronaldos Rundumschlag nicht gut weg

„Nachdem der Club Ole entlassen hat, holen sie Ralf Rangnick, was niemand versteht“, sagte Ronaldo. „Dieser Typ ist nicht einmal Trainer. Ein großer Club wie Manchester United bringt einen sportlichen Direktor, der nicht nur mich, sondern die ganze Welt überrascht.“ Tatsächlich hat der Deutsche eine Trainerlizenz und arbeitet seit vielen Jahren bei den unterschiedlichsten Vereinen. Sein letztes Engagement als Coach vor seinem Wechsel zu Manchester United war bei RB Leipzig in der Saison 2018/19. Unter dem ÖFB-Teamchef zählte Ronaldo zumeist zum Stammpersonal. Seit dem Amtsantritt von ten Hag ist er aber nur noch zweite Wahl.

United wartet mit Konsequenzen ab

Seine Zeit bei den „Red Devils“ dürfte nach diesen Aussagen wohl demnächst zu Ende sein. Über einen möglichen neuen Verein sprach Ronaldo nicht – zumindest vorerst. Das komplette Interview wird in zwei jeweils 45 Minuten langen Teilen veröffentlicht, der erste am Mittwochabend, der zweite tags darauf. Ronaldo wird zu diesem Zeitpunkt schon bei der WM in Katar weilen.

Manchester United veröffentlichte am Montag eine kurze Stellungnahme zu dieser Thematik. Man sei sich der medialen Aufmerksamkeit um das Interview bewusst und werde entscheiden, wie der Club darauf reagiere, sobald die Sachlage vollständig geklärt sei. „Unser Fokus liegt weiterhin auf der Vorbereitung für die zweite Saisonhälfte und darauf, den Schwung mitzunehmen, den Glauben und das Gefühl von Zusammengehörigkeit, das unter den Spielern, Managern, Mitarbeitern und Fans entsteht“, teilte ManUnited mit.