Enttäuschter Lewis Hamilton (Mercedes-AMG Petronas)
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Formel 1

Abu Dhabi weckt in Hamilton Emotionen

Lewis Hamilton kehrt für das letzte Rennen der Saison 2022 an jenen Ort zurück, an dem er im Vorjahr in einem der umstrittensten Finale der Formel-1-Geschichte den WM-Titel an Max Verstappen verloren hat. An diesem 12. Dezember 2021 in Abu Dhabi fühlte sich der Brite betrogen: „Meine schlimmsten Befürchtungen wurden lebendig.“

Anstatt nach dem so gut wie eingefahrenen historischen achten Triumph von Glückshormonen geflutet zu werden, verharrte Hamilton nach Rennende fast ohnmächtig in seinem Mercedes. Die Enttäuschung war dem 37-Jährigen noch lange danach anzumerken, es dauerte seine Zeit, bis er klare Worte fand: „Ich hatte keine Kraft mehr. Ich würde sagen, das war einer der schwierigsten Momente, die ich seit langer, langer Zeit erlebt habe.“

Was genau passierte, hat mit dem damaligen Renndirektor Michael Masi zu tun. Der später abgesetzte Australier legte das Safety-Car-Prozedere so eigenwillig aus, dass Verstappen mit einem Überholmanöver in der letzten Runde noch am ungläubigen Hamilton zu seinem ersten WM-Titel vorbeiziehen konnte. Der Brite sah sich von der Rennleitung klar benachteiligt und griff zu harten Worten: „Ich dachte mir, dass sie mich auf keinen Fall betrügen werden. Das ist unmöglich, das wird nicht passieren, ganz sicher nicht.“

Verstappen Schnellster im Training

Standesgemäß begann Max Verstappen das letzte Wochenende der heurigen Formel-1-Saison. Der Weltmeister war im Training für den Grand Prix von Abu Dhabi der Schnellste.

„Wir werden niemals darüber hinwegkommen“

Während der letzten Runde rief Mercedes-Teamchef Toto Wolff die mittlerweile berühmten Worte hilflos in den Funk. „Nein, Michael, nein, nein, Michael, das war so nicht richtig!“ Er kratzte sich immer wieder am Kopf, tigerte durch die Box und war entsetzt. „Wir werden niemals darüber hinwegkommen, das ist nicht möglich“, sagte Wolff nach diesem unglaublichen Adrenalinfinale.

Max Verstappen (Red Bull Racing) überholt Lewis Hamilton (Mercedes-AMG Petronas) 2021 in Abu Dhabi
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Beim Saisonfinale 2021 zog Verstappen in der letzten Runde an Hamilton vorbei und sicherte sich den WM-Titel

Seit jenem Tag im Dezember ist eine Menge passiert in der Formel 1. Von Rücktrittsgerüchten um Hamilton über den juristischen Druck von Mercedes auf den Motorsportweltverband (FIA) und die folgende Absetzung Masis bis zum vorzeitigen zweiten Titelgewinn Verstappens.

In Sao Paulo kollidierten Hamilton und Verstappen am vergangenen Wochenende wieder einmal. Die Stewards wiesen dem Niederländer, der später mit der Verweigerung der Teamorder für Zoff bei Red Bull sorgte, die Schuld für das unbedachte Überholmanöver zu und sprachen dafür eine Fünfsekundenstrafe aus. „Ich denke, es ist ganz natürlich, dass man ein bisschen zur Zielscheibe wird, wenn man den Erfolg hat“, sagte Hamilton gleichmütig. „Aber das ist in Ordnung. Es ist nichts, womit ich nicht schon vorher zu tun hatte.“

Marko: Thema nicht immer wieder „hochkommen lassen“

Dass Hamilton auf eine entsprechende Frage hin zuletzt noch einmal darauf verwies, dass das Finale 2021 schmutzig abgelaufen sei, lässt Red Bull wiederum kalt. Er könne das „überhaupt nicht nachvollziehen, der Rennleiter hat entschieden“, erwiderte Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko. Man könne das Thema nicht immer wieder „hochkommen lassen“.

Und das Thema wird in den kommenden Tagen wieder an jenem Ort hochkommen, wo Hamilton vor einem Jahr erst Trost in den Armen seines Vaters Anthony fand. „Er umarmte mich, und ich glaube, er sagte etwas wie: ‚Ich möchte, dass du weißt, wie stolz ich auf dich bin‘“, erzählte Hamilton.