Sebastian Vettel
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Formel 1

Champion Vettel geht endgültig vom Gas

Angst vor seinem Abschied aus der Formel 1 hat Sebastian Vettel in Abu Dhabi nicht. „Ich habe so oft darüber nachgedacht und es fühlt sich so richtig an“, beteuerte der viermalige Weltmeister in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Nach 16 Jahren in der Königsklasse will sich Vettel an ein anderes Tempo gewöhnen, sich die Geschwindigkeit selbst vorgeben, seinen eigenen Rhythmus finden. Und sich der Familie und Umwelt widmen.

„Ich freue mich darauf, mich überraschen zu lassen, etwas über mich selbst zu lernen, mehr Zeit mit meinen Kindern und meiner Familie zu verbringen und gemeinsam mit ihnen zu lernen“, erzählte Vettel vor dem 299. und letzten Grand Prix seiner großen Karriere am Sonntag (14.00 Uhr). „Das wird natürlich eine andere Herausforderung und ein anderes Tempo für mich sein.“

In Abu Dhabi schließt sich für den Deutschen der Kreis. Hier gewann Vettel 2010 in einem dramatischen Vierkampf gegen Lewis Hamilton, Fernando Alonso und Mark Webber seinen ersten WM-Titel im Red Bull. Mit 23 Jahren und 134 Tagen ist das einstige Wunderkind noch immer jüngster Weltmeister der Geschichte. „Ich bin mir sicher, dass dieses Rennen viele schöne Erinnerungen an die letzten 15 Jahre wachrufen wird“, freute sich der 35-Jährige auf seinen letzten Auftritt. „Ich möchte mit einem Hochgefühl abtreten.“ Hamilton räumte ein: „Es wird traurig sein, ihn gehen zu sehen.“

Vettel verlässt Formel 1

Wenn die Saison am Wochenende in Abu Dhabi endet, verabschiedet sich auch ein ganz Großer aus der Königsklasse: Der vierfache Weltmeister Sebastian Vettel wird zum 299. und letzten Mal an den Start gehen.

„Unantastbar“ in den Titeljahren

Vettel wuchs mit drei Geschwistern in bescheidenen Verhältnissen auf. Für die Motorsportkarriere ging er einst mit seinem Vater Norbert auf Sponsorensuche, als der junge Hesse noch nicht im Talentekader von Red Bull war. Sein Vater war Fan von Ayrton Senna, Sohn Sebastian fand hingegen Michael Schumacher toll, der eine ganze Nation für die Formel 1 begeisterte und einen unvergleichlichen Boom auslöste.

Lewis Hamilton und Jenson Button übergießen Sebastian Vettel mit Rosenwasser, 2010
AP/Luca Bruno
Lewis Hamilton und Jenson Button verpassten Sebastian Vettel im Jahr 2010 die verdiente Sektdusche für den ersten WM-Titel

Vettel betrat zur richtigen Zeit die Bühne des größten Kreisverkehrs der Welt, nämlich als Schumacher Ende 2006 erstmals abtrat. Debüt 2007 im BMW-Sauber, Sensationssieg 2008 im Toro Rosso, Weltmeister von 2010 bis 2013 im Red Bull. „Unantastbar“ sei Vettel in diesen Titeljahren gewesen, erinnerte sich sein langjähriger Teamkollege Webber. Mehr Titel als der Heppenheimer gewannen nur Schumacher und Hamilton (jeweils sieben) sowie Juan Manuel Fangio (fünf).

Sebastian Vettel jubelt 2008 in Monza
Reuters/Alessandro Garofalo
Mit knapp 21 Jahren jubelte Sebastian Vettel in Monza über den ersten seiner insgesamt 53 Grand-Prix-Siege

Zeit bei Ferrari blieb titellos

Vettel wirkt manchmal wie aus der Zeit gefallen. In einem prahlerischen Sport ist er angenehm unprätentiös. Seit seinem Karrierestart in der Formel 1 machte sich der Pilot in Notizbüchern Anmerkungen zu Verbesserungen. Instagram entdeckte er erst kurz vor seinem Karriereende für sich. Für die Teammitglieder erstellte er jedes Jahr ein Fotobuch mit Impressionen der immer länger werdenden Saisonen als Weihnachtsgeschenk.

Wie einst Schumacher wollte Vettel mit Ferrari eine Ära prägen, das misslang ihm aber. 2017 und 2018 scheiterte er im Duell mit Mercedes-Dominator Hamilton, 2021 folgte der Wechsel zu Aston Martin. Der Gedanke an den Abgang wurde größer. Und schon damals beschäftigte er sich mit den Themen Menschenrechte und vor allem Nachhaltigkeit.

Sebastian Vettel in der Ferrari-Box, 2017
AP/Pavel Golovkin
In sechs Saisonen mit Ferrari erfüllte sich für Sebastian Vettel nicht der Traum vom Titel mit der „Scuderia“

Spritverbrenner und Müllaufsammler

Vettel reflektiert heute auch seine eigene zwiegespaltene Rolle. „Ich kann das nachvollziehen“, so der 35-Jährige, wenn man seine Positionen als Spritverbrenner und Müllaufsammler an Grand-Prix-Wochenenden heuchlerisch finde. Vom Formel-1-Management ist er enttäuscht. Viel zu langsam, so Vettels vernichtendes Urteil, engagiere sich dieses für die technologische Lösung von Umweltproblemen. „Wir können es uns nicht leisten zu warten.“

Vettel will nun mehr Zeit mit seiner Familie in der Schweiz verbringen, sich seinen Umweltprojekten widmen. Wie genau sein neues Leben aber aussehen wird, weiß er noch nicht. Den Adrenalinrausch wird er vermissen. Einen Rücktritt vom Rücktritt schließt der Deutsche aus. „Die Formel 1 hat eine Art, einen wieder anzusaugen, das haben wir schon bei so vielen anderen Fahrern gesehen“, meinte Hamilton amüsiert und richtete sich an seinen langjährigen Weggefährten: „Es ist dein letztes Rennen, aber du wirst zurückkommen.“