Katar verlor als erster Gastgeber ein WM-Auftaktspiel. Das Team des spanischen Trainers Felix Sanchez war gegen die quirligen und spielfreudigen Südamerikaner chancenlos und kam erst nach gut einer Stunde besser in die erste Partie der Gruppe A, in der am Montag (17.00 Uhr) das zweite Gruppenspiel – Senegal gegen die Niederlande – folgt.
Während Fenerbahce-Stürmer Valencia mit seinen WM-Toren vier und fünf für Ecuador glänzte und Lust auf mehr machte, war bei Katar nicht die Mannschaft am auffälligsten, sondern der Fanblock: Er war trotz des negativen Spielverlaufs hinter dem Tor hochaktiv.
Eine größere Gruppe, alle mit roten „Qatar“-Shirts ausgestattet, stimmte unterstützt von einer Trommel unentwegt Fangesänge an. Berichte, wonach es sich um von Katar „unterstützte“ Anhänger handeln soll, hatten die Organisatoren vor wenigen Tagen noch zurückgewiesen.
Schnelle Ernüchterung für Gastgeber
Begleitet von heftiger Kritik wegen der Menschenrechtslage im Gastgeberland war die WM, die erste im arabischen Raum, rund eine Stunde vor dem Auftaktmatch in Katar eröffnet worden. Tausende Zuschauer nahmen an der pompösen Eröffnungsfeier in dem von Beduinenzelten inspirierten Al Bayt Stadium im nördlich von Doha gelegenen al-Chaur teil und hatten sichtlich Spaß.
Doch der Euphorie zu Beginn folgte bereits in der dritten Minute die Ernüchterung. Ein schwerer Schnitzer von Torhüter Saad al-Schib beim Herauslaufen wurde von den Südamerikanern umgehend ausgenutzt, und Valencia traf per wuchtigem Kopfball aus kurzer Distanz ins Netz.
Tor von Valencia zählt nicht (3. Minute)
Das vermeintliche 1:0 durch Enner Valencia für Ecuador zählte nach VAR-Entscheid wegen Abseits nicht.
Nach ausgiebigem Jubel und ersten Recherchen, ob es sich vielleicht um das schnellste Tor in einem WM-Eröffnungsspiel handeln könnte, machte Schiedsrichter Daniele Orsato aus Italien den Feierlichkeiten einen Strich durch die Rechnung. Der VAR hatte davor zu Recht ein, wenn auch knappes, aber korrektes Abseits erkannt.
Valencia dreht auf
Ecuador drückte weiter, die Katarer, die sich im Sommer auch in Schwechat bei Wien auf die WM vorbereitet hatten, kamen nicht aus ihrer Hälfte heraus. Die intensive Trainingsphase zeigte keine Wirkung. Im Gegenteil: In der 16. Minute war es dann wieder Valencia, der einen von ihm herausgeholten Strafstoß lässig zum 1:0 verwandeln konnte. Nach schöner Kombination und perfektem Pass in die Tiefe von Michael Estrada war Valencia bei seinem Durchbruch von Goalie al-Schib nur noch durch ein Foul zu stoppen.
1:0 für Valencia (16. Minute)
In der 16. Minute war es Enner Valencia, der einen von ihm herausgeholten Strafstoß zum 1:0 für Ecuador verwandeln konnte.
Jetzt musste Katar aktiver werden, vom Team des Gastgebers war in der Vorwärtsbewegung aber weiterhin nichts zu sehen. In der 20. Minute kollidierte Estrada mit al-Schib. Beide konnten jedoch weiterspielen. Dann kamen die Südamerikaner einem Auftaktsieg ein weiteres Stück näher: Nach perfekter Flanke von Angelo Preciado tauchte erneut Valencia im Rücken der Verteidigung auf und wuchtete den Ball mit dem Kopf knapp neben der Stange zum 2:0 (31.) ins Tor. Diesmal hatte auch der VAR nichts dagegen.
Ecuador hat alles im Griff
Dann ein Schockmoment für Ecuador. Im Zweikampf mit Karim Abu Diaf verletzte sich Valencia am rechten Bein und humpelte, gestützt von Betreuern, in der 44. Minute vom Platz. Er konnte das Match jedoch fortsetzen. Erst in der 77. Minute war die Partie dann für den Türkei-Legionär vorbei, der doch etwas angeschlagen schien.
Erste Chance für Katar (45. Minute)
Al-Muass Ali hat kurz vor der Pause per Kopf die erste Chance der Gastgeber.
Die einzige Chance vor der Pause für Katar hatte dann Al-Muass Ali, der bei seinem Kopfballversuch etwas zu spät kam. Im zweiten Durchgang schaltete Ecuador leicht zurück und nutzte in der Folge in Ruhe die Möglichkeiten zu Gegenstößen. So zeichnete sich al-Schib in der 55. Minute aus, als Romario Ibarra abzog.
Katars Tormann kann sich auszeichnen (55. Minute)
Ecuador spielt nach einem Fehler im Spielaufbau von Katar schnell in die Tiefe – al-Schib kann sich bei Ibarras Schlenzer aufs lange Eck auszeichnen.
Für Katar hatte noch Mohammed Muntari mit einem guten Weitschuss in der 86. Minute die beste Chance auf ein Tor. Am Ende machte sich jedoch der Klasseunterschied, der sich auch im zehnfachen Marktwert Ecuadors (rund 145 Mio. Euro) manifestierte, deutlich bemerkbar. Für Katar wird ein Punktegewinn in dieser Gruppe an ein Wunder grenzen.
Stimmen zum Spiel:
Gustavo Alfaro (Ecuador-Teamchef): "Wir haben unsere Mission erfüllt, das Wichtigste war, dass wir zum Auftakt den Sieg geholt haben. Wir haben gemacht, was nötig war, um zu gewinnen. Ich habe der Mannschaft gratuliert, ihr aber auch gesagt, dass wir uns steigern müssen. Denn es ist schon manchmal passiert, dass Teams nach einem Sieg im ersten Spiel noch in der Gruppenphase gescheitert sind.
Enner Valencia ist der beste Torschütze in der Geschichte von Ecuador, dabei hat er zuletzt einige Kritik einstecken müssen. Diese Tore bedeuten ihm sehr viel. Er hat wie vier andere Spieler einen Schlag einstecken müssen, aber es gibt keine ernste Verletzung. Enner wird gegen die Niederlande spielen, da gibt es keine Zweifel."
Enner Valencia (Torschütze Ecuador): „Die frühen Tore haben uns geholfen, das Spiel zu kontrollieren und die drei Punkte mitzunehmen. Ich habe lange und oft davon geträumt, dieses Spiel mit meinem Team zu gewinnen und zu treffen. Wir glauben, dass wir sehr weit kommen können.“
Felix Sanchez (Teamchef Katar): „Wir wollten über den Kampf ins Spiel finden, aber der Gegner hatte etwas dagegen. Unsere Offensive hat nicht so funktioniert, wie wir es uns vorgestellt haben. Ecuador hatte die besseren Waffen. Wenn wir konkurrenzfähig sein wollen, müssen wir gut organisiert auftreten. Jetzt gilt es, unseren Spielern dabei zu helfen, um diese Aspekte in der nächsten Partie zu verbessern. Ecuador war uns überall im ganzen Spiel überlegen. Die Atmosphäre im Stadion war großartig. Es tut uns leid, dass wir nicht zu dieser großartigen Atmosphäre und der Party beitragen konnten. Aber wir wussten, dass das passieren kann.“
Homam Ahmed (Katar-Abwehrspieler): „Wir haben gehofft, dass wir uns besser präsentieren können. Aber das Level war zu hoch.“
WM 2022 in Katar, Gruppe A
Sonntag:
Katar – Ecuador 0:2 (0:2)
Al-Chaur, Al Bayt Stadium, SR Orsato (ITA)
Torfolge:
0:1 (16.) Valencia (Elfmeter)
0:2 (31.) Valencia
Katar: Alsheeb – Pedro Miguel, Al-Rawi, Khoukhi, A. Hassan, Ahmed – Al-Haydos (71. Waad), Boudiaf, Hatim – Ali (71. Muntari), Afif
Ecuador: Galindez – An. Preciado, Torres, Hincapie, Estupinan – Plata, Mendez, Caicedo (90. Franco), Ibarra (68. Sarmiento) – Valencia (76. Cifuentes), Estrada (90. Rodriguez)
Gelbe Karten: Alsheeb, Ali, Boudiaf, Afif bzw. Caicedo, Mendez
Die Besten: Afif bzw. Valencia, Mendez, Plata