FIFA WM 2022

England deklassiert schweigende Iraner

Das zweite Spiel der 22. Fußball-WM hat am Montag im Khalifa International Stadium von al-Rajjan im ersten Spiel der Gruppe B nicht nur einen Sieg von England beim 6:2-Torfestival gebracht, sondern auch eine vielsagende Aktion der iranischen Mannschaft. Irans Elf sang die Nationalhymne nicht mit und setzte so auf leise Art eine spektakuläre Aktion im Sinne der aktuellen regimekritischen Proteste in ihrem Land.

Das Spiel diktierten jedoch die Engländer, die in einem bei Großereignissen selten von ihnen gezeigten effektiven Offensivspiel erfolgreich waren. Jude Bellingham (35.), Bukayo Saka (43., 62.), Raheem Sterling (45.+1), Marcus Rashford (71.) und Jack Grealish (89.) trafen bei Englands zweithöchstem WM-Sieg nach dem 6:1-Sieg der „Three Lions“ 2018 bei der WM in Russland gegen Panama.

Die Tore der Iraner erzielte Mehdi Taremi mit einem Schuss aus dem Spiel (65.) und dem Schlusspunkt zum 2:6 (90.+13) aus einem Strafstoß. England brachte sich mit diesem Sieg vor dem nächsten Gruppenspiel am Freitag (20.00 Uhr, live in ORF1) gegen die USA in eine sehr gute Position. Der Iran muss ebenfalls am Freitag (11.00 Uhr, live in ORF1) gegen Wales antreten und auf einen besseren Spielverlauf hoffen.

Grealish stellt auf 6:1 (90. Minute)

Jack Grealish erzielt in seinem 25. Länderspiel sein zweites Teamtor und ändert den Spielstand auf 6:1.

Iraner mit lauter leiser Botschaft

Die Partie begann mit einem Statement der iranischen Spieler, auch wenn sie dazu nichts getan haben außer zu schweigen. Sie sangen die Nationalhymne nicht mit und setzten damit eine deutlich vernehmbare Botschaft ab. Nicht nur iranische Aktivisten sahen darin eine Geste der Unterstützung für die landesweiten Proteste im Land. Der iranische Staatssender unterbrach die Liveübertragung bei der Hymne. Den Spielern könnten nun Konsequenzen drohen.

Iranische Hymne

Der iranische Kader verweigert aus Protestgründen das Singen der Hymne.

Der iranische Kapitän Ehsan Hajsafi hatte am Sonntag sein Beileid für die trauernden Familien der Opfer im Iran ausgedrückt. Die Mannschaft habe zu akzeptieren, dass die Bedingungen im Land nicht gut und die Menschen nicht glücklich seien. Darüber seien sich die Spieler bewusst. Die Elf von Trainer Carlos Qureioz legte auch die Taktik auf dem Feld aus spielerischen Gründen und nicht aus Protest passiv an.

England drückt, Iran verliert Tormann

Der Iran zog sich vom Anpfiff weg tief in die eigene Hälfte zurück und verteidigte diszipliniert mit viel Elan. Nach wenigen Minuten prallte Tormann Aliresa Beiranwand mit seinem Verteidiger Madschid Hosseini zusammen. Zunächst wurde der iranische Schlussmann lange behandelt, nach einem kurzen Spielversuch ging es dann für den Mann des FC Persepolis in der 18. Minute aber nicht mehr weiter.

Irans Goalie wird ausgewechselt (18. Minute)

Nach seinem Zusammenprall mit Hosseini muss der iranische Torhüter Aliresa Beiranwand ausgewechselt werden.

Die dynamischen Engländer versuchten das 5-4-1 auszuhebeln und liefen viel. Nach 25 Minuten war der Ballbesitz entsprechend dem Verlauf mit 75:25 Prozent pro England verteilt. Irans Mittel zum möglichen Torerfolg war ausschließlich das schnelle Umschaltspiel – der Konter.

„Three Lions“ beißen zu

In der 30. Minute deutete sich mit einem Schuss ins Außennetz von Mason Mount an, was folgen sollte – ein wuchtiger Kopfball von Harry Maguire an das Lattenkreuz. Den Torbann brach dann schließlich Jude Bellingham, der in der 35. Minute mit seinem ersten Länderspieltor zuschlug.

Bellingham bringt England in Führung (35. Minute)

Jude Bellingham köpft den Ball technisch anspruchsvoll ins lange Eck und bringt den Favoriten die verdiente Führung.

Der Dortmund-Legionär lenkte eine Flanke von Luke Shaw gefühlvoll über Tormann Sejed Hosseini und genau unter der Latte zum 1:0 ins Netz. Der Weg ins Tor war gefunden und England legte nach. Zuerst traf Saka mit einem Traumtor (43.) aus rund 14 Metern zum 2:0. Maguire hatte nach einer Ecke dem Arsenal-Stürmer den Ball per Kopf serviert. Dann Sterling im Sprung mit dem Außenrist nach Maßflanke von Kane (45.+1) zum 3:0.

Saka erhöht auf 2:0 (43. Minute)

Eine Standardsituation führt zum 2:0 für die „Three Lions“: Nach einer Ecke legt Maguire den Ball per Kopf ab, Saka steht bereit und baut die Führung der Engländer aus.

England weiter hochgradig effektiv

Aufgrund der langen Unterbrechung durch die Verletzung Beiranwands ging die erste Hälfte in eine beträchtliche Verlängerung, und so Pfiff Spielleiter Raphael Claus aus Brasilien erst nach 45 plus 14 Minuten ab. Die Elf von Trainer Gareth Southgate blieb auch nach der Pause, wie schon in der ersten Hälfte, stark in der Ballrückeroberung.

Saka stellt auf 4:0 (62. Minute)

Saka erhöhte mit seinem zweiten Treffer in der 62. Minute nach Idealvorlage von Sterling vorerst auf 4:0

Obwohl sich der Iran kaum Fehler in der Defensive erlaubte, blieb England am Drücker. Saka erhöhte mit seinem zweiten Treffer in der 62. Minute nach Idealvorlage von Sterling vorerst auf 4:0, ehe der Iran nach einer schnellen Kombination in den Strafraum über Ali Gholisadeh durch Taremi das 1:4 (65.) gelang. Bei England musste in der Folge Abwehrrecke Maguire offensichtlich angeschlagen vom Feld.

Treffer von Taremi (65. Minute) zum 1:4

Dem Iran gelang nach einer schnellen Kombination in den Strafraum über Ali Gholisadeh durch Taremi das 1:4 (65.).

Tore bis zum Schlusspfiff

Southgate nahm einen Vierfachtausch vor, unter anderen wurde Marcus Rashford eingewechselt. Der Stürmer von Manchester United benötigte nur 50 Sekunden, um mit seinem ersten Ballkontakt nach klugem Pass von Harry Kane den Ball überlegt von rechts zum 5:1 einzuschieben (71.). In der 89. Minute erhöhte Grealish nach Assist von Callum Wilson noch auf 6:1.

Rashford mit dem 5:1 (71. Minute)

Nur eine Minute, nachdem Rashford ins Spiel kam, traf er für die „Three Lions“ und erhöhte auf 5:1.

Claus ließ nochmals zehn Minuten nachspielen und Sardar Asmun knallte nach einem Konter (90.+8) den Ball noch einmal für den Iran an die Latte. Den Schlusspunkt setzte der Iran mit einem Elfer durch Mehdi Taremi nach VAR-Entscheid. Nach 90 plus 13 Minuten pfiff Claus endgültig ab.

Es war schließlich der Schlusspunkt hinter einer überzeugenden Leistung der Engländer, die ihre Überlegenheit in der Offensive eiskalt in Tore umsetzten. Der Iran war keineswegs so chancenlos, wie es das Ergebnis vermuten lässt, traf an diesem Tag jedoch auf fehlerlose Gegner.

Stimmen zum Spiel:

Gareth Southgate (England-Trainer): „Ich bin ein wenig verärgert nach dem Ende der Partie. Wir hatten insgesamt 24 Minuten Nachspielzeit, das ist eine lange Zeit, und wir haben die Konzentration verloren. Aber in der Höhe zu gewinnen und so zu spielen, wie wir es den Großteil der Partie gemacht haben, da müssen wir wirklich zufrieden sein. Wir haben gut ausgesehen. Ich sollte sehr glücklich sein, aber wir sollten nicht zwei solche Tore in diesen Phasen des Spiels kassieren. Es ist ein großartiger Start, aber wir müssen besser sein. Wir haben einige gute Spieler, und heute haben sie ihre Leistung gebracht.“

Carlos Queiroz (Iran-Trainer): „Meine Sicht ist einfach und sehr pragmatisch. Das Spiel war nach der ersten Halbzeit zu Ende. Das einzige Ziel danach war, das Spiel zu genießen, tapfer zu bleiben und zu versuchen, unseren Fußball zu spielen. Der Unterschied war von Beginn an da zwischen hochkompetitiven Fußball und unseren Spielern, die nicht dieselben Erfahrungen haben. Aber wir gewinnen oder wir lernen. Wir haben viel gelernt von diesem englischen Team und wir werden gegen Wales besser vorbereitet sein.“

FIFA WM 2022, Gruppe B, erster Spieltag

Montag:

England – Iran 6:2 (3:0)

al-Rajjan, Khalifa International Stadium, SR Claus (BRA)

Torfolge:
1:0 (35.) Bellingham
2:0 (43.) Saka
3:0 (45.+1) Sterling
4:0 (62.) Saka
4:1 (65.) Taremi
5:1 (71.) Rashford
6:1 (90.) Grealish
6:2 (103.) Taremi (Elfmeter)

England: Pickford – Trippier, Stones, Maguire (70. Dier), Shaw – Bellingham, Rice – Saka (70. Rashford), Mount (70. Foden), Sterling (70. Grealish) – Kane (75. Wilson)

Iran: Beiranvand (20. Hosseini) – Moharrami, Pouraligandschi, Dseschmi (46. Kanaanisadegan), Hosseini, Mohammadi (63. Torabi) – Dschahanbachsch (46. Gholisadeh), Nurollahi (77. Asmun), Karimi (46. Esatolahi), Hajsafi – Taremi

Gelbe Karten: Alireza Jahanbakhsh, Morteza Pouraliganji

Die Besten: Saka, Bellingham, Rice bzw. Taremi