Andrej Kramaric (Kroatien) gegen Ismael Kone (Kanada)
AP/Aijaz Rahi
FIFA WM 2022

Kroatien wirft Kanada aus Turnier

Kroatien hat am Sonntag Kanadas Traum vom WM-Achtelfinale beendet. Der Vizeweltmeister setzte sich im Khalifa International Stadium von al-Rajjan trotz eines Blitzrückstandes in der zweiten Minute mit 4:1 (2:1) durch. Die Kroaten übernahmen mit nun vier Punkten die Führung in Gruppe F vor Marokko. Da die Afrikaner ebenfalls bei vier Zählern halten, hat Kanada vor dem letzten Spieltag keine Chance mehr auf den Aufstieg.

Dabei begann das Spiel für die Nordamerikaner mit einem historischen Treffer verheißungsvoll. Starspieler Alphonso Davies traf nach 68 Sekunden zum 1:0 und erzielte den ersten WM-Treffer in Kanadas Fußballgeschichte. Kroatien hatte die richtige Antwort und drehte noch vor der Pause durch Treffer von Andrej Kramaric (36.) und Marko Livaja (44.) die Partie. Für den Endstand sorgten Kramaric mit seinem zweiten Treffer (70.) und Lovro Majer (94.).

Kanada, das zuletzt 1986 bei der Weltmeisterschaft spielte, verlor damit auch bei seinem fünften WM-Auftritt. Letzte Gelegenheit, doch noch den ersten Punkt einzufahren, ist am Donnerstag (16.00 Uhr) das Duell gegen Marakko, das nach dem 2:0-Sieg gegen Belgien voll im Rennen um den Einzug in die K.-o.-Phase ist. Im Parallelspiel kommt es zwischen Kroatien und Belgien zum direkten Duell um den Aufstieg. Den Kroaten würde dabei schon ein Remis reichen.

Best of Kroatien – Kanada

Kroatien geht nach Rückstand gegen Kanada am Ende noch als klarer Sieger vom Platz. Die Kroaten gewinnen mit 4:1 und führen die Tabelle der Gruppe E vor dem letzten Spiel in der Gruppenphase an.

Kanadas Traumstart mit historischem Tor

Nach der guten Leistung gegen Belgien sah Kanada-Coach John Herdman wenig Grund für Rotation. Mit Cyle Larin von Club Brügge statt Junior Hoilett gab es nur in der Offensive eine Veränderung. Bei Kroatien gab es trotz der Enttäuschung gegen Marokko auch nur eine Umstellung. Nikola Vlasic wurde durch Marko Livaja ersetzt. Die Ausgangslage vor der Partie war für die Kanadier klar, bei einer Niederlage wäre die WM für sie beendet gewesen.

Und den motivierten „Ahornblättern“ gelang wahrlich ein Traumstart ins Duell mit dem Favoriten. Nach einem weiten Abschlag von Goalie Milan Borjan kam der Ball zu Tajon Buchanan, der zur Mitte flankte. Dort stand Davies und köpfelte nach 68 Sekunden ein. Der Bayern-Legionär verbuchte das erste WM-Tor in Kanadas Fußballgeschichte. Der Grundstein für eine abwechslungsreiche Partie war damit gelegt.

Tor des kanadischen Fußballspieler Alphonso Davies
Reuters/Carl Recine
Ein historischer Moment: Starspieler Alphonso Davies erzielt Kanadas erstes Tor bei einer Weltmeisterschaft

Kroatien dreht Partie vor der Pause

So recht verdaute Kroatien den frühen Schock nicht. Der Vizeweltmeister hatte gegen die aggressiven Kanadier Probleme im Spielaufbau, spielte fehlerhaft und konnte sich keine Chance erspielen. Schon gegen Marokko hatte das Team von Coach Zlatko Dalic nur zwei Torschüsse verbucht. Erst in der 22. Minute kam Livaja nach Pass von Mateo Kovacic zu kurz. Kanada ließ sonst nicht viel zu und wechselte geschickt zwischen schnellen Gegenstößen und dichter Abwehr.

Langsam, aber sicher kam Kroatien aber auf Touren. In der 26. Minute wurde ein Treffer von Kramaric aberkannt, da Passgeber Livaja im Abseits gestanden war. Die Kroaten nahmen die Aktion zum Anlass für ihre beste Offensivphase, die zum verdienten Ausgleich führte. Ivan Perisic bediente den umtriebigen Kramaric ideal im Strafraum, und der Hoffenheim-Legionär bezwang Goalie Borjan im langen Eck (35.).

Bei Kanada blieb der Ausgleich nicht ohne Wirkung. Der Außenseiter, der schon ein wenig müde wirkte, kam überhaupt nicht mehr in die Zweikämpfe und verlor defensiv völlig die Ordnung. Kroatien nutzte das mit seiner Klasse eiskalt aus und drehte kurz vor der Pause die Partie. Juranovic spielte nach Dribbling Livaja ideal frei. Der Führende der kroatischen Liga traf von Strafraumgrenze zum 2:1-Pausenstand (45.+1).

Tor des kroatischen Spielers Marko Livaja
AP/Darko Vojinovic
Hajduk-Split-Stürmer Marko Livaja rechtfertigte seinen Einsatz in der Startelf mit dem Treffer zum 2:1

Kroatien trifft noch zweimal

Die Schlussphase der zweiten Hälfte blieb personell nicht ohne Auswirkung. Kanada-Coach John Herdman brachte mit Ismael Kone und Jonathan Osorio zwei frische Kräfte. Letzterer stellte sich gleich mit einem brandgefährlichen Weitschuss ein, der nur einen Hauch an der linken Stange vorbeiging (49.). Die Wechsel bei Kanada hatten auch Auswirkungen aufs System. Davies, der bei den Bayern eigentlich linker Verteidiger spielt, agierte nun als rechter Stürmer.

Die Partie gestaltete sich wieder ausgeglichener mit Chancen auf beiden Seiten. Nach Vorarbeit von Luka Modric scheiterte Kramaric vom Elfmeterpunkt mit einem nicht gut platzierten Schuss an Borjan (54.). Auf der Gegenseite konnte Kroatien-Goalie Dominik Livakovic einen Schuss von Jonathan David mit Fingerspitzen über die Latte drehen (56.). Kanada bekam danach große Probleme, Chancen zu kreieren, da sich die Kroaten nicht aus der Reserve locken ließen.

Offensiv gelang dem Favoriten dann die Vorentscheidung. Nach Flanke von Perisic konnte sich Kramaric in aller Ruhe den Ball annehmen und traf ins linke Eck zum Doppelpack (70.). Den Kanadiern war damit endgültig der Zahn gezogen. Die Kroaten waren dem vierten Treffer viel näher als „Les Rouges“ dem Anschlusstreffer. Den Schlusspunkt setzten zwei „Joker“. Majer traf nach Vorarbeit von Mislav Orsic zum 4:1 (94.). Für Kanada beginnt nun schon die Vorbereitung für die nächste WM. Für 2026 ist das Team als Koveranstalter fix qualifiziert.

Jubel der Kroaten nach dem Tor von Andrej Kramaric
Reuters/Marko Djurica
Nach dem schwachen Auftaktspiel durften die Kroaten über einen verdienten Sieg gegen Kanada jubeln

Stimmen zum Spiel:

Zlatko Dalic (Kroatien-Teamchef): „Wir haben gegen ein außergewöhnliches Kanada gespielt, sie waren voller Energie. Sie haben in den Anfangsminuten ein Tor geschossen, das hat ihnen viel Energie und Kraft gegeben, aber wir haben es geschafft, uns zu stabilisieren. Wir haben hier einen kleinen Schritt gemacht, aber wir sind noch weit von unserem Endziel entfernt.“

John Herdman (Kanada-Teamchef): „Ich denke, wir haben in den ersten 25 Minuten gezeigt, dass Kanada mit den Besten der Welt mithalten kann. Das 2:1 war der Wendepunkt in diesem Spiel. Wir wollten das erste kanadische Team sein, das bei einer WM weiterkommt. Nun wollen wir das erste Team sein, das ein Spiel gewinnt.“

FIFA WM 2022, Gruppe F, zweiter Spieltag

Sonntag:

Kroatien – Kanada 4:1 (2:1)

al-Rajjan, Khalifa International Stadium, 44.374 Zuschauer, SR Matonte (URU)

Torfolge:
0:1 Davies (2.)
1:1 Kramaric (36.)
2:1 Livaja (44.)
3:1 Kramaric (70.)
4:1 Majer (94.)

Kroatien: Livakovic – Juranovic, Lovren, Gvardiol, Sosa – Modric (86./Pasalic), Brozovic, Kovacic (86./Majer) – Kramaric (73. Vlasic), Livaja (60./Petkovic), Perisic (86./Orsic)

Kanada: Borjan – Johnston, Vitoria, Miller, Laryea (62./Hoilett) – Buchanan, Eustaquio (46./Kone), Hutchinson (73./Adekugbe), Davies – David (72./Cavallini), Larin (46. Osorio)

Gelbe Karten: Lovren, Modric bzw. Buchanan, Miller

Die Besten: Kramaric, Perisic, Livaja bzw. Davies