Der Trainer von Kamerun, Rigobert Song
AP/Petr Josek
FIFA WM 2022

Kamerun und Serbien im Duell gefordert

Im „Duell der Verlierer“ stehen Kamerun und Serbien im zweiten Gruppenspiel der Fußball-WM am Montag (11.00 Uhr, live in ORF1) bereits gehörig unter Druck. Die etwas bessere Ausgangsposition im Al Janoub Stadium in al-Wakra haben die Serben mit Salzburg-Kicker Strahinja Pavlovic, da zum Auftakt der Gruppe G nicht unbedingt mit einem Punkt gegen Rekordweltmeister Brasilien (0:2) zu rechnen war. Die Kameruner wollen sich nach dem knappen 0:1 gegen die Schweiz rehabilitieren.

Ein Sieg ist für die Afrikaner um Teamchef Rigobert Song fast Pflicht, da im abschließenden Gruppenspiel die Brasilianer warten. Der vollmundig geäußerte Traum vom Halbfinale ist jedenfalls in Gefahr, aber noch nicht abgeschrieben. „Wir glauben an unseren Traum“, bekräftigte Song am Sonntag. Auf die Frage, ob das Team am Montag auch um seine persönliche Zukunft spielt, wich der Coach, dessen Vertrag ausläuft, aus. „Wir stehen mit dem Rücken zur Wand. Aber abgerechnet wird nach dem Turnier“, sagte er.

Das Problem: Die Mannschaft der Kameruner ist sehr unerfahren, spielte gegen die Schweiz zwar solide, blieb aber viel zu harmlos. Auch Bayern-Stürmer Eric Maxim Choupo-Moting, der zwei gute Chancen hatte, war sonst kaum zu sehen. Für Kamerun geht es auch um die Aufbesserung der eigenen WM-Statistik. Seit Roger Milla die Afrikaner 1990 bis ins Viertelfinale geführt hatte, gewannen sie nur noch eine von 16 WM-Partien: 2002 gegen Saudi-Arabien mit Song als Kapitän und Verbandspräsidenten Samuel Eto’o als einzigen Torschützen.

Eric Maxim Choupo-Moting, Spieler von Kamerun
IMAGO/Action Plus/John Patrick Fletcher
Auch Bayern-Stürmer Eric Maxim Choupo-Moting muss sich steigern, damit Kamerun im Rennen bleibt

Song: „Ich bin ein Wunder“

Song ist sich unterdessen des Stellenwertes seiner WM-Teilnahme bewusst. „Ich bin ein Wunder“, sagte der Nationaltrainer Kameruns. Am 2. Oktober 2016 war der damals 40-Jährige in seinem Haus nahe Yaounde zusammengebrochen. Die Diagnose: Schlaganfall. Song wurde ins künstliche Koma versetzt, dann zu einer OP nach Paris ausgeflogen. Kurz vor Weihnachten meldete er sich in einem Interview mit der französischen Sportzeitung „L’Equipe“ in der Öffentlichkeit zurück. Und erklärte, er habe praktisch keine Folgeschäden.

„Ich bin wirklich von weit her zurückgekommen“, sagte der einst eisenharte Verteidiger, der bei der WM 1998 auch gegen Österreich spielte. Sein Glück sei gewesen, dass ihn ein Besucher gefunden habe. „Mein Blutdruck lag bei 25“, sagte er. „Zum Glück bin ich auf die Seite gefallen bin und meine Zunge hing heraus.“ Sein erster Gedanke sei der an Marc-Vivien Foe gewesen – seinen Mitspieler, der 2003 bei einem Länderspiel in Lyon auf dem Spielfeld starb.

FIFA WM 2022, Gruppe G

Montag, 11.00 Uhr, live in ORF1:

Kamerun – Serbien

Al-Wakra, Al Janoub Stadium, SR Hassan/VAE

Mögliche Aufstellungen:

Kamerun: Onana – Fai, Castelletto, Nkoulou, Tolo – Mbeumo, Oum Gouet, Anguissa, Hongla, Toko-Ekambi – Choupo-Moting

Serbien: V. Milinkovic-Savic – Milenkovic, Veljkovic, Pavlovic – Lazovic, Lukic, Mladenovic – Tadic, S. Milinkovic-Savic – Vlahovic, A. Mitrovic

FIFA ermittelt gegen Serbien

Bei den Serben rückte nach der Niederlage gegen Brasilien, als die Elf von Teamchef Dragan Stojkovic mehr als eine Stunde lang erfolgreich die Null gehalten hatte, das Sportliche ein wenig in den Hintergrund. Wieder einmal überlagerte ein nationalistisches Thema das Nationalteam, die FIFA ermittelt gegen den serbischen Verband wegen einer chauvinistischen Fahne, die offenbar in der Spielerkabine fotografiert wurde.

Weil darauf auch die Umrisse des Kosovo unter den serbischen Nationalfarben zu sehen sind, forderte der kosovarische Verband FFK die FIFA dazu auf, die Serben zu sanktionieren. „Die Weltmeisterschaft ist ein Ereignis der Freude und Einigkeit, sie sollte Botschaften der Hoffnung und des Friedens senden, keine Botschaften des Hasses“, hieß es in einem Tweet des Verbandes. Die Serben betrachten den Kosovo trotz der Unabhängigkeit seit 2008 weiterhin als Teil ihres Landes.

Stojkovic lehnte einen Kommentar zur Causa ab. „Nächste Frage“, sagte der Teamchef schon während einer entsprechenden Frage eines Journalisten am Sonntag mehrfach. Das Foto wurde offenbar vor dem Brasilien-Spiel in der Kabine aufgenommen. Darauf ist kein Spieler zu sehen, aber die Fahne hängt über den Trikots und Spinden von Abwehrspieler Milos Veljkovic sowie Mittelfeldspieler Andrija Zivkovic.

Auch sportliche Sorgen

Sportlich haben die Serben, die gegen die „Selecao“ in der zweiten Halbzeit überhaupt nicht mehr zur Geltung gekommen waren, ebenfalls genug Sorgen. Gegen Kamerun müssen zwingend Punkte her, und wichtige Spieler wie Filip Kostic oder 80-Millionen-Stürmer Dusan Vlahovic kämpfen um ihre Fitness. Kostic machte zuletzt wieder Einheiten mit der Mannschaft mit, so Stojkovic. „Ob er spielt, weiß ich noch nicht. Aber er ist fit.“