Ao Tanaka jubelt
Reuters/Dylan Martinez
FIFA WM 2022

Japan erobert mit Sensation Gruppensieg

Mitfavorit Spanien hat sich ins Achtelfinale der WM in Katar gezittert. Die Spanier gaben am Donnerstag im abschließenden Gruppenspiel gegen Japan eine 1:0-Pausenführung aus der Hand und verloren 1:2. Die Japaner schnappten sich damit nicht nur das Ticket für die K.-o.-Phase, sondern sensationell auch den Gruppensieg. Im Achtelfinale wartet auf sie nun Vizeweltmeister Kroatien. Die Spanier bekommen es mit Marokko zu tun.

Japan schaffte es zum ersten Mal bei zwei aufeinanderfolgenden Weltmeisterschaften ins Achtelfinale. Die Asiaten präsentierten sich vor 44.851 Zuschauern im Khalifa International Stadium in al-Rajjan nach der Pause wie ausgewechselt. Tore von Ritsu Doan (48.) und Ao Tanaka (51.) drehten die Partie. Alvaro Morata hatte die Spanier mit seinem dritten WM-Tor in Führung gebracht (11.).

Die Spanier verloren im sechsten WM-Duell mit einem asiatischen Team erstmals. Die Niederlage war aber insofern zu verkraften, als mit Marokko am Dienstag nun der vermeintlich leichtere Gegner als Kroatien wartet. Zudem entgingen die Spanier auf diese Weise wohl dem Turnierast, der ihnen ein Viertelfinal-Duell mit Rekordweltmeister Brasilien hätte bescheren können. Dieser wartet nun auf Japan.

FIFA WM 2022: Best of Japan – Spanien

Japan schafft die Sensation. Mit dem 2:1-Sieg über Spanien ziehen die Japaner als Gruppensieger in das Achtelfinale ein und werfen Deutschland aus dem Turnier.

Umstellungen in beiden Teams

Spaniens Teamchef Luis Enrique stellte seine Startelf mit dem Gruppensieg vor Augen an fünf Positionen um. Mit Cesar Azpilicueta, Pau Torres und Alejandro Balde waren drei Viertel der Viererabwehr neu. Das Mittelfeld mit Gavi, dem gelbgefährdeten Kapitän Sergio Busquets und Pedri blieb bestehen. Vorn kam Mittelstürmer Morata nach zwei „Joker“-Toren gegen Costa Rica (7:0) und Deutschland (1:1) ebenso ins Team wie Youngster Nico Williams.

Die Japaner rotierten erneut kräftig. Fünf Änderungen waren es gegenüber dem enttäuschenden 0:1 gegen Costa Rica, für das Teamchef Hajime Moriyasu nach zahlreichen Umstellungen die Schuld auf sich genommen hatte. Zu seiner Erfolgsformation vom 2:1-Auftaktsieg gegen Deutschland kehrte der Coach aber nicht zurück. Moriyasu setzte unter anderem den im Turnierverlauf bisher starken Mittelfeldmann Wataru Endo, Kapitän beim VfB Stuttgart, auf die Ersatzbank.

Spanien diktiert das Geschehen

Bis auf einen Abschlussversuch von Junya Ito ins Außennetz nach Busquets-Fehler (8.) hatten die Japaner vor der Pause wenig zu bieten. Die Spanier diktierten das Spielgeschehen, hatten in der ersten Hälfte mehr als 80 Prozent Ballbesitz und spielten nicht weniger als 550 Pässe. Einer davon – eine Flanke von Chelsea-Kapitän Azpilicueta – landete präzise auf dem Kopf von Morata, der sich nicht zweimal bitten ließ. Der Atletico-Madrid-Stürmer erzielte im 60. Länderspiel sein 30. Tor, sein drittes bei dieser WM. Der 30-Jährige hat damit als erst zweiter Spanier nach Telmo Zarra 1950 in den ersten drei Spielen einer WM getroffen.

Alvaro Morata trifft zum 0:1
Reuters/Susana Vera
Alvaro Morata brachte Spanien programmgemäß und verdient in Führung

Morata prüfte noch einmal Japans Schlussmann Shuichi Gonda (23.), ansonsten münzten die Spanier ihre klare Überlegenheit nicht in Torchancen um. Das rächte sich nach der Pause, als sich die Japaner für ihr nun deutlich aggressiveres Pressing belohnten. Spaniens Torhüter Unai Simon wurde zu einem schlechten Abspiel gezwungen, das einen Ballverlust von Balde nach sich zog. Doan traf wie schon gegen Deutschland nur wenige Minuten nach seiner Einwechslung. Der Schuss des Freiburg-Legionärs wäre für Simon aber haltbar gewesen.

Ritsu Doan trifft zum 1:1
Reuters/Jennifer Lorenzini
Mit einem strammen Schuss sorgte Ritsu Doan für den japanischen Ausgleich

Spanien war kurzfristig ausgeschieden

Dem nicht genug: Die Japaner legten nach. Tanaka wuchtete den Ball aus kurzer Distanz ins Tor. Der Ball schien beim Zuspiel von Kaoru Mitoma von hinter der Torlinie zu kommen. Nach zweiminütigem Studium der Bilder gab der VAR den Treffer allerdings. Virtuell war Spanien für einige Minuten sogar aus dem Turnier ausgeschieden, weil Deutschland zwischenzeitlich gegen Costa Rica zurücklag. Da die Deutschen aber die Partie noch drehten, stieg Spanien auf.

Dem Weltmeister von 2010 fehlte aber gegen Japan die Durchschlagskraft. Auch wenn man sich wie vor der Pause in des Gegners Hälfte festsetzte – die gut stehende Abwehrreihe der Japaner war nicht mehr zu knacken. Am Nächsten kam noch Dani Olmo einem Treffer, Gonda packte aber sicher zu (90.). Die Japaner werden nun am Montag in ihrem vierten WM-Achtelfinale nach 2002, 2010 und 2018 gegen Kroatien versuchen, erstmals noch eine Runde weiter zu kommen. Zuzutrauen ist es ihnen nach Überraschungssiegen gegen Deutschland und Spanien – jeweils nach Rückstand – allemal.

Stimmen zum Spiel:

Hajime Moriyasu (Japan-Teamchef): „Wir haben gegen Spanien gespielt, eines der besten Teams der Welt. Wir haben vor dem Spiel gewusst, dass es sehr hart und schwierig wird, und so war es auch. Die Spieler haben ein Tor kassiert, aber sie sind hartnäckig geblieben und haben es unter sehr schwierigen Umständen sehr gut gemacht. Wir schenken diesen Sieg den Menschen Japans – und wir sind sehr glücklich darüber.“

Ao Tanaka (Japan-Torschütze): „Jeder spricht von einem Wunder, aber das sehe ich nicht so. Wir sind immer aggressiver geworden. Ich hatte das Gefühl, dass Spanien nach Deutschlands 3:2 nicht mehr so angegriffen hat. Wir waren noch nie im Viertelfinale, das wollen wir jetzt schaffen.“

Luis Enrique (Spanien-Teamchef): "Es ist nichts passiert. Wir haben fünf Minuten völlig die Kontrolle verloren, Panik inklusive. Das ist eine WM, und wenn ein Team wie Japan nichts zu verlieren hat, passiert das, was passiert ist, dass sie uns wie Flugzeuge überholen. Wenn sie ein drittes Tor gebraucht hätten, hätten sie uns auch noch ein drittes geschossen. Wir waren weit von dem entfernt, was ich mir vorstelle.

Die Situation war erst unter Kontrolle, als Japan entschieden hat, dass sie sich wieder hinten einsperren. Sie hatten das, was sie wollten, und wir haben es bestmöglich versucht zu managen. Es stört mich, weil ich gerne als Gruppensieger aufgestiegen wäre. Dieses Spiel muss als Warnung dienen. Wir müssen ein bisschen mehr Durchschlagskraft zeigen."

Alvaro Morata (Spanien-Torschütze): „Wir sind aufgestiegen, das ist das Entscheidende. Wir haben ein schlechtes Spiel gezeigt, aber wir müssen weiter Vertrauen haben. Wenn man anderen Teams sagen würde, dass sie so aufsteigen können, würden sie das unterschreiben. Es kann aber nicht noch einmal passieren, weil dann fahren wir nach Hause.“

Cesar Azpilicueta (Spanien-Verteidiger): „Wir geben immer alles. Wir gehen immer raus, um zu gewinnen. Manchmal wurden wir bestraft. Wir sind enttäuscht über die Niederlage.“

FIFA WM 2022, Gruppe E, dritter Spieltag

Donnerstag:

Japan – Spanien 2:1 (0:1)

Al-Rajjan, Khalifa International Stadium, 44.851 Zuschauer, SR Victor Gomes (RSA)

Torfolge:
0:1 Morata (11.)
1:1 Doan (48.)
2:1 Tanaka (51.)

Japan: Gonda – J. Ito, Itakura, Yoshida, Taniguchi, Nagatomo (46./Mitoma) – Kubo (46./Doan), Tanaka (87./Endo), Morita, Kamada (69./Tomiyasu) – Maeda (62./Asano)

Spanien: Simon – Azpilicueta (46./Carvajal), Rodri, P. Torres, Balde (68./Alba) – Gavi (68./Fati), Busquets, Pedri – Williams (57./F. Torres), Morata (57./Asensio), Olmo

Gelbe Karten: Itakura, Taniguchi, Yoshida bzw. keine

Die Besten: Doan, Morita bzw. Morata