Mbappe war nach dem Ende des Elfmeterdramas, das Argentinien mit 4:2 für sich entschied, fast untröstlich. Minutenlang stand der 23-Jährige nach dem Elfmeterschießen frustriert auf dem Rasen. Später setzte er sich auf die Ersatzbank, das Trikot über das Gesicht gezogen, um die feiernden Argentinier um Lionel Messi nicht sehen zu müssen. Die Trophäe für den besten Torschützen der WM in Katar mit acht Treffern, die er mit ausdrucksloser Miene entgegennahm, dürfte an diesem Abend nur ein schwacher Trost gewesen sein.
„Er wollte dieser Weltmeisterschaft seinen Stempel aufdrücken. Das hat er getan, aber nicht so sehr, wie er wollte“, sagte Teamchef Didier Deschamps. Die eindrucksvolle Leistung des Superstars im Endspiel blieb am Ende unbelohnt. Als erst zweiter Spieler nach dem Engländer Hurst, der die „Three Lions“ 1966 mit drei Toren zum 4:2-Sieg in der Verlängerung gegen Deutschland und zum Titel schoss, erzielte Mbappe in einem Finale drei Tore. Mit einem Doppelpack in knapp über 90 Sekunden stellte er von 0:2 aus 2:2 aus französischer Sicht. Auch in der Verlängerung besorgte der Jungstar vom Elfmeterpunkt den Ausgleich.
Frankreich nach Finalniederlage geknickt
Das französische Nationalteam hat sich im WM-Finale Argentinien im Elfmeterschießen beugen müssen. Die Stimmung nach der Niederlage ist dementsprechend auf dem Tiefpunkt.
Pele gratuliert, Macron tröstet
Mit vier Toren in WM-Endspielen hält er nun einen Rekord. Sogar von der Fußballikone Pele, dem einzigen Spieler mit drei WM-Titeln, gab es Trost. „Mein lieber Freund, vier Tore in Endspielen. Was für ein Geschenk es war, dieses Spektakel anzuschauen“, schrieb er auf Instagram. „Mbappe hat es nicht wie Pele gemacht“, schrieb Radio France International mit Blick auf Brasiliens zwei WM-Triumphe 1958 und 1962. „Aber die Zukunft gehört ihm.“ Und auch die nächsten Rekorde sind bereits in Reichweite: Mit seinen nun insgesamt zwölf WM-Toren liegt Mbappe nur einen Treffer hinter Frankreichs WM-Rekordtorschützen Just Fontaine, die Bestmarke von Miroslav Klose mit 16 Treffern ist auch greifbar.
Trotzdem musste Mbappe bei der Siegerehrung sogar von Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron getröstet werden, der anders als vor vier Jahren diesmal nur zur Silbermedaille gratulieren konnte. „Ich habe ihm gesagt, dass er erst 23 Jahre alt ist, er war Torschützenkönig dieser Weltmeisterschaft, er ist ein außergewöhnlicher Spieler. Er hat uns sehr stolz gemacht“, gab Macron später preis, was er Mbappe ins Ohr geflüstert hatte. Laut Teamchef Deschamps hatte sein Stürmer dafür gesorgt, dass das Finale am Ende ein denkwürdiges wurde: „Kylian hat wirklich seine Fußstapfen hinterlassen.“
Argentinien ist Fußballweltmeister
Der Weltmeister im Fußball heißt zum dritten Mal Argentinien. Die Südamerikaner setzten sich am Sonntag nach einem packenden Finale gegen Frankreich im Elfmeterschießen durch. In der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires wird ausgelassen gefeiert.
Frankreich wacht spät auf
Dabei war Mbappe bis zu seinem Elfmetertor zum 1:2-Anschlusstreffer lange Zeit abgemeldet. Argentinien dominierte die Partie über weite Strecken und lag bis zur 80. Minute sicher mit 2:0 in Führung. Das Auftreten nicht nur Mbappes, sondern der gesamten „Equipe Tricolore“ bis dahin war einem Finale nicht würdig. Die Auswechslungen des vierfachen Turniertorschützen Olivier Giroud und Ousmane Dembele bereits vor der Pause sprachen Bände. „Ich konnte nicht bis zur Halbzeit abwarten“, sagte Deschamps.
Zu Beginn des zweiten Spielabschnitts wirkte es so, als würden die Wechsel keine Wende herbeiführen können. Laut Kapitän Hugo Lloris sei der Glaube trotz des Rückstandes aber immer da gewesen. Mbappe setzte den Glauben schließlich im Stile eines Superstars in die Tat um. Per Doppelpack stellte der 23-Jährige in nicht einmal zwei Minuten die Verlängerung sicher, in dieser führte er mit einem weiteren Treffer das Elfmeterschießen herbei. Am Ende reichte der Triplepack aber trotzdem nicht zum dritten Titel nach 1998 und 2018.
Für Deschamps schmerzte die Niederlage aufgrund des Comebacks umso mehr. „Wir sind vom Abgrund zurückgekommen, das ist es, warum wir das Ende so bedauern“, sagte Frankreichs Nationaltrainer, der vor allem in der ersten Halbzeit die fehlende Energie seiner Mannschaft beklagte. Bis zur Pause habe man gegen eine Mannschaft gespielt, die „ein WM-Finale bestritten hat, und ich hatte das Gefühl, dass das bei uns nicht der Fall ist“, resümierte Deschamps. Über seine Zukunft klärte er am Rande des Endspiels nicht auf. „Ich habe Anfang des Jahres ein Treffen mit meinem Präsidenten. Dann werden wir es wissen.“
Equipe mit Potenzial
Unabhängig von seiner Person gab sich Deschamps optimistisch. „Frankreich hat großartiges Potenzial“, sagte der Teamchef. Mbappe wird am Dienstag erst 24 Jahre alt, auch andere Stammspieler wie Dayot Upamecano (24), Aurelien Tchouameni (22) und Jules Kounde (24) sind noch jung. Und im Laufe des Finales halfen Randal Kolo Muani (24), Marcus Thuram (25) und Kingsley Coman (26) als „Joker“ mit, zwei Rückstände aufzuholen und Argentinien ins Elfmeterschießen zu zwingen.
Am Montagabend wird es für die „Equipe Tricolore“ statt einer Parade auf der Champs-Elysees eine kleine Veranstaltung auf dem Place de la Concorde geben. „Sie wollen ihren Fans danken. Sie haben diesen Ort zusammen mit dem französischen Fußballverband ausgewählt“, sagte Sportministerin Amelie Oudea-Castera. „Sie werden erschöpft sein, noch gezeichnet von dieser Enttäuschung“, so die Politikerin.