Laura Wienroither und Lauren Hemp
IMAGO/Shutterstock/Phil Oldham
Jahresrückblick

Frauen-Fußball blickt auf Rekordjahr zurück

Der Frauen-Fußball hat 2022 neue Maßstäbe gesetzt. Es gab neue Zuschauerrekorde, und die Europameisterschaft in England überzeugte auf ganzer Linie. Auch das österreichische Nationalteam wuchs bei der EM wieder über sich hinaus, verpasste danach allerdings die erstmalige WM-Qualifikation. St. Pöltens erstmalige Teilnahme an der Gruppenphase der Champions League war ein nächster Schritt – wie die Einstiege von Rapid und Salzburg.

91.648 Zuschauerinnen und Zuschauer haben sich am 22. April dieses Jahres im legendären Camp Nou in Barcelona versammelt, um dem 5:1-Heimsieg des hiesigen FC gegen VfL Wolfsburg im Halbfinale der Champions League beizuwohnen. Nie haben mehr Menschen ein Frauen-Fußballspiel gesehen. Bereits einen Monat zuvor hatte man gegen Rivale Real Madrid mit 91.553 eine neue Bestmarke aufgestellt.

Österreichs Nationalteam durfte die Europameisterschaft gegen die Gastgeberinnen vor der damaligen EM-Rekordkulisse (68.871) eröffnen, beim Endspiel zwischen England und Deutschland kamen drei Wochen später noch mehr (87.192) ins Wembley-Stadion. Überhaupt war die EM im Mutterland des Fußballs ein voller Erfolg. Auch für Österreich, das wieder den Sprung ins Viertelfinale schaffte und sich in Brentford Deutschland in einem knappen Spiel 0:2 geschlagen geben musste. Im Finale hielten die „Lionesses“ mit einem 2:1-Sieg dem Druck stand.

Blick ins Camp Nou
Reuters/Albert Gea
91.648 Zuschauerinnen und Zuschauer sorgten für einen Rekord im Frauen-Fußball

Am Ende kamen 574.875 Menschen in die Stadien, die bisherige Bestmarke der EM 2017 (240.055) in den Niederlanden wurde mehr als verdoppelt. Daneben gab es einige sportliche Rekorde zu vermelden, unter anderem dass England mit 22 Treffern die meisten bei einer Endrunde erzielte. Das lag vor allem am unerwarteten 8:0 gegen Norwegen, das auch medial für Aufsehen sorgte. Die Berichterstattung erreichte ebenso ein neues Level, egal ob in England, Deutschland oder auch Österreich lachten die Spielerinnen von diversen Covern.

EM der Rekorde in England

„Dieses Turnier hat so viel gemacht für den Frauen-Fußball, aber auch für die Gesellschaft und Frauen in der Gesellschaft in England, ich denke aber auch in Europa und auf der ganzen Welt“, meinte Sarina Wiegman, die nach den Niederlanden auch England auf den Thron führte. Auch Martina Voss-Tecklenburg hinterließ mit ihrem deutschen Team einen sehr guten Eindruck, der zu neuen Zuschauerrekorden in der Bundesliga führte.

Giulia Gwinn und Chloe Kelly
Reuters/Dylan Martinez
Die EM-Endrunde 2022 überzeugte sportlich und auch vom Rahmen

Aus österreichischer Sicht stimmt die Entwicklung, wenngleich das 0:1 gegen Schottland ein Dämpfer war, ließ die Niederlage im Herbst doch den WM-Traum platzen. Auch bei der Endrunde 2023 in Australien und Neuseeland wird ein österreichisches Team einmal mehr fehlen.

„Herausragendes Jahr“ mit Schönheitsfehler

„Summa summarum können wir von einem sehr herausragenden Jahr sprechen, vor allem mit Blick auf das Auftreten bei der EM, aber mit einem gefühlt schon großen Schönheitsfehler im Oktober durch das Ausscheiden gegen Schottland“, sagte Teamchefin Irene Fuhrmann bei ihrer Jahresbilanz. Das Positive überwiege, so auch die Leistung im EM-Viertelfinale gegen Deutschland. „Wir haben da ein Spiel geliefert, wo nicht nur die Technischen Beobachter der UEFA, sondern auch viele Trainerkollegen beeindruckt waren. Die Leistung ist hervorzuheben, auch wenn es nicht gelungen ist, den großen Coup zu schaffen.“

ÖFB-Spielerinnen in Manchester
GEPA/Michael Zemanek
Karrierehighlight: Österreichs Nationalteam eröffnete in Old Trafford die EM in England

In Tests wurden mit der Schweiz (3:0), Belgien (1:0) und zuletzt Italien (1:0) im Ranking besser klassierte Teams bezwungen, bei der EM gab es im letzten Gruppenspiel ein 1:0 gegen Norwegen. Nach dem EM-Halbfinale 2017 beim Debüt gleich wieder die K.-o.-Phase zu erreichen sei enorm wichtig gewesen. „Der Druck, nach 2017 Ähnliches wieder zu schaffen, war groß. Dass wir es in dieser schwierigen Gruppe geschafft haben, hat eine hohe Wertigkeit“, blickte Fuhrmann zurück.

Neuer Bewerb und Einstiege von Rapid und Salzburg

Im Herbst 2023 startet die neue Nations League, wo die ÖFB-Truppe auf höchster Ebene mitspielt. Auch wenn man sich nun noch mehr anstrengen müsse, um Endrundentickets zu ergattern, sei die Einführung zu befürworten. „Es war ein notwendiger Schritt. Für die Vermarktung und Spannung macht es extrem Sinn“, sagte Fuhrmann.

Auch in der österreichischen Liga hat sich etwas getan: Mit St. Pölten schaffte es der Serienmeister erstmals in die Gruppenphase der Champions League, wo zwar auch Lehrgeld bezahlt werden musste, allerdings auch vier Punkte eingefahren werden konnten. Und mit Rapid und Salzburg gaben die zwei letzten Größen im Herren-Fußball bekannt, ab 2023 bzw. 2024 in den Frauen-Fußball einzusteigen.