Dartspieler Gabriel Clemens
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Darts-WM

Deutscher „Riese“ erobert den Palace

Die 30. Ausgabe der Weltmeisterschaft der Professional Darts Corporation (PDC) im Londoner Alexandra Palace hat vor allem in den deutschen Sportstatistiken einen besonderen Platz. Denn Gabriel Clemens stieß am Sonntagabend nicht nur den Weltranglistenersten Gerwyn Price von der Spitze und kämpft nun am Montag um einen Finalplatz. Der „German Giant“ ließ sich auf seinem Weg in die Runde der besten vier bisher durch nichts aus der Ruhe bringen – auch nicht von einer skurrilen Kopfhöreraktion des Ex-Weltmeisters Price.

„Ich kann das gar nicht in Worte fassen, wahrscheinlich realisiere ich es erst nachts. Ich bin megahappy und habe ein gutes Spiel gemacht“, sagte der 39-jährige Clemens, nachdem er Price mit 5:1 aus dem Turnier geworfen hatte. Im Halbfinale bekommt es der deutsche Sensationsmann, der als Nummer 25 gesetzt ist, mit dem Weltranglistenvierten und zweifachen WM-Finalisten Michael Smith aus England zu tun.

Clemens hatte sich im Viertelfinale auch nicht von einer unerwarteten Aktion von Price aus dem Tritt bringen lassen. Denn der ehemalige Rugbyprofi aus Wales, der diesmal seinem Spitznamen „Iceman“ nicht einmal ansatzweise gerecht wurde, erschien beim Stand von 1:3-Sätzen aus seiner Sicht mit großen Kopfhörern auf der Bühne. Price, der vor allem bei den englischen Fans immer wieder aneckt und daher Zielscheibe von Buhrufen ist, versuchte so nicht nur den Lärm im „Ally Pally“ auszublenden, sondern auch Clemens aus der Bahn zu werfen.

Dartspieler Gerwyn Price mit Kopfhörer
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Price überraschte zur Mitte des Spiels mit einem Gehörschutz

Doch der groß gewachsene „Riese“ aus dem Saarland blieb im Gegensatz zu Price cool. 99,94 Punkte spielte die deutsche Nummer eins im Durchschnitt pro Aufnahme und agierte auch bei den Würfen auf die Doppelfelder souverän. „Ich habe mir das schon zugetraut. Aber ich habe gewusst, dass es schwer wird. Ich musste mein Toplevel spielen“, sagte Clemens, der Price im fünften Anlauf erstmals besiegte. Im Halbfinale gegen „Bully Boy“ Smith hofft der Deutsche auf eine Wiederholung – auch dank der Unterstützung aus dem Publikum: „Ich gehe davon aus, dass er (der Alexandra Palace, Anm.) wieder von den deutschen Fans belagert ist. Der ‚Ally Pally‘ ist deutsch, definitiv.“

Price verwirrt mit Posting

Für Price endete die Jagd nach seinem zweiten Titel nach jenem bei der WM 2021 hingegen mit einer Enttäuschung. Und so wie schon im Vorjahr, als der Waliser nach seinem Aus in sozialen Netzwerken mit dem Wort „Cheats“ (Betrüger) auf einen störenden Fan reagiert hatte, sorgte der Ex-Weltranglistenerste auch nach seiner Niederlage gegen Clemens mit einem kryptischen Posting für Aufregung. „Ich bin nicht sicher, ob ich jemals wieder bei einer WM spiele“, schrieb der 37-Jährige kurz nach dem Match – und löschte die Nachricht nicht nur wenig später wieder, sondern leerte auch sein gesamtes Instagram-Profil, inklusive Profilbild.

Die Zukunft des ehemaligen Rugbyspielers scheint also offen, genauso wie die Frage nach dem neuen Weltmeister. Der kommt eben entweder erstmals aus Deutschland (Clemens) oder England (Smith) oder aber aus Belgien oder den Niederlanden. Denn im zweiten Halbfinale am Montag stehen sich der niederländische Favorit und dreifache Weltmeister Michael van Gerwen und Dimitri van den Bergh aus Belgien gegenüber.

Darts-WM 2023 in London

Halbfinale ("Best of eleven"-Sätze):
Michael Smith (ENG/4) Gabriel Clemens (GER/25) 6:2
Michael van Gerwen (NED/3) Dimitri Van den Bergh (BEL/15) 6:0
Viertelfinale ("Best of nine"-Sätze):
Gabriel Clemens (GER/25) Gerwyn Price (WAL/1) 5:1
Michael Smith (ENG/4) Stephen Bunting (ENG/21) 5:3
Dimitri Van den Bergh (BEL/15) Jonny Clayton (WAL/7) 5:3
Michael van Gerwen (NED/3) Chris Dobey (ENG/22) 5:0
Achtelfinale ("Best of seven"-Sätze):
Gerwyn Price (WAL/1) Jose de Sousa (POR/17) 4:1
Gabriel Clemens (GER/25) Alan Soutar (SCO) 4:1
Michael Smith (ENG/4) Joe Cullen (ENG/13) 4:1
Stephen Bunting (ENG/21) Luke Humphries (ENG/5) 4:1
Dimitri Van den Bergh (BEL/15) Kim Huybrechts (BEL/31) 4:0
Jonny Clayton (WAL/7) Josh Rock (NIR) 4:3
Michael van Gerwen (NED/3) Dirk van Duijvenbode (NED/14) 4:1
Chris Dobey (ENG/22) Rob Cross (ENG/6) 4:2
Dritte Runde ("Best of seven"-Sätze):
Gerwyn Price (WAL/1) Raymond van Barneveld (NED/32) 4:0
Jose de Sousa (POR/17) Ryan Searle (ENG/16) 4:3
Gabriel Clemens (GER/25) Jim Williams (WAL) 4:3
Alan Soutar (SCO) Danny Noppert (NED/9) 4:2
Michael Smith (ENG/4) Martin Schindler (GER/29) 4:3
Joe Cullen (ENG/13) Damon Heta (AUS/20) 4:0
Luke Humphries (ENG/5) Vincent van der Voort (NED/28) 4:3
Stephen Bunting (ENG/21) Dave Chisnall (ENG/12) 4:2
Kim Huybrechts (BEL/31) Peter Wright (SCO/2) 4:1
Dimitri Van den Bergh (BEL/15) Krzysztof Ratajski (POL/18) 4:1
Jonny Clayton (WAL/7) Brendan Dolan (NIR/26) 4:1
Josh Rock (NIR) Nathan Aspinall (ENG/10) 4:3
Michael van Gerwen (NED/3) Mensur Suljovic (AUT/30) 4:2
Dirk van Duijvenbode (NED/14) Ross Smith (ENG/19) 4:3
Rob Cross (ENG/6) Mervyn King (ENG/27) 4:1
Chris Dobey (ENG/22) Gary Anderson (SCO/11) 4:1