Philadelphia Eagles und New York Giants Spieler
AP/Chris Szagola
NFL

„Osten“ drückt Play-off Stempel auf

Acht Teams sind in der National Football League (NFL) nur noch zwei Siege von der 57. Ausgabe der Super Bowl entfernt. Die Chancen, dass am 12. Februar in Glendale im US-Bundesstaat Arizona die National Football Conference (NFC) aus dem „Osten“ vertreten wird, stehen hoch. Denn mit den Philadelphia Eagles, Dallas Cowboys und New York Giants stellt die NFC East gleich drei Teams in den Divisional Play-offs – und das nur zwei Jahre, nachdem in der Division mehr Niederlagen als Siege zu Platz eins gereicht hatten.

Philadelphia steigt so wie die Kansas City Chiefs in der American Football Conference (AFC) als an Nummer eins gesetztes Team der NFC erst in der Divisional-Runde – vergleichbar mit einem Viertelfinale – ein. Doch während in der AFC aus jeder Division je ein Team noch vertreten ist, sind in der NFC die San Francisco 49ers aus der Western Division das einzige Team, das eine Finalteilnahme einer Mannschaft aus der NFC East verhindern kann.

Dass gleich drei Teams aus einer Division zu diesem Zeitpunkt der Saison noch im Rennen um den Titel ist, hat Seltenheitswert. Seit der Neuordnung der Divisionen in acht Stück zu vier Teams 2002 war das bis dato noch nie der Fall. Davor schafften es zuletzt 1997 drei Teams der damaligen NFC Central – Green Bay, Minnesota und Tampa Bay – unter die Top Vier ihrer Conference. Ein reines Division-Duell um den Platz in der Super Bowl gab es damals aber nicht, da San Francisco zum Spielverderber wurde – und es hat auch heuer als Gegner der Dallas Cowboys wieder die Chance dazu.

Dass es aber ausgerechnet die NFC East nun erstmals mit drei Mannschaften in die Divisional Play-offs geschafft hat, passt zum Image der Division, die 1967 als NFL Capitol Division – eine Hommage an die US-Hauptstadt Washington D.C. und die „Geburtsstadt“ Philadelphia – gegründet wurde. Mit insgesamt 13 Super-Bowl-Siegen und 21 Finalteilnahmen ist die NFC East die erfolgreichste Division der Liga. Dazu ist die Division auch die wertvollste: Alle vier Teams, angefangen mit den aus historischen Gründen im Osten verbliebenen Dallas Cowboys, sind regelmäßig in den Top Ten der Sportteams mit dem höchsten Marktwert zu finden.

Aus der Krise an die Spitze

Vor zwei Jahren stand der sportliche Erfolg allerdings noch im krassen Gegensatz zur finanziellen Potenz. Denn in der von der Coronavirus-Pandemie geprägten Saison 2020/21 war die NFC East zwar wie immer ausgeglichen – aber ausgeglichen schlecht. Dem Washington Football Team, wie die aktuellen Commanders nach dem Aus des Namens Redskins zwischenzeitlich hießen, genügte eine negative Bilanz von sieben Siegen und neun Niederlagen, um sich den Divisionssieg und damit ein Play-off-Heimspiel zu sichern. Das ging gegen den späteren Champion Tampa Bay Buccaneers allerdings klar 23:31 verloren.

Doch der Wind hat sich seit damals gehörig gedreht. Heuer fegte ein spürbarer Ostwind durch die NFC, und beinahe hätte die Eastern Divison gleich vier Play-off-Teilnehmer gestellt. Den Washington Commanders fehlte mit einer Bilanz von acht Siegen, acht Niederlagen und einem Remis am Ende nur ein Erfolg, um sich doch noch das Ticket für das Play-off zu sichern. Das größte Manko der Commanders war im Vergleich zu ihren drei Konkurrenten letztendlich die Quarterback-Position, wie ein Blick auf Eagles, Cowboys und Giants zeigt.

Philadelphia – die Überflieger

Mit den Philadelphia Eagles als Nummer eins der Conference hatten vor der Saison wohl nur die eingefleischten Fans gerechnet. Ausschlaggebend waren einerseits eine bärenstarke Defensive, die mit 70 Quarterback-Sacks als Nummer drei in der ewigen Statistik der NFL-Grunddurchgänge aufscheint, und andererseits Quarterback Jalen Hurts. Der 24-jährige Texaner warf nicht nur 22 Touchdown-Pässe, sondern lief auch 13-mal selbst in die Endzone – nur Detroits etatmäßiger „Läufer“ Jamal Williams schaffte es mit 17-mal öfter.

Jalen Hurts und A.J. Brown machen Selfie
Reuters/USA Today Sports/Bill Streicher
Philadelphias Erfolg auf einem Blick: Quarterback Hurts (l.) und sein Starreceiver A.J. Brown

Entsprechend groß ist auch der Respekt, den sich Hurts in seinem dritten Jahr erarbeitet hat. „Er kann dich auf verschiedene Art und Weise schlagen“, sagte etwa Wink Martindale, der Defensive Coordinator des Erzrivalen New York Giants, gegen den Philadelphia heuer in beiden Duellen klar die Oberhand behielte und der auch im Divisional Play-off wartet. Im letzten Aufeinandertreffen am 8. Jänner war Hurts bei seinem Comeback nach zwei Spielen Verletzungspause nicht aufzuhalten. „Er schlägt dich mit den Beinen, mit seinem Arm und sogar mit einer kaputten Schulter“, sagte Martindale, „nur wenige Quarterbacks können das.“

Dazu fand man auf dem Transfermarkt das letzte Puzzlestück zum Glück. Mit A. J. Brown angelte sich Philadelphia den perfekten Passempfänger für Hurts. Der Topkandidat auf die Auszeichnung zum „Wertvollsten Spieler“ (MVP) warf zehn seiner 22 Touchdown-Pässe auf den von den Tennessee Titans losgeeisten 25-Jährigen. Nur Davante Adams von den Las Vegas Raiders und Tightend Travis Kelce (Kansas City Chiefs) fingen mit 14 bzw. 12 Touchdown-Pässen heuer mehr als Brown, der insgesamt elfmal zur Stelle war.

New York Giants – die Riesenüberraschung

Auch wenn die Giants mit einer Bilanz von neun Siegen und sieben Niederlagen nur die Nummer drei in der Division waren, war „Big Blue“ dennoch eine der großen Überraschungen. Vor einem Jahr beendeten die Giants die Saison noch mit einer katastrophalen Bilanz von vier Siegen und 13 Pleiten. Eine „winning season“ hatte der vierfache Super-Bowl-Sieger, bei dem auch der Tiroler Sandro Platzgummer im Trainingskader steht, überhaupt zuletzt 2016.

Daniel Jones (New York Giants)
Reuters/USA Today Sports/Matt Krohn
Daniel Jones (l.) und seine Giants waren eine der großen Überraschungen der aktuellen Saison

Doch dann übernahm Brian Daboll das Ruder, und mit einem Schlag war alles anders. Der in Kanada geborene, in Buffalo aufgewachsene und bei den Buffalo Bills als Offensive Coordinator erfolgreiche Daboll hauchte den kriselnden New Yorker „Riesen“ wieder Leben ein und führte das Team erstmals seit sieben Jahren wieder ins Play-off. Der souveräne 31:24-Erfolg bei den Minnesota Vikings in der Wild-Card-Runde war der erste im Play-off seit Februar 2012 – damals gewannen die Giants angeführt von Quarterback Eli Manning die Super Bowl.

Gerade Mannings Nachfolger Daniel Jones ist neben Runningback Saquon Barkley zur wichtigen Säule des blauen Erfolgsmodells gereift. Der 25-Jährige wurde unter Dabolls Führung nicht nur seinem Spitznamen „Danny Dimes“ mit präzisen Würfen gerecht, sondern stand auch im Laufspiel einem Jalen Hurts um nichts nach. Gegen die Vikings war Jones der erste Quarterback der NFL-Geschichte, der in einem Play-off-Spiel im Passspiel mehr als 300 Yards Raumgewinn erzielte, zwei Touchdown-Pässe warf und mehr als 70 Yards im Laufspiel erzielte. „Er ist ein spezieller Spieler“, lobte auch Superstar Barkley seinen Spielmacher.

Dallas Cowboys – Der Stern strahlt wieder

Der fünffache Super-Bowl-Sieger, der mit einem Sieg im ewig jungen Schlager bei den San Francisco 49ers für ein reines NFC-East-Duell um einen Platz in der Super Bowl sorgen könnte, bestätigte mit der Wiederholung seiner Vorjahresbilanz von zwölf Siegen und nur fünf Niederlagen, dass der sportliche Stern von Texas wieder hell am Firmament strahlt. In der Wild-Card-Runde beendete das mit Abstand westlichste Team der Ostdivision mit einer souveränen Vorstellung wohl die Ära von Tom Brady bei den Tampa Bay Buccaneers – und womöglich endgültig dessen Karriere.

Dak Prescott (Dallas Cowboys)
Reuters/USA Today Sports/Kim Klement
Prescott (r.) führte die Cowboys fast im Alleingang zum Sieg über die Tampa Bay Buccaneers

Hauptverantwortlich für den klaren Sieg in Tampa war Quarterback Dak Prescott, der sich mit vier Touchdown-Pässen und einem erlaufenen Touchdown zum Matchwinner aufschwang. Daher konnte sich Kicker Brett Maher auch leisten, mit vier vergebenen Extrapunkten in Folge für eine wenig schmeichelhafte Bestmarke zu sorgen. Gegen die 49ers, die über die beste Defense der Saison verfügen, zählt aber jeder Punkt, wenn man sich aus Cowboys-Sicht für die letztjährige Niederlage im Play-off revanchieren will.

Dass die Cowboys überhaupt in der Position sind, sich ein rekordverdächtiges neuntes Mal mit San Francisco in der K.-o.-Runde zu duellieren, liegt nicht nur an Prescott, sondern auch an dessen Stellvertreter Cooper Rush. Der 29-Jährige musste zu Beginn der Saison einspringen, nachdem Prescott mit einer im ersten Saisonspiel erlittenen Daumenverletzung auf Eis gelegen war. Rush, der in den Jahren davor maximal im Training den Sparringpartner geben durfte, gewann vier von fünf Spielen und legte damit den Grundstein für eine erfolgreiche Saison.

National Football League

Super Bowl LVII in Glendale/Arizona:
Kansas City Chiefs Philadelphia Eagles 38:35
Conference Championships:
Philadelphia Eagles San Francisco 49ers 31:7
Kansas City Chiefs Cincinnati Bengals 23:20
Divisional Round:
Kansas City Chiefs Jacksonville Jaguars 27:20
Philadelphia Eagles New York Giants 38:7
Buffalo Bills Cincinnati Bengals 10:27
San Francisco 49ers Dallas Cowboys 19:12
Wildcard-Weekend:
San Francisco 49ers Seattle Seahawks 41:23
Jacksonville Jaguars Los Angeles Chargers 31:30
Buffalo Bills Miami Dolphins 34:31
Minnesota Vikings New York Giants 24:31
Cincinnati Bengals Baltimore Ravens 24:17
Tampa Bay Buccaneers Dallas Cowboys 14:31