Hans Krankl im Trikot von Barcelona am 24. April 1981
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Fußball

Krankl schwelgt zum 70er in Erinnerungen

Am Dienstag feiert mit Hans Krankl eine österreichische Fußballikone ihren 70. Geburtstag. Selbst ist dem legendären Stürmer der Runde auf gut Wienerisch „wurscht“, er feiert ihn auch nur im kleinen familiären Kreis. Dafür lässt ihn die Öffentlichkeit hochleben. Sein heimischer Herzensclub Rapid veranstaltet „einen Abend für Hans Krankl“, mit seiner Band Monti Beton gibt es ein „Best-of zum 70er“. Zudem schwelgt der „Goleador“ in Interviews in seinen fußballerischen Erinnerungen, so auch am Donnerstag (20.15 Uhr) in ORF1.

„Es ist wirklich schön, dass sich so viele für meinen 70er interessieren. Ich persönlich nehme ihn mehr zur Kenntnis. Aber die irrsinnige Nachfrage freut mich sehr“, erklärte Krankl im ORF-Interview. Es war freilich nicht die einzige Anfrage in den vergangenen Tagen, Wochen, Monaten, die Anzahl war fast ihm schon unangenehm. „Ich möchte wegen eines Geburtstages nicht so viel im Rampenlicht stehen.“

Tut er aber, und das angesichts seines ballestrischen Lebenswerkes auch zu Recht. 34 Tore für das österreichische Nationalteam, darunter zwei beim denkwürdigen 3:2-Sieg gegen Deutschland bei der WM 1978 in Argentinien. Der „Goldene Schuh“ nach 41 Saisontoren für Rapid, auf Anhieb Torschützenkönig in der spanischen Primera Division sowie Europacup-Sieger mit dem FC Barcelona. Während die Erfolge als Trainer, vor allem als Teamchef der Nationalmannschaft, ausblieben, gehörte Krankl in seiner Zeit als Stürmer zu den besten der Welt.

TV-Hinweis

ORF1 zeigt am kommenden Donnerstag um 20.15 Uhr die Dokumentation „Hans Krankl – Der Goleador wird 70“

„Fußball war mein ein und alles, für mich war immer klar, dass ich Fußballer werden würde“, betonte der Wiener, der sich parallel als Automechaniker ausbilden ließ. Sein Vater arbeitete als Straßenbahner und fungierte über 30 Jahre lang als Schiedsrichter, förderte das offensichtliche Talent seines Sohnes, der täglich seinem Hobby frönte.

Alles begann in Mariahilf

Krankls Karriere nahm im sechsten Wiener Gemeindebezirk ihren Lauf. Aufgewachsen in der Webgasse in Mariahilf landete die Schultasche mittags im Eck, danach wurde im Loquaipark gekickt. „Das war mein Park, heutzutage sind die ja ganz anders. Aber wir haben da, bis die Sonne untergegangen ist, jeden Tag Fußball gespielt“, erinnert sich der heutige Senior, der später beim KSV Straßenbahn spielte.

Straßenschild und Parkanlage am Wiener Loquaiplatz
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Im sechsten Wiener Gemeindebezirk frönte Krankl seinem Hobby

Bald ging es zu Rapid, was nicht nur dem Talent geschuldet war. „Das lag auch am Vater, der mich auf die Pfarrwiese mitgenommen hat. Da haben meine Idole gespielt: Fak Erich, Fritsch Toni, Bjerregard Johnny, Flögel Rudi, Skocik Schani. Und mit 17 Jahren habe ich noch mit ihnen in einer Mannschaft spielen dürfen. Wenn man darüber dann nachdenkt, ist das eigentlich unglaublich und zugleich wunderschön.“

Rapid im zweiten Anlauf

Doch der Anfang war schwer bei Grün und Weiß. Der damalige Trainer Gerd Springer gab dem Jungspund keine echte Chance, über Kontakte von Erich Fak wurde Krankl zum Wiener AC in die Regionalliga Ost, damals die zweithöchste Spielklasse, verliehen. Eine Saison und 27 Tore in 26 Spielen später kehrte Krankl zurück – und traf nun auch für Rapid.

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Hans Krankl im UEFA-Pokal-Spiel (Sechzehntelfinale) Rapid Wien – Velez Mostar am Rapidplatz (Pfarrwiese) am 23. Oktober 1974
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Nach einer Leihe zum Wiener AC startete Krankl bei Rapid ab 1972 so richtig durch
Tor durch Hans Krankl im Länderspiel Österreich – Malta (9:0) in Salzburg am 30. April 1977
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Für Österreich erzielte Krankl in 69 Spielen 34 Tore, darunter alleine sechs beim 9:0 gegen Malta 1977
Hans Krankl (Österreich) erzielt gegen Rolf Rüssmann und Torwart Sepp Maier (Deutschland) das 2:1 in Cordoba 1978
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Fußballgeschichte: Krankl schießt Österreich mit einem Doppelpack zum ersten Sieg gegen Deutschland bei einer WM
Hans Krankl im Trikot von Barcelona am 24. April 1981
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Nach der WM 1978 heuerte Krankl beim FC Barcelona an und wurde auf Anhieb Torschützenkönig
Hans Krankl und Juan Manuel Asensi (beide Barcelona) mit dem Europapokal der Pokalsieger 1978
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Hans Krankl und Juan Manuel Asensi feiern in Basel den Titel im Europacup der Cupsieger
Hans Krankl und Herbert Prohaska in der Badewanne nach dem EM-Qualifikationsspiel Österreich – BRD 0:0 im Praterstadion am 27. April 1983
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Eine Badewanne, zwei Ikonen: Hans Krankl und Herbert Prohaska
Hans Krankl während der Vorstellung als neuer Rapid-Trainer am 03.06.1989 im Hanappi-Stadion
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Nachdem er als Spieler aufhörte, wurde Krankl Rapid-Coach – die Trainerkarriere war weniger von Erfolg gekrönt
ÖFB-Teamchef Hans Krankl blickt 2004 nach der 1:3-Heimniederlage gegen Polen enttäuscht zu Boden
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Als ÖFB-Teamchef verpasste er die WM-Qualifikation 2006, die Heim-EM 2008 wurde ihm nicht mehr zugetraut
Thomas Trukesitz (Sky), Rapid-Trainer Goran Djuricin, Hans Krankl (Sky) und Lothar Matthäus (Sky) 2018 in einer TV-Sendung vor dem Wiener Derby
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Dem Fußball ist er als TV-Experte treu geblieben, …
Hans Krankl 2016 während eines Auftritts mit seiner Band „Monti Beton“
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… ebenso wie seiner zweiten großen Leidenschaft: der Musik

Am Ende sollten insgesamt 335 Tore in 449 Pflichtspielen für Grün-Weiß zu Buche stehen, einmal alleine sieben beim 11:1 gegen den GAK. Sein strammer Schuss mit links, sein gutes Kopfballspiel, die Fähigkeit, Gegner leichtfüßig zu überspielen, das alles verzückte die Anhängerschaft, was auch dazu führte, dass er sich „Rapidler des Jahrhunderts“ nennen darf. Später sollte das Verhältnis zu seinem Herzensverein, als es um eine Tätigkeit auf Funktionärsebene ging, zwar abkühlen, als Spieler flogen ihm aber stets die Herzen zu.

Ein Höhepunkt waren die 41 Saisontore 1977/78, die ihm als ersten Österreicher den „Goldenen Schuh“ für den besten Torschützen Europas einbrachten. Bereits vier Jahre zuvor hatte er sich mit 36 Treffern den „Silbernen Schuh“ gesichert. Der Makel an der ersten Rapid-Ära: Krankl holte mit Rapid nur einen Cuptitel. Mitspieler kritisierten auch seinen Eigensinn zum Nachteil der Mannschaft, der persönlichen Karriere hat das Toreschießen freilich nicht geschadet.

Krankl verteidigt Mythos Cordoba

Bei der Weltmeisterschaft 1978 in Argentinien erzielte Krankl gleich vier der sieben ÖFB-Tore, darunter eines beim 2:1-Sieg gegen Spanien und dann eben die beiden beim denkwürdigen 3:2 gegen Deutschland in Cordoba. „Im Moment haben wir uns gefreut, aber es war uns nicht bewusst, dass wir Sportgeschichte geschrieben haben, das ist erst mit der Zeit gekommen“, erklärt der (noch) zweiterfolgreichste ÖFB-Torschütze hinter Toni Polster (44 Tore) fast 45 Jahre später.

Hans Krankl feiert 70er

Am Dienstag feiert mit Hans Krankl eine österreichische Fußballikone ihren 70. Geburtstag. Selbst ist dem legendären Stürmer der Runde auf gut Wienerisch „wurscht“, er feiert ihn auch nur im kleinen familiären Kreis. Dafür lässt ihn die Öffentlichkeit hochleben.

Für den einen oder anderen ist Cordoba mittlerweile schon ein Reizwort, das zu oft strapaziert wurde. Damit kann Krankl freilich nichts anfangen. „Wenn einer sagt, er kann das nicht mehr hören, das ist so ein Schwachsinn. Es ist ein Stück Fußballgeschichte, nicht mehr, nicht weniger. Das ist, wie ein Karl Schranz, Franz Klammer, Hermann Maier oder Niki Lauda gewonnen hat, das gehört zu Österreich dazu.“

Tragik und Titel in Barcelona

In jedem Fall half es Krankl zu seinem wichtigsten Karriereschritt. Fast wäre der Angreifer zu Valencia gewechselt, gab es doch auch schon einen Vorvertag, am Ende wurde es doch der FC Barcelona und der Beginn einer Liebesgeschichte. „Ich habe in meinem ersten Spiel mein erstes Tor für Barcelona geschossen, das war es. Von Anfang an habe ich ein ganz besonderes Verhältnis zu diesem Club gehabt.“

Krankl erinnert sich, als ob es gestern gewesen wäre. „Da waren bei jedem Heimspiel 90.000, das ist die Kathedrale des Fußballs und das imposanteste Stadion der Welt. Es ist ein Monument. Mich haben die Zuschauer nicht belastet, sie haben mich getragen, ich habe keinen Druck gespürt, wer soll dich da aufhalten?“ Im ersten Jahr wurde er mit 29 Volltreffern Torschützenkönig, holte sich die „Pichichi“-Trophäe.

Aufschrift „Hans Krankl, Austria“ auf einer Tafel im Museum des FC Barcelona
ORF/Bernhard Kastler
Im Museum des FC Barcelona kommt man an Hans Krankl nicht vorbei

Es sollte nicht der letzte Titel in diesem Jahr gewesen sein, doch zunächst hatte Krankl die schwierigsten Stunden, Tage, Wochen zu überstehen. Seine Frau Inge – mit der er bald 50 Jahre verheiratet ist und drei Kinder hat – war nach einem Autounfall in Lebensgefahr. „Das Schrecklichste, was ich jemals erlebte. Auf der anderen Seite, was uns an Zuneigung entgegengebracht wurde. Das hat mich noch mehr an diesen Club gebunden. Ich bin ein Leben lang für Barca.“

Krankl wollte das Endspiel im Europacup der Cupsieger 1979 nicht bestreiten, seine Frau schickte ihn nach Basel. „Ich habe nicht gut gespielt, hatte ja auch nicht trainiert, hatte auch keine Möglichkeit im Spiel, und dann passiert es, dass mir Lobo Carrasco den Ball querlegt und ich das Tor (zum vorentscheidenden 4:2 beim 4:3 n. V. gegen Düsseldorf) erzielen durfte. Es war ein Fußballmärchen. Vielleicht hat mich der Fußballgott belohnt nach dem, was passiert ist.“

Legendäre Interviews überwiegen Erfolge als Trainer

Es sollte ein weiterer Höhepunkt seiner Karriere sein, nach einem Trainerwechsel lief es nicht mehr wie gewünscht, und Krankl kehrte Barcelona den Rücken. Es ging nicht zum AC Milan („Das bereue ich noch heute“), sondern nach Österreich. Erst zur Vienna, später zurück zu Rapid, wo er dann auch noch zwei Meisterschaften sowie dreimal den Cup gewinnen und 1985 erneut ein Europacup-Finale bestreiten sollte – beim 1:3 gegen Everton erzielte Krankl wiederum ein Finaltor.

Krankl spielte noch für den Sport-Club, für Krems und schoss zum Abschluss Salzburg zum Aufstieg. Mit 36 Jahren hängte er seine Schuhe an den Nagel und wurde umgehend Trainer bei Rapid. Aus „diversen Gründen“ war die Trainerkarriere (u. a. bei Mödling, Tirol, Salzburg, Fortuna Köln, LASK) bei Weitem nicht so erfolgreich wie jene als Spieler, „ich war aber überall beliebt, ich habe mich nicht verstellt. Die ganz großen Erfolge hatte ich als Trainer nicht, das nehme ich an.“

„EM 2008 wurde mir gestohlen“

Und dennoch schaffte er es zum Teamchef des Nationalteams. Am Ende überwogen allerdings legendäre Interviews die Erfolge. Nach der verpatzten WM-Qualifikation, in die auch das 3:3 gegen Nordirland samt „irreregulärem Tor“ fiel, musste Krankl Pepi Hickersberger weichen und durfte das Team 2008 bei der Heim-EM nicht betreuen.

„Die EM 2008 wurde mir gestohlen“, sagt Krankl weiterhin, wobei der Stachel nun nicht mehr tief sitze. „Natürlich haben wir nicht alles gewonnen, aber man kann nicht alles gewinnen, vor allem damals nicht. Ich hatte 31 Spiele, zehn Siege, zehn Remis, elf Niederlagen, nicht so schlecht für einen österreichischen Teamchef in der damaligen Zeit. Ich denke, ich hätte die Chance verdient, ich hätte auch mehr Punkte gemacht, das hat auch mit meinem Freund Pepi nichts zu tun.“

Experte und Musiker der alten Schule

Seine Trainerkarriere endete schließlich beim LASK, den er vor dem Abstieg bewahrte. Bereits davor begann seine Karriere als Experte beim Privatsender Sky (damals Premiere), und diese hält bis heute, wenngleich er sich mit der Entwicklung nur bedingt anfreunden kann.

„Ich kämpfe als Experte um die alten Ausdrücke, um den Sechzehner, den Strafraum, Konter. Ich bin nicht altmodisch, weder bei Musik, Mode und auch nicht im Fußball, aber es geht mir auf die Nerven. Das Angriffspressing haben wir mit Otto Baric gespielt. Ich muss es aber annehmen.“ Apropos Pressing: Für den aktuellen ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick hegt Krankl ganz offen keine Sympathien, zumal ihm ein Teamchef wie Andreas Herzog oder Peter Stöger lieber gewesen wäre.

Nicht nur Sympathie, sondern auch Liebe empfindet Krankl für die Musik. „Sie ist mir genauso wichtig wie der Fußball.“ Sie begann wiederum in Mariahilf, wo er die erste Schallplatte („Well respected Kinks“ von „The Kinks“) kaufte. Heute besitzt der frühere Radiomoderator („Nachtfalke“) Tausende davon, eroberte die Charts („Rostige Flügel“, „Lonely Boy“) und unterhält seine Fans mit der Band Monti Beton. Das wird sich nicht ändern, „alles soll so bleiben, wie es ist“. Die Wünsche zum 70er sind aufgelegt: „Einfach nur Gesundheit.“