Piste mit wenig Schnee in Kitzbühel
GEPA/Wolfgang Grebien
Ski alpin

Athleten wollen FIS bei Klima wachrütteln

„Der Wintersport ist bedroht“ – mit diesen drastischen Worten haben sich Skistars wie Mikaela Shiffrin, Aleksander Aamodt Kilde und über 130 weitere Athleten auf Initiative von ÖSV-Läufer Julian Schütter an FIS-Präsident Johan Eliasch gewandt und den Weltverband zum Umdenken in der Klimakrise aufgefordert. In einem offenen Brief werden konkrete Maßnahmen gefordert, wie etwa die Zusicherung, dass alle FIS-Events bis spätestens 2035 klimaneutral sein werden.

„Das ist ein Thema, das breiter und weitaus wichtiger ist als bloß Medaillen“, sagte US-Star Shiffrin dieser Tage. „Ich hoffe, dass wir noch viele Jahre Skirennen absolvieren können. Aber der Wintersport ist bedroht.“ Ihr Lebenspartner Kilde meinte, es sei „ein sehr cooler Brief. Es wurde Zeit, dass wir dieses Thema angehen", betonte der 30-jährige Norweger, der sich wie zahlreiche andere aktive Skifahrer einer Initiative des Steirers Schütter anschloss.

ÖSV-Athlet Schütter startet Klimapetition

Bei der WM in Courchevel-Meribel hat ÖSV-Läufer Julian Schütter dem Internationalen Skiverband konkrete Klimaschutzmaßnahmen präsentiert.

„Bald werden wir an klassischen Weltcup-Standorten nicht mehr in der Lage sein, Kunstschnee zu produzieren, weil die Wintertemperaturen in niedrigen Höhenlagen immer öfter null Grad übersteigen werden“, erklärte Schütter die Beweggründe für seinen Vorstoß. "Die öffentliche Meinung über Skifahren tendiert in die Richtung, dass es nicht mehr rechtfertigbar ist.“

Rennkalender soll angepasst werden

Die FIS müsse „eine Nachhaltigkeits-Abteilung ins Leben rufen, die sicherstellt, dass Nachhaltigkeit ein Schlüsselaspekt aller Prozesse und Abläufe der Unternehmensführung wird“, schreibt Schütter als Hauptverfasser des Briefs an Eliasch und die FIS-Council-Mitglieder. Eine der Empfehlungen ist, dass der Saisonauftakt mit den ersten Rennen spät im November erfolgt, das Saisonende dafür im späten April.

Julian Schütter bei Pressekonferenz
APA/Barbara Grindl
ÖSV-Läufer Schütter sorgt mit seinem Vorstoß für viel Aufsehen, nicht unbedingt zum Wohlwollen der FIS

Der Rennkalender sollte zudem geografisch nachvollziehbar sein und mehrere Long-Distance-Flüge in einer Saison – wie etwa im Ski-Weltcup 2022/23 zwischen Nordamerika und Europa – vermeiden. So seien etwa die beiden Weltcup-Stationen Beaver Creek und Aspen zwar nur 50 km voneinander entfernt, die Rennen gingen aber unabhängig voneinander im Dezember und im März über die Bühne. Eine Zusammenlegung würde 1.500 Tonnen CO2 sparen.

Verbände und Veranstalter in der Pflicht

Die nationalen Verbände, die für die Organisation und Ausrichtung der Rennen verantwortlich seien, sollten mit einem Belohnungssystem zu nachhaltigem Handeln bewogen werden, etwa dem vermehrten Einsatz von Elektrofahrzeugen. Zudem sollten die Veranstalter ihr Energiemanagement und die Abfallwirtschaft überdenken und die Zuschauer anhalten, vermehrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln anzureisen. Die FIS habe als internationaler Wintersportverband die politische Macht, aufzustehen, echtes Engagement zu zeigen und die Aufgabe, Stellung in der Klimakrise zu beziehen.

Unterzeichnet haben den Brief neben zahlreichen anderen die Weltmeisterinnen Federica Brignone und Marta Bassino, Daniel Yule, Travis Ganong, Breezy Johnson, Paula Moltzan, River Radamus, Tommy Ford, Marie-Michele Gagnon, Dominik Raschner, Felix Hacker, Chiara Mair, Vanessa Nussbaumer, Vincent Wieser, aus dem Snowboard-Bereich Sabine Schöffmann, Alex Deibold, Taylor Gold, Xavier de le Rue, die Langläuferin Jessie Diggins sowie die Skicrosser Johannes Rohrweck, Daniel Traxler und Tristan Takats.

US-Rennanzug mit Eisbergmuster
GEPA/Daniel Goetzhaber
Das US-Team macht mit Rennanzügen, die im Ozean treibende Eisschollen zeigen, auf den Klimawandel aufmerksam

Das US-Team tritt bei der WM in Courchevel und Meribel übrigens in speziellen Rennanzügen an, die auf die Folgen des Klimawandels aufmerksam machen. Die Kleidung zeigt im Ozean treibende Eisschollen.

FIS wollte Aktion ausbremsen

Der derzeit am Knie verletzte Alpin-Rennläufer Schütter engagiert sich mit der NGO „Protect Our Winters“ und übergab das Schriftstück am Sonntag in Courchevel an eine FIS-Sprecherin. Gemäß APA-Informationen wollte die FIS die Aktion ausbremsen und intervenierte, sodass die Präsentation nicht im Pressezentrum neben der Rennstrecke stattfinden konnte. Die FIS vermutete einen Zusammenhang mit „radikalen“ Klimaaktivistinnen und -aktivisten.

Die Standpunkte von FIS-Präsident Eliasch in Klimafragen sind unklar. In den 2000er Jahren arbeitete der Brite mit schwedischen Wurzeln als Sonderbeauftragter der britischen Regierung für Entwaldung und saubere Energien. Bei der WM sagte er im Interview mit der „Kronen Zeitung“, man müsse „den Kalender anpassen. Sprich: die Saison muss später beginnen, dementsprechend später enden.“ Eine Hinwendung der FIS zu Nachhaltigkeitsthemen ist seit seiner Wahl zum Präsidenten im Jahr 2021 aber nicht feststellbar.

Piste in Kitzbühel
GEPA/Wolfgang Grebien
Auch Kitzbühel zeigte sich in der Woche vor den Hahnenkamm-Rennen noch nicht im schönsten Winterkleid

Der FIS fehle diesbezüglich die Glaubwürdigkeit, sagte Schütter und argumentierte, dass der Verband nur Schlagworte, aber keine überprüfbaren Daten zu seinen Klimaprojekten präsentiere. Angaben, wonach die FIS durch die betriebene Regenwaldkonservierung bereits klimapositiv sei, sind für Schütter „nicht ganz die Wahrheit“, wie er betonte. „Wir kennen die derzeitigen Nachhaltigkeitsbemühungen der FIS und bewerten sie als unzureichend.“