Ski-WM

Kristoffersen gewinnt vor Griechen

In einem an Dramatik nur schwer zu überbietenden WM-Finale hat sich Henrik Kristoffersen am Sonntag in Courchevel zum Slalom-Weltmeister gekrönt. Der Norweger war nur 16. nach dem ersten Durchgang, als die Rekordzahl von 19 Fahrern innerhalb einer Sekunde lag, war aber im zweiten Lauf nicht zu schlagen. Silber holte sensationell der Grieche Alexander John „AJ“ Ginnis. Die Österreicher gingen trotz Halbzeitführung leer aus.

Der letzte Lauf der WM 2023 hatte gleich einige Superlative zu bieten. Für Norwegen und Griechenland positive, für Österreich negative. Zum ersten Mal seit der WM 1987 fährt die ÖSV-Abordnung ohne Goldmedaille von den Titelkämpfen nach Hause. Dafür holte Ginnis die erste Wintersportmedaille für Griechenland überhaupt. Ihm fehlten nur 0,20 Sekunden auf Gold. Davon war Marco Schwarz als Sechster und damit bester Österreicher 65 Hundertstelsekunden entfernt.

Kristoffersen, 2019 in Aare bereits Riesentorlauf-Weltmeister, hingegen fixierte auf dem drehend und schwierig gesetzten Kurs, der im Gegensatz zu dem relativ einfachen Kurs des ersten Laufes stand, das größte Slalom-Comeback bei einer Weltmeisterschaft. Noch nie gelang einem Fahrer der Sprung vom 16. Platz nach dem ersten auf den ersten Rang nach dem zweiten Lauf. Da ging der dritte Platz von Alex Vinatzer (+0,38 Sek.) für Italien schon ein wenig unter.

„Ich weiß nicht, was passiert ist“

„Ich kann es nicht glauben, ich weiß nicht, was passiert ist“, meinte Ginnis, der mit 15 Jahren Griechenland verlassen hatte, um das Skifahren professioneller betreiben zu können und dabei auch in Österreich trainierte, im ORF-Interview.

Slalom-Silber für Ginnis

Dem Griechen AJ Ginnis gelang mit Platz zwei im WM-Slalom eine der größten Sensationen in der Wintersport-Geschichte.

„Ich habe mich auf die Piste konzentriert und habe gedacht, das ist nicht genug. Ich habe alles gegeben in den letzten Toren. Ich habe zunächst einen Zwölfer gesehen, dann einen Zweier. Die letzten zwei Wochen waren ein Traum. Für Griechenland ist das Geschichte, für mich ist ein Traum in Erfüllung gegangen.“

Genugtuung beim Sieger

Bei Sieger Kristoffersen war vor allem Genugtuung zu bemerken, dass der Norweger endlich sein lang ersehntes Slalom-Gold um den Hals hatte. „Ich habe nicht gedacht, dass es reicht. Oben habe ich zu viele Fehler gemacht. Ich habe gewusst, der zweite Lauf liegt mir. Der erste Lauf war sehr direkt, der zweite Lauf war viel drehender. Ich habe 24 Weltcup-Rennen im Slalom gewonnen, bin ca. 50-mal auf dem Podest gestanden. Es ist meine erste Goldene, es ist vielleicht der richtige Zeitpunkt.“

Nur die „Goldene“ fehlt

Zum sechsten Mal in Folge gab es für die Österreicher eine Halbzeitführung bei einem WM-Slalom. Manuel Feller führte ein dichtes Feld an Verfolgern um 0,13 Sekunden vor Ginnis und Lucas Braathen an. Eine Statistik, die überhaupt eine ÖSV-Domäne zu sein scheint, war es doch die neunte Halbzeitführung bei den elf Weltmeisterschaften seit 2001.

Medaillenspiegel

Gold Silber Bronze gesamt
1. Schweiz 3 3 1 7
2. Norwegen 2 3 4 9
3. USA 2 2 - 4
4. Italien 2 1 1 4
5. Kanada 2 - 2 4
6. Deutschland 1 - 1 2
. Frankreich 1 - 1 2
8. Österreich - 3 4 7
9. Griechenland - 1 - 1
Endstand nach 13 Bewerben

Am Ende standen dann sechsmal der Titel für Österreich, und zweimal gab es Silber. Einmal schied der Beste nach dem ersten Durchgang aus. Ein Schicksal, das Feller zwar nicht teilte, aber für das Podest ging es sich auch nicht mehr aus. Der 30-jährige Tiroler war nach seinem „Highsider“ beim Einfahren für den ersten Lauf weiter mit einer Hüftprellung unterwegs.

Feller kommt mit zweitem Lauf nicht zurecht

Er konnte seinen Vorsprung von 0,91 Sekunden auf Kristoffersen nicht ins Ziel bringen, verlor nochmals 0,67 Sekunden und wurde schließlich Siebenter. Nach dem Rennen wollte der Tiroler im ORF-Interview die Enttäuschung über die vergebene Medaillenchance nicht bestätigen.

Manuel Feller
Reuters/Denis Balibouse
Nach seiner Halbzeitführung musste Manuel Feller im zweiten Durchgang noch einen Rückschlag hinnehmen

„Ein böses Ende hat es nicht genommen. Ich habe schon damit gerechnet, dass mir der Lauf entgegenkommt. Oben habe ich gewusst, ich fahre keine Bestzeit, so habe ich die Taktik nicht angelegt. Unten habe ich dann aber das Timing nicht gefunden, da verliert man von Tor zu Tor. Bei der Piste ist es schwierig, wieder in den Rhythmus zu kommen. Ich gehe aber in kein Rennen und sage, ich habe sowieso keine Chance. Das wäre kompletter Blödsinn.“

1. Henrik Kristoffersen (NOR)
2. AJ Ginnis (GRE)
3. Alex Vinatzer (ITA)

„Es war eine brutal enge Kiste“

Marco Schwarz büßte bei seiner Fahrt ebenso konstant Zeit auf den führenden Kristoffersen ein wie sein Landsmann Adrian Pertl. Beide konnten ihre Platzierung aus dem ersten Durchgang jedoch durch den allgemeinen Umsturz im Klassement leicht verbessern. Schwarz kam von Rang neun noch auf sechs, Pertl von 14 auf zwölf.

„Es war eine brutal enge Kiste, der 20. war nur eine Sekunde hinten. Wir haben gewusst, der zweite Durchgang wird ein Gemetzel“, meinte Schwarz im ORF. „Der deutsche Trainer hat einen sehr drehenden, schwierigen Kurs gesetzt.“ Schwarz durfte jedoch mit der WM, wo er Silber in der Kombination und Bronze im Riesentorlauf holte, zufrieden sein. „Ich bin fünf Bewerbe gefahren, die schlechteste Platzierung war ein sechster Platz. Heute war es schon sehr zach, vom Körperlichen her. Die zwei Wochen haben schon sehr viel Kraft gekostet. Heute war es ein bisschen zu wenig.“

„Es gibt welche, die es können“

Pertl suchte nach seinem WM-Auftritt keine Ausreden: „Es war oben brutal schwer reinzukommen, ich habe den zweiten, dritten Schwung nicht ganz erwischt. Der Rückstand auf Henrik war schon sehr groß, aber Platz zwei wäre drinnen gewesen. Oben weg war der Lauf schon drehend, unten war es ein normaler Slalom. Es ist aber für alle gleich.“

Fabio Gstrein, nach dem ersten Durchgang noch Siebenter, begann seinen Finallauf gut, fiel aber mit Fortdauer des Rennens immer weiter zurück und kam nur als Elfter ins Ziel und wurde schließlich 16.

„Ich hab einen Fehler gemacht und bin dann nicht mehr ins Fahren gekommen, habe keinen Zug mehr auf den Ski bekommen, und dann kommt so etwas heraus“, meinte der 25-jährige Tiroler. Zum Kurs: „Ob es sein muss oder nicht sein muss, sei dahingestellt. Aber wir müssen alles fahren können, die ersten drei Plätze sind ja aufgefüllt, es gibt also welche, die es können.“