Tops
Schwarz und Ortlieb : Für ÖSV-Chefcoach Marko Pfeifer ist Marco Schwarz der Beinahe-Superstar dieser WM. In der Tat wäre für den Kärntner Alleskönner mehr möglich gewesen. Silber in der Kombination und Bronze im Riesentorlauf ist dennoch eine starke Bilanz, in der Abfahrt war Schwarz mit nur einem Weltcup-Rennen als Erfahrungswert als Vierter bester Österreicher. Dazu kam jeweils Rang sechs im Super-G und Slalom. Nina Ortlieb verpasste, nachdem sie in ihrer Karriere bereits 19 Operationen über sich hatte ergehen lassen müssen, Gold in der Abfahrt nur um 0,04 Sekunden.
Schweiz: Mit der programmierten Goldmedaille im Riesentorlauf und der heiß begehrten in der Abfahrt fettete Marco Odermatt sein Erfolgskonto ordentlich auf. Jasmine Flury schlug ebenfalls in der Abfahrt zu. Damit gingen erstmals seit Crans-Montana 1987 und Maria Walliser sowie Peter Müller beide Goldenen in der Königsdisziplin an die Eidgenossen. Dazu kamen drei Silber- und eine Bronzemedaille.
Norwegen: Die Skandinavier präsentierten sich bei beiden Geschlechtern und in nahezu allen Disziplinen schnell. Über Gold jubelte im Parallelbewerb Maria Therese Tviberg sowie im Slalom Henrik Kristoffersen. Speed-Star Aleksander Aamodt Kilde fuhr Silber in Abfahrt und Super-G ein, zusätzliches Silber im Teambewerb sowie vier Bronzemedaillen zeugen vom kollektiv schnellen Schwung, der auch im ÖSV als Vorbild gesehen wird.
Das war die Ski-WM 2023
Zum ersten Mal seit 1987 endet eine alpine Ski-WM ohne Gold für Rot-Weiß-Rot. Dennoch haben die Ski-Asse sieben Medaillen erobert – dreimal Silber und viermal Bronze. Es ist für den ÖSV also besser gelaufen als im Vorfeld befürchtet.
Die Haasers: Ricarda und Raphael Haaser waren aus österreichischer Sicht die Überraschungen der ersten WM-Tage. Dass sich das Geschwisterpaar aus Tirol jeweils in der Kombination die Bronzemedaille schnappt, war im Vorfeld nicht erwartet worden. Für Ricarda endete die Veranstaltung mit einer Knieverletzung im Riesentorlauf freilich mit einer schmerzlichen Note.
Rennstimmung: In den kleinen, aber feinen Zielstadien kam Stimmung besonders dann auf, wenn sich Franzosen oder Französinnen talwärts schwangen. Praktisch alle Rennen waren ausverkauft oder nahezu mit der Maximalkapazität belegt. „Auswärtsfans“ kamen in großer Zahl vor allem aus der Schweiz, gefolgt von Österreich.
Italiens Frauen:: Obwohl der Krebstod der früheren Abfahrerin Elena Fanchini einen traurigen Schatten auf die WM warf, räumten die Italienerinnen groß ab. Allen voran Federica Brignone mit Gold in der Kombination und Silber im Riesentorlauf. Marta Bassino setzte sich im Super-G die Krone auf. Da war es sogar verschmerzbar, dass Speed-Queen Sofia Goggia überraschend ohne Medaille blieb.
Pinturault: Der Hausherr spielte den Heimvorteil aus. Alexis Pinturault ließ schon am zweiten Tag mit Kombi-Gold den Druck hinter sich und legte mit Bronze im Super-G nach. Allein dem bald 32-Jährigen ist es zu verdanken, dass die Bilanz der Gastgeber nicht desaströs ausfällt. Bleibt die Frage, wie lange Pinturault der großen Bühne nach diesem Höhepunkt noch erhalten bleibt.
Raschner und der richtige Riecher: Österreichs Trainer machten mit der Nominierung von Dominik Raschner alles richtig. Der Parallel-Spezialist aus Tirol zahlte das Vertrauen mit Silber bei seinem einzigen Einsatz in der Paradedisziplin zurück und präsentierte sich auch im Teambewerb stark.
Wetterglück: Strahlend blauer Himmel besorgte die perfekte Tourismuswerbung für die Hochpreis-Region. Das Kaiserwetter in Dauerschleife hat aber auch Schattenseiten: In zwei Wochen fiel kein einziges Schneeflöckchen vom Himmel, abseits der Pisten dominierte recht schnell die Farbe Braun.
Kanada: Sensationell holte sich Laurence St-Germain im Slalom die Goldmedaille, James Crawford war im Super-G nicht zu schlagen. Cameron Alexander jubelte über Abfahrtsbronze, Rang drei fuhr auch die Mannschaft im Parallelbewerb ein. Zwei Goldene bei einer WM für die Ahornblätter gab es zuletzt 1968 in Grenoble durch Nancy Greene.
Der Grieche: AJ Ginnis gewann mit Silber im Slalom die erste Wintersportmedaille für Griechenland überhaupt und rundete damit eine WM mit vielen Überraschungen ab.
Flops
Terminhatz: 13 Rennen binnen 14 Tagen und ein unschöner Höhepunkt: Dass die für alle Teilnehmer verpflichtende Qualifikation für den Parallelbewerb noch spätabends nach der Medaillenentscheidung im Teambewerb stattfand, sorgte für Stirnrunzeln und Kopfschütteln. Die FIS wird entscheiden, ob das Programm 2025 in Saalbach-Hinterglemm so vollgepackt bleibt. Dem ÖSV und dem Pinzgauer Veranstalter schwebt eine Reduzierung auf elf Rennen samt Streichung der Parallelbewerbe vor.
Fehlendes WM-Flair abseits der Pisten: Das WM-Gefühl in den Ortszentren konnte mit der Stimmung bei den Rennen nicht mithalten. Als Folge der Zwei-Orte-Bewerbung gab es nirgendwo einen echten Kern. Zwischen Meribel, Courchevel und Städten im Tal mussten auf engen Straßen mit einem leidlich funktionierenden Shuttle-System lange Wege zurückgelegt werden. Ein Party-Hotspot in Meribel war lediglich das House of Switzerland, das auch Österreich mehrere Male Asyl bot.
Österreichs Speed-Männer: Erstmals seit Schladming 2013 reisten die Speed-Fahrer des ÖSV ohne Medaillen von einer WM ab. Vincent Kriechmayr fand auf der „Eclipse“ nicht zur Gala-Form wie vor zwei Jahren in Cortina, Daniel Hemetsberger konnte nicht, wie von vielen erhofft, in die Bresche springen.
Österreichs Technikerinnen: Katharina Huber Elfte im Slalom und Franziska Gritsch Zwölfte im Riesentorlauf – das war die jeweils beste Platzierung für Österreichs Technikerinnen und spiegelte die Saisonleistungen wider. Katharina Liensberger ist aktuell ein Schatten ihrer selbst, auch Katharina Truppe erscheint derzeit als ratlos Suchende.
Blech: „Blech“ oder die „Schokomedaille“, wie sie von Franziska Gritsch genannt wurde. Für Österreich bedeuteten die sieben vierten Ränge bei einer WM eine neue Bestmarke.