Silhouette eines Skispringers mit Bergen im Hintergrund
GEPA/Patrick Steiner
Nordische Ski-WM

Rückblick zwischen Jubel und Ärger

Die 54. nordische Ski-WM in Planica ist seit Sonntag Geschichte. Die Titelkämpfe haben zwei Wochen lang packende Wettkämpfe und spannende Entscheidungen um Gold, Silber und Bronze geboten. Neben Jubel und Freude gab es auch Enttäuschung und Ärger. Zu den Gewinnern gehören österreichische Trainer, wenn auch unter „falscher“ Flagge, zu den Verlierern die ÖSV-Adler, die nur knapp an einem „Nuller“ vorbeiflogen.

Tops:

Eva Pinkelnig: Die in dieser Saison mit sechs Siegen und 17 Weltcup-Podestplätzen so richtig ins Rampenlicht gesprungene Vorarlbergerin jubelte lauthals über Silber im Normalschanzen-Einzel sowie mit dem Frauen-Team. Im Mixed wurde es Rang vier, auf der Großschanze musste die Weltcup-Führende mit Platz sechs vorliebnehmen. Mitverantwortlich dafür waren nicht näher bezeichnete Unstimmigkeiten vor dem Schlussbewerb, die Pinkelnig zu einer überstürzten nächtlichen Abreise veranlassten und einige Fragezeichen hinterließen.

Johannes Lamparter: Der Tiroler Kombinierer verpasste zwar die angestrebte Titelverteidigung. Mit Bronze im Großschanzen-Einzel und zwei weiteren dritten Rängen mit dem Team und im Mixed war der 21-Jährige aber wieder sehr erfolgreich.

Gemischte Bilanz nach WM in Planica

Die nordischen Skiweltmeisterschaften in Planica sind für Österreich mit einer gemischten Bilanz zu Ende gegangen. Sieben Medaillen in Silber und Bronze stehen keiner Goldmedaille gegenüber. Besonders die Skispringer blieben hinter den Erwartungen.

Newcomer: Einige Youngsters sorgten unbeeindruckt von der großen WM-Bühne für Glanzlichter. International allen voran Alexandria Loutitt. Die 19-jährige kanadische Skispringerin machte es wie Johannes Lamparter 2021, indem sie Junioren-WM-Gold den WM-Großschanzen-Titel folgen ließ. Im ÖSV-Lager zeigten zwei WM-Debütanten auf. Die 18-jährige Skispringerin Julia Mühlbacher brillierte sowohl auf der Schanze als auch bei Interviews mit ihrer unbekümmerten Art und reiste mit Team-Silber ab. Der 21-jährige Kombinierer Stefan Rettenegger holte Mixed- und Team-Bronze sowie im Einzel die Ränge sieben und fünf.

Nordische Kombination: Die um ihre olympische Zukunft kämpfende Disziplin machte mit spannenden Entscheidungen für sich Werbung. Zudem gingen in der zweiten Frauen-Entscheidung der WM-Geschichte die Medaillen an drei Länder, 2021 in Oberstdorf hatte es einen norwegischen Triple-Sieg gegeben. Die Anzahl der teilnehmenden Nationen mit nur acht Teams im Mixed als Minuspunkt bleibt aber dringend ausbaufähig.

Jubel des ÖSV-Kombinierers Johannes Lamparter
APA/Georg Hochmuth
Lamparter machte nicht nur Werbung in eigener Sache, sondern auch für die Nordische Kombination

Norwegen: Zum 13. Mal in Serie ging Platz eins im WM-Medaillenspiegel an die Norweger. Angeführt von ihren Langlaufstars Johannes Hösflot Kläbo, Paal Golberg und Simen Hegstad Krüger sowie Kombinationskönig Jarl Magnus Riiber und Skispringerin Maren Lundby räumte Norge wieder groß ab. Insgesamt schnappte sich das norwegische Team 27 Medaillen, davon zwölf in Gold.

Jarl Magnus Riiber: Noch Ende Jänner in Seefeld ging der Norweger erkrankt als Verlierer zwischenzeitlich von der Kombinierer-Bühne. Der 25-Jährige verzichtete fortan auf die Weltcup-Titelverteidigung, indem er sich in einer intensiven WM-Vorbereitung wieder in Form brachte. Das gelang dem Norsker punktgenau, er verdoppelte seine Ausbeute an WM-Goldenen von vier auf acht. Damit ist Riiber der erfolgreichste Kombinierer der WM-Geschichte.

Katharina Althaus: Im Gesamtweltcup aktuell recht deutlich hinter Eva Pinkelnig Zweite, war die Deutsche unter den Skispringerinnen mit dreimal Gold und einmal Bronze klar die Beste. Nach ihrem Normalschanzen-Triumph schlug die 26-Jährige im starken DSV-Team auch mit der Frauen-Equipe und im Mixed zu, von der Großschanze ließ sie Bronze folgen. Überzeugend auch ihre Landsleute Andreas Wellinger und Karl Geiger mit Silber und Bronze vom kleinen Bakken.

Schwedens Langläuferinnen, Norwegens Langläufer: Ebba Andersson, Jonna Sundling und Co. gewannen drei der vier Einzel-Rennen und den Team-Sprint. Für ihre norwegischen Erzrivalinnen blieb nur Staffel-Gold. Bei den Männern waren hingegen die Norweger drückend überlegen. Kläbo, Krüger und Kollegen krallten sich alle sechs Titel und etliche weitere Medaillen. Im Skiathlon und über 15 km feierten sie sogar Vierfachsiege, im abschließenden 50-km-Rennen mit Golberg vor Kläbo einen Zweifacherfolg.

die schwedische Langläuferin Ebba Andersson
GEPA/Gintare Karpaviciute
Dank Ebba Andersson gaben die Schwedinnen in Planica in der Loipe klar das Tempo vor

Organisation: Die Veranstalter der ersten WM auf slowenischem Boden brachten die Titelkämpfe nahezu reibungslos über die Bühne. Die Verbannung der Autos von Zuschauern und Zuschauerinnen abseits der WM-Anlagen gestaltete die Anreise der Fans zwar etwas anstrengender, sorgte aber für problemlose An- und Abreisen der Sportler, Funktionäre und sonstigen Mitwirkenden. Die Hundertschaften an Volunteers erledigten ihre Aufgaben bis auf wenige Ausnahmen bravourös. Für einen der wenigen Misstöne sorgten Präparierungsmängel an der Schanze im Mixed-Bewerb der Kombinierer. Als Makel bleibt auch die hochpreisige Ansetzung der Eintrittskarten, die viele Fans fernhielt und wohl ein Loch im Budget hinterlassen wird.

Österreichische Trainerexporte: Für zwei der vier Einzel-Titel im Skispringen zeichnen österreichische Trainerexporte verantwortlich. Der erst 33-jährige Thomas Thurnbichler feierte in seiner ersten Saison als Chefcoach der Polen die erfolgreiche Normalschanzen-Titelverteidigung von Piotr Zyla, der Kärntner Janko Zwitter jubelte mit der erst 19-jährigen Kanadierin Alexandria Loutitt über Großschanzen-Gold. Stefan Horngacher hatte als Trainer der deutschen Männer mit Silber und Bronze von der Normalschanze sowie Mixed-Gold ebenso eine sehr gute Bilanz. Der Tiroler Alexander Stöckl heimste mit Norwegens Männern Team- und Mixed-Silber ein.

Flops:

ÖSV-Skispringer: Der entthronte Großschanzen-Weltmeister Stefan Kraft und Co. retteten eine drohende Nullnummer erst im letzten Moment mit Team-Bronze. In den Einzel-Bewerben war Kraft zwar wie meist jeweils ÖSV-Bester, als Vierter und Sechster jedoch glücklos. Auch im Mixed-Bewerb blieb nur „Blech“.

Fankulisse: Die Zuschauerzahlen am skiflugfanmassenverwöhnten Schauplatz blieben bis Sonntag mit lediglich 60.000 meilenweit hinter den Erwartungen von ursprünglich 150.000. Wohl hauptsächlich aufgrund der hohen Kartenpreise und der schwierigen Quartiersituation in der näheren Umgebung waren viele Plätze im Langlauf- und vor allem im Skisprungstadion unbesetzt. Bei manchen Schanzenbewerben herrschte sogar gähnende Leere auf der großen Tribüne. Besserung setzte am Schlusswochenende ein, als von slowenischen Erfolgen angelockt deutlich mehr Fans kamen. Der Höchstwert waren 9.300 am vorletzten Tag.

Teilweise leere Tribünen im Skistadion von Planica während der nordischen Ski-WM
IMAGO/Eibner/Memmler
Von den erwarteten 150.000 Fans kam nur die Hälfte nach Planica, viele Tribünen blieben deshalb ziemlich leer

Finnland und Schweiz: Die frühere Langlauf- und Skisprunggroßmacht Finnland brachte es lediglich auf eine Silber-Medaille. Auch die Erfolgszeiten der Schweiz sind vorbei, in Planica setzte es für die Eidgenossen sogar eine Nullnummer.

Skisprungjury: Etliche Entscheidungen der Zuständigen sorgten für Unmut bei sich benachteiligt fühlenden Athletinnen und Athleten und auch bei Funktionären. Bemängelt wurden unnötige und zu schnelle Lukenveränderungen und Pausen wegen wechselnder Bedingungen zur falschen Zeit.

Halvor Egner Granerud: Der Norweger war als zehnfacher Saisonsieger und Weltcup-Führender nach Planica gereist, blieb dann aber in den Einzeln als Elfter und Siebenter weit hinter den Erwartungen. Zumindest ein wenig hielt er sich mit den Silber-Medaillen im Team und mit der Mixed-Equipe schadlos.