Dortmund Spieler diskutieren mit Schiedsrichter
APA/AFP/Adrian Dennis
Champions League

Dortmund findet nach Aus Sündenbock

Ein 1:0-Vorsprung aus dem Hinspiel hat Borussia Dortmund am Dienstag gegen den FC Chelsea nicht gereicht, um ins Viertelfinale der UEFA Champions League aufzusteigen. Die mit einer Siegesserie von zehn Erfolgen an die Stamford Bridge gereisten Dortmunder zogen gegen die „Blues“ mit 0:2 den Kürzeren und blieben auf der Strecke. Ein Sündenbock war mit Schiedsrichter Danny Makkelie schnell gefunden. Denn der Niederländer hatte nicht nur einen aus BVB-Sicht umstrittenen Elfmeter gegeben, sondern ließ diesen auch wiederholen und gab Kai Havertz damit die Chance, das Spiel doch noch zu entscheiden.

Die vor allem im Dortmunder Lager heiß diskutierte Szene spielte sich nur zwei Minuten nach Wiederbeginn beim Stand von 1:0 aus Sicht der Hausherren – Raheem Sterling hatte kurz vor der Pause getroffen – ab. Der Versuch einer Flanke von Chelseas Ben Chilwell landete am leicht abgespreizten Arm von BVB-Verteidiger Marius Wolf. Schiedsrichter Makkelie ließ zwar zunächst weiterspielen, wurde vom Videoassistenten aber dann doch zum Studium der TV-Bilder gerufen. Nach Durchsicht des Materials entschied der niederländische Unparteiische dann auf Strafstoß.

„Alles in allem ist das sehr ärgerlich. Es ist keine Absicht, ich gehe nicht zum Ball, habe meinen Arm am Körper und drehe mich noch weg“, haderte nicht nur Wolf mit dem Elfmeter. Vor allem, dass Makkelie seine Kehrtwende nicht begründete, ärgerte den 27-Jährigen: „Er hat nicht mit sich reden lassen.“ Doch Wolfs Malheur schien zunächst keine Auswirkungen zu haben, denn Chelseas deutscher Torjäger Havertz setzte den Ball an die von ihm aus rechte Stange.

Kai Havertz (Chelsea) und Denis Zakaria
IMAGO/PRiME Media Images/Andy Rowland
Havertz (r.) durfte sich im zweiten Versuch doch noch als Matchwinner feiern lassen

Mitten in den Jubel der Dortmunder Fans brachte Schiedsrichter Makkelie aus Sicht der Gäste mit seiner nächsten Entscheidung aber das Fass zum Überlaufen. Der Niederländer ließ den Strafstoß wiederholen, nachdem einige Dortmunder Spieler – aber auch Chelsea-Akteure – aus seiner Sicht zu früh in den Strafraum gelaufen waren. Im zweiten Anlauf verwertete Havertz schließlich sicher zum 2:0 und zur Vorentscheidung im Kampf um den Aufstieg.

Harte Kritik von Spielerseite

Die Borussia-Spieler hielten sich nach dem Schlusspfiff mit ihrer Kritik an den Entscheidungen des Schiedsrichters – speziell an jener, den Elfer zu wiederholen – nicht zurück. Jude Bellingham bezeichnete den ursprünglichen Pfiff als „enttäuschend“ und die Wiederholung als „Witz“, BVB-Berater Matthias Sammer sogar als „handfesten Skandal“. Auch Emre Can ließ kein gutes Haar an Makkelie: „Wir haben am Ende unverdient – auch wegen des Schiedsrichters – verloren. Wir spielen hier an der Stamford Bridge, vielleicht hat er Angst vor den Fans, aber dann soll die UEFA einen anderen Schiri schicken. Es tut extrem weh, dass wir wegen eines Schiris ausscheiden.“

Deutlich gemäßigter äußerte sich Coach Edin Terzic zu der Situation. „Wenn es fünf oder sechs Minuten dauert, bis eine Entscheidung getroffen wird, dann weiß man, dass sie schwierig war“, sagte Terzic, „aber ich bin für die Leistung meiner Mannschaft und nicht für jene des Schiedsrichters verantwortlich. Wir haben uns in der Vergangenheit nicht viel mit dem Referee beschäftigt und werden heute Abend auch nicht damit anfangen.“ Auch Bellingham, der in der zweiten Hälfte aus kurzer Distanz den Anschlusstreffer verpasst hatte, gestand am Ende ein: „Der Schiedsrichter hat seine Entscheidung getroffen, und wir müssen damit leben.“

Dortmund „einfach zu passiv“

Dass die Dortmunder nach zehn Pflichtspielsiegen in Folge im ungünstigsten Zeitpunkt wieder eine Niederlage einstecken mussten, hatten sie sich trotz allem Frust über die Elfmeterentscheidung selbst zuzuschreiben. Denn die Borussia zeigte vor allem offensiv eine verhaltene Vorstellung. Ein von Marco Reus gut getretener und von Chelsea-Goalie Kepa Arrizabalaga sensationell gehaltener Freistoß in der 17. Minute sowie Bellinghams Fehlschuss aus fünf Meter Entfernung (58.) waren noch die gefährlichsten Aktionen der Gäste.

„Wir waren in der ersten Halbzeit einfach zu passiv. Im vorderen Drittel hat uns Durchschlagskraft gefehlt. Wenn wir ehrlich zu uns sind, können wir mit dem 0:1 zur Pause froh sein“, bekannte Innenverteidiger Nico Schlotterbeck und brachte das Dilemma auf den Punkt: „Es wäre mehr möglich gewesen.“ Immerhin können sich die Dortmunder nun voll und ganz auf die Meisterschaft und die Rückkehr auf den Meisterthron konzentrieren. Dort wartet auf die nur aufgrund der Tordifferenz hinter Bayern München liegende Borussia am Samstag (18.30 Uhr) das Revierderby gegen Schalke 04.

Erleichterung bei Chelsea

Große Erleichterung herrschte dagegen bei Havertz und Chelsea. „Es war in den letzten Monaten viel Druck auf dem Kessel. In der Liga sieht es nicht gut aus, wir sind aus beiden Pokalwettbewerben raus. Deswegen ist die Champions League das letzte Turnier für uns“, sagte der deutsche Teamspieler, der gegen seine Landsleute Verantwortung übernahm. Im Gegensatz zur Dortmunder Siegesserie vor dem Duell hatten die „Blues“ von den vergangenen vier Spielen drei verloren. Seit Jahresbeginn standen überhaupt nur zwei Siege in 13 Pflichtspielen zu Buche.

Enttäuschter Dortmund-Spieler
APA/AFP/Adrian Dennis
Während die Dortmunder haderten, durfte sich Chelsea-Coach Potter über einen gelungenen Abend freuen

Fast entgegen der Gepflogenheiten steht Graham Potter jedoch nach wie vor an der Seitenlinie. „Im Leben wird man zwangsläufig schlechte wie auch gute Zeiten haben. Und die Dinge laufen Gott sei Dank nicht ewig schlecht, auch wenn es mir manchmal so vorgekommen ist“, sagte der 47-Jährige nach dem Einzug ins Viertelfinale der Fußballkönigsklasse. Potter gab an, nach dem Spiel kurz mit Chelseas Neo-Eigentümer Todd Boehly geredet zu haben. „Ich bin nach wie vor hier“, berichtete er schmunzelnd über den Ausgang des Gesprächs.

Von den 500 Millionen Euro, die die Gruppe um Boehly seit dem Einstieg im vergangenen Sommer in die Mannschaft investiert hat, werden sich nun ein paar Millionen amortisieren. In der Premier League nur auf dem zehnten Platz liegend ist die Champions League wohl die einzige Möglichkeit für den CL-Sieger von 2021, auch nächstes Jahr international zu spielen. „Wir wollten aufsteigen und in die Top Acht vorstoßen. Das verschafft uns für die kommenden Wochen Auftrieb“, sagte Potter.