Mikaela Shiffrin jubelt im Zielraum
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Ski alpin

Shiffrin carvt zu Legendenstatus

Nicht unerwartet hat sich Mikaela Shiffrin zur erfolgreichsten Skifahrerin der Weltcup-Geschichte und zu Legendenstatus aufgeschwungen. Mit ihrem Sieg im Riesentorlauf im schwedischen Aare egalisierte die erst 27-jährige US-Amerikanerin am Freitag auch die Bestmarke des Schweden Ingemar Stenmark von 86 Weltcup-Siegen. Dabei hatte der Stenmark-Rekord vor nicht allzu langer Zeit noch als Rekord für die Ewigkeit gegolten.

Nach dem Weltcup-Finale in Soldeu in der kommenden Woche dürfte Shiffrin selbst Legende Stenmark hinter sich gelassen haben. Als Rekord für die Ewigkeit könnte sich die Stenmark-Bestmarke nur im Herren-Bereich erweisen, erster Verfolger war Marcel Hirscher, der es im Weltcup auf 67 Siege gebracht hatte, dafür im Gesamtweltcup mit acht Kristallkugeln die Rekordliste vor dem Wahl-Luxemburger Marc Girardelli (5) anführt. Hirscher beendete seine Karriere mit der gleichen Anzahl an Weltcup-Starts wie Shiffrin derzeit aufweist: 245.

Dass Shiffrin die Marke von 100 Weltcup-Erfolgen knackt, scheint außer Zweifel. Vielleicht schon nächstes Jahr: In dieser Saison feierte sie bisher zwölf Siege, in ihrer Rekordsaison waren es 17. Mit bisher fünf Weltcup-Gesamtsiegen dürfte auch Hirschers Rekordmarke für Shiffrin keine allzu große Herausforderung mehr sein.

Shiffrin stellt Stenmark-Rekord ein

Mikaela Shiffrin schreibt alpine Skigeschichte. Beim Riesentorlauf in Aare feiert die US-Amerikanerin ihren 86. Weltcupsieg. Damit stellt sie den 34 Jahre alten Rekord der schwedischen Skilegende Ingemar Stenmark ein.

Mit insgesamt zehn kleinen Kristallkugeln liegt Shiffrin auch nur mehr zwei hinter dem Salzburger, der einst fünf und damit zwei WM-Titel weniger als die US-Amerikanerin auf sein Erfolgskonto verbuchte. Stenmark war ebenfalls fünffacher Weltmeister, im Weltcup bestritt er in rund 15 Jahren 15 Bewerbe weniger als Shiffrin und Hirscher. Shiffrins Landsfrau Lindsey Vonn benötigte für ihre 82 Siege dafür 395 Weltcup-Rennen.

Die 87 Weltcup-Siege von Mikaela Shiffrin

Abfahrt 3
Super-G 5
Riesentorlauf 20
Slalom 53
Kombination 1
Parallel 5
53 Weltcup-Siege im Slalom sind geschlechtsübergreifend die meisten in einer Weltcup-Disziplin

„Viel besser, als ich es war“

Stenmark war beim Rekordsieg der US-Amerikanerin in seinem Heimatland nicht an Ort und Stelle. Der Ruhm und das Interesse gebühre Shiffrin allein, hatte Stenmark im Vorfeld ausrichten lassen. Der 66-Jährige schwärmte allerdings von den skifahrerischen und mentalen Qualitäten Shiffrins. „Sie ist viel besser, als ich es war“, so Stenmark.

„Sie hat körperliche Stärke, gute Technik und einen starken Kopf. Und ich bin beeindruckt davon, dass sie sowohl im Slalom als auch im Super-G und in der Abfahrt so gut fährt. Ich hätte niemals in so vielen Disziplinen so stark sein können“, sagte der frühere Slalom- und Riesentorlauf-Spezialist.

Mikaela Shiffrin in Aare 2012 auf dem Weg zum Sieg
Reuters/Scanpix Sweden
Im Dezember 2012 feierte Shiffrin ebenfalls in Aare ihren ersten Weltcup-Sieg

„Außergewöhnlicher Tag“

Shiffrin gab das Kompliment an Stenmark in Aare zurück und stellte den Schweden eine Stufe über sich. „Egal, was ich noch schaffe, es wird nie mit dem vergleichbar sein, was du erreicht hast“, sagte Shiffrin – 87. Weltcup-Sieg hin oder her: „Für mich ging der größte Traum schon damit in Erfüllung, mit Stenmark im selben Satz erwähnt zu werden. Als Kind hätte ich nie gedacht, dass ich es in meiner Karriere so weit bringen könnte. Was für ein außergewöhnlicher Tag“, so Shiffrin, die in Aare mit ihrem 20. Weltcup-Sieg im Riesentorlauf zudem die Bestmarke der Schweizerin Vreni Schneider einstellte.

Mikaela Shiffrin

  • In 13 Saisonen hat sie 15 Kristallkugeln gewonnen: Fünf große und zehn Disziplintitel (sieben Slalom, zwei Riesentorlauf, einen Super-G). Im Slalom sind ihre sieben Kugeln Rekord.
  • 245 Weltcup-Starts = Siegquote von 35,10 Prozent
  • 17 Jahre, 9 Monate und 7 Tage war Shiffrin, als sie am 20. Dezember 2012 in Aare ihren ersten Weltcup-Sieg feierte.
  • Einzigartig: Sechs Weltmeisterschaften in Folge mit zumindest einer Goldmedaille absolvierte Shiffrin von 2013 bis 2023.

Die Zeit davor war hart. Unzählige Male sei sie in den vergangenen Wochen und Monaten auf den Stenmark-Rekord angesprochen worden. Den Fokus zu bewahren sei daher nicht einfach gewesen, sagte Shiffrin.

„Ich habe versucht, nicht zu sehr an die Zahl 86 zu denken. Es hat ganz gut geklappt. Es passiert, wenn es passiert, dachte ich mir, und konzentrierte mich einzig auf mein Rennen“, so Shiffrin, die nach Laufbestzeit im ersten Lauf gesagt hatte: „Das war einer der wenigen Läufe in meiner Karriere, bei dem ich mir während der Fahrt dachte: Das passt, super.“

Aare als besonderer Boden

Aare erwies sich für Shiffrin nachhaltig als spezieller Boden. Im Dezember 2012 hatte sie hier ihren ersten Weltcup-Sieg gefeiert, 2019 wurde sie in Aare Weltmeisterin in Super-G und Slalom. Nach dem Tod ihres Vaters im Februar 2020 hätte sie in Aare ihr Comeback im Weltcup gegeben, wären die Rennen wegen der Coronavirus-Pandemie nicht abgesagt worden.

Drei Jahre später zog sie in Aare in der ewigen Bestenliste mit Stenmark gleich. „Ich habe hier vieles erlebt, ein ganz besonderer Ort für mich“, sagte Shiffrin. Am Samstag (10.30 bzw. 13.30 Uhr, live in ORF1) steht in Aare ein Slalom auf dem Programm.