Bernhard Seikovits
Arizona Cardinals
NFL

Seikovits greift selbstbewusst an

Aller guten Dinge sollen für Bernhard Seikovits drei sein. In seinem dritten Jahr bei den Arizona Cardinals hofft der 25-jährige Wiener auf sein Pflichtspieldebüt in der National Football League (NFL) und will es damit seinem Landsmann und Freund Bernhard Raimann gleichzutun. „Ich habe in den vergangenen zwei Jahren gemerkt, dass ich auf jeden Fall mitspielen kann und mitspielen sollte“, sagte Seikovits selbstbewusst zu ORF.at.

Raimann hat es vergangene Saison bei den Indianapolis Colts vorgemacht und als erster Österreicher seit 35 Jahren (und erster Nichtkicker) Pflichtspiele in der teuersten Sportliga der Welt absolviert. Sein früherer Teamkollege bei den Vienna Vikings will dem Beispiel des Offensive Lineman über einen anderen Weg folgen.

Während Raimann vor einem Jahr als erster Österreicher überhaupt gedraftet wurde, versucht Seikovits über das 2017 von der NFL ins Leben gerufene International Pathway Player Program (IPP) sich einen Kaderplatz zu sichern. Dabei werden Talente außerhalb Nordamerikas gefördert. „Im dritten Jahr gilt es die nächste Hürde zu nehmen“, betonte der Tight End, der nun wieder in den USA angreifen wird.

Entwicklung sorgt für Zuversicht

Nach dem Ende einer sportlich enttäuschenden Saison für die Cardinals, mit einer Bilanz von vier Siegen und 13 Niederlagen hatte man die drittschlechteste Bilanz aller 32 Teams, verbrachte Seikovits die vergangenen sechs Wochen in Wien und lud seine Akkus auf.

In seinem ersten Jahr schaute er noch komplett zu, dann kam er in der vergangenen Saison immerhin schon auf Einsätze in der Preseason. „Da hatte ich mitunter sogar die meiste Einsatzzeit. Das zeigt auch, dass mir der Coachingstaff im zweiten Jahr schon viel mehr vertraut hat. Denn selbst solche Einsätze kriegt man nicht geschenkt.“

Bernhard Seikovits
Arizona Cardinals
Seikovits versuchte sich vergangene Saison im Training für höhere Aufgaben zu empfehlen

Naturgemäß habe sich Seikovits „mehr erwartet, nämlich dann auch den nächsten Schritt in der Regular Season zu machen.“ Aber so weit ist es nicht gekommen, was seiner Ansicht nach auch mit der Regelung zu tun habe. Als IPP-Absolvent scheint er als zusätzlicher Spieler im Trainingskader auf, andernfalls hätte Arizona einen Mann weniger.

Tight-End-Superstars als Vorbilder

Seikovits konnte sich aber auch im Training weiterentwickeln, durfte Gegenspieler wie die Tight-End-Superstars Travis Kelce vom aktuellen Super-Bowl-Sieger Kansas City Chiefs und George Kittle von den San Francisco 49ers imitieren. „Alleine da schaut man sich viel Filmmaterial an und lernt, wie die das machen. Ich konnte mich so entwickeln.“ Im Team hat er zudem mit Zach Ertz nicht den Schlechtesten seiner Zunft.

Seikovits hofft, dass er auf seiner Position eine Chance bekommt. Sein Tiroler Landsmann Sandro Platzgummer, Österreichs Vorreiter im International Pathway Program, erhielt sie als Runningback bei den New York Giants auch im dritten Jahr nicht. Aber das soll den Optimismus nicht lindern, Seikovits hofft auf eine Nische. „Offensive Linemen werden oft schon alleine für ihre Maße gedraftet, und es gibt auch mehr Runningbacks auf dem Markt als Tight Ends“, so Seikovits.

Neuer Trainerstab, neue Chance

Nach der eingangs erwähnten schlechten Saison musste Headcoach Kliff Kingsbury nicht überraschend seinen Hut nehmen, sein Nachfolger ist Jonathan Gannon, der von Super-Bowl-Verlierer Philadelphia Eagles kam. Dieser nahm einen komplett neuen Mitarbeiterstab in die Wüste Arizonas mit. „Es ist gut für meine Situation, denn ich kann mich neu beweisen“, erläuterte der Wiener und sieht darin eine neue Chance.

Arizona Cardinals Coach Jonathan Gannon
Reuters/USA Today Sports/Trevor Ruszkowski
Jonathan Gannon wurde als neuer Headcoach verpflichtet, ihn muss Seikovits von sich überzeugen

Nächste Woche beginnen die ersten Teameinheiten, bei denen Seikovits seinen neuen Offensive Coordinator und Tight-End-Coach kennenlernen wird. Dann gilt es so schnell wie möglich das Playbook zu lernen, um im Trainingscamp aufzeigen zu können. „Ich bin schon gespannt, wie die Tight Ends verwendet werden.“ Allgemein erwartet man in Arizona ein Übergangsjahr, zumal sich Quarterback Kyler Murray (erster Pick 2019, Anm.) von einem Kreuzbandriss erholen muss.

Seikovits bleibt geduldig

Seine allgemeinen Chancen, einen der begehrten Plätze im 53-Mann-Roster zu erhalten, lassen sich aufgrund des Trainerwechsels nur schwer einschätzen: „Es wird sich aber erst auch im Trainingscamp entscheiden. Wenn ich in der Preseason viel spiele, schaut es gut aus, wenn nicht, dann nicht.“ Sollte es auch diese Saison nicht klappen, würde er die sprichwörtliche Flinte noch nicht ins Korn werfen.

„Ich habe schon viele Spieler kennengelernt, die nicht aus Europa kommen, einen ähnlich schweren Weg gegangen sind und erst nach einigen Jahren zum Zug gekommen sind, das ist für die NFL nicht unüblich“, merkte Seikovits an, der sich dann auch vorstellen könnte, in Alternativligen wie der XFL oder USFL zu spielen. „Aber damit beschäftige ich mich jetzt noch nicht“, unterstrich der Wiener.

Bernhard Seikovits
Arizona Cardinals
Warten auf die große Chance: Seikovits will im dritten Jahr in Pflichtspielen zum Einsatz kommen

Auch ein Engagement in der sich in Europa etablierenden European League of Football (ELF) scheint nicht gänzlich ausgeschlossen. Thomas Schaffer, der bei den Chicago Bears Erfahrungen sammelte, will sich auf diesem Umweg als Offensive Liner bei den Vikings für die NFL empfehlen. Raimann spielte früher wie jetzt Seikovits Tight End, ehe er als „O-Liner“ umsattelte und nun NFL-Spieler ist.

Raimann als Vorbild

Mit Raimann ist Seikovits freilich viel in Kontakt, man kennt sich von den Vikings, wo beide noch andere Positionen spielten und Raimann als Tight End die Zuspiele von Quarterback Seikovits fing. „Ich kenne ihn schon sehr lange. Es ist toll, was Bernhard für den Sport in Österreich und Europa macht. Wir sind alle sehr stolz auf ihn.“

Zumal er die NFL für heimische Nachwuchsspieler greifbar gemacht hat. „Für die Kinder ist es eine echte, reale Chance. Das verändert auch was in den Köpfen, wenn es möglich ist. Das ist wichtig“, betonte Seikovits, der im Sommer noch einmal nach Wien zurückkehrt, um ein Jugendcamp abzuhalten, um danach seine eigene Chance zu nützen.