Bryce Young
IMAGO/Cal Sport Media/Jonathan Mailhes
NFL

Quarterbacks sorgen für Qual der Wahl

Ein Jahr nach dem aus österreichischer Sicht historischen Draft in der National Football League (NFL) – als allererster heimischer Spieler wurde Bernhard Raimann in der dritten Runde an der 77. Stelle von den Indianapolis Colts auserkoren – werden ab Donnerstag wieder die vielversprechendsten Talente unter den 32 Teams verteilt. Schauplatz ist dabei zum ersten Mal Kansas City, und junge Quarterbacks sorgen für die Qual der Wahl.

Das war vor einem Jahr nicht der Fall, als Kenny Pickett als erster Spielmacher von den Pittsburgh Steelers erst an 20. Stelle verpflichtet wurde. Doch nun sind die Quarterbacks wieder im Fokus der medialen Aufmerksamkeit. Etwas mehr als zwei Monate sind vergangen, seit die Kansas City Chiefs um Superstar Patrick Mahomes nach einem 38:35-Spektakel in der Super Bowl LVII in Arizona gegen die Philadelphia Eagles ihren zweiten Titel innerhalb von vier Saisonen geholt hatten.

Bereits zuvor hatte die Legende Tom Brady ihren endgültigen Rücktritt bekanntgegeben und danach ein anderer Quarterback-Altstar entschieden, seine Karriere anderswo fortzusetzen. Die Posse um Aaron Rodgers, der die Green Bay Packers nach 18 Saisonen in Richtung New York Jets verließ, wurde zu Beginn der Draft-Woche mit einem lange erwarteten Trade (Tauschgeschäft) endgültig beendet.

Young gilt als Topkandidat

Die Spielmacher der Zukunft rücken am Donnerstag ins Rampenlicht, wenn die erste von insgesamt sieben Draft-Runden über die Bühne gehen wird. Als schlechtestes Team der vergangenen Saison hätten grundsätzlich die Chicago Bears das Vorrecht auf den ersten Pick, doch das Team gab diesen mit einem Trade an die Carolina Panthers ab.

Quarterback Bryce Young
IMAGO/USA Today Network/Gary Cosby Jr.
Young ist körperlich nicht der größte Quarterback, sein Arm macht ihn aber wohl zur ersten Wahl

Dass der Super-Bowl-Finalist von 2016 einen Quarterback wählen wird, gilt als sicher, noch ist aber offen, wer es sein wird. Bryce Young vom so erfolgreichen College-Programm der Alabama Crimson Tide soll die besten Karten haben. Mit C. J. Stroud (Ohio State), Will Levis (Kentucky) sowie Anthony Richardson (Florida) gibt es weitere Spielmacher mit großem Potenzial. Und auch Hendon Hooker (Tennessee) könnte noch in Runde eins gewählt werden, 2021 schafften das sogar fünf Spielmacher innerhalb der ersten 15 Picks.

„Fünf faszinierende Spielmacher“

„Wir haben fünf faszinierende Spielmacher, ich habe noch kein Gefühl, wo wer landen könnte, von dem her dürften wir viel Spaß haben“, erklärte NFL-Draft-Guru Daniel Jeremiah. Young, der beim Gewinn des nationalen Titels 2020 hinter dem heutigen New-England-Spielmacher Mac Jones auf der Bank saß, warf in der vergangenen Saison Pässe für 3.328 Yards und 32 Touchdowns, sein Karrierejahr hatte er zuvor mit 4.872 Yards und 47 Touchdowns – dafür bekam er die höchste, individuelle College-Auszeichnung: die Heisman-Trophy. In den meisten „Mock Drafts“, den Prognosen der Experten, hat Young die Nase vorne.

Quaterback CJ Stroud
IMAGO/Cal Sport Media/Cecil Copeland
Auch C. J. Stroud dürfte früher als später im NFL-Draft 2023 gezogen werden

Abgesehen von den Quarterbacks sind wie vergangenes Jahr starke Verteidiger gefragt. Will Anderson von Alabama, Jalen Carter von College-Champion Georgia und Tyree Wilson von Texas Tech gelten als jene Spieler, die auch eher früher als später dran kommen werden. Mit Bijan Robinson hat auch wieder einmal ein Runningback gut Chancen, seinen Namen am ersten Tag des Drafts relativ bald zu hören.

Nächster Quarterback für Raimann

Nach Carolina sind die Houston Texans an der Reihe und damit ein weiteres Team, das einen Spielmacher gut gebrauchen könnte, aber auch andere große Baustellen hat und diesbezüglich mit seinem zweiten Pick in der ersten Runde (zwölf) arbeiten kann. Sollten die Panthers und die Texans jeweils einen Quarterback wählen, würde in der Super-Bowl-Ära zum insgesamt bereits neunten Mal die jeweils erste und zweite Wahl auf einen Spielmacher fallen.

Will Levis
AP/James Crisp
Will Levis gehört ebenfalls dem Kreis der begehrten Quarterbacks an

Während die an Nummer drei wählenden Arizona Cardinals als heiße Kandidaten für einen Trade gelten, dürften Raimanns folgende Indianapolis Colts einen Spielmacher draften. Der Club des Offensive Tackles, der vergangene Saison als vierter Österreicher und als erster Nichtkicker in NFL-Pflichtspielen auf dem Feld stand, hatte sich nach Saisonende nach nur einem Jahr von Quarterback-Routinier Matt Ryan getrennt. Neo-Head-Coach Shane Steichen, der zuletzt die Offensive der Eagles dirigierte und Jalen Hurts zu einem Rekordvertrag coachte, könnte mit einem neuen Spielmacher ganz frisch durchstarten.

Nur 31 statt 32 Erstrundenpicks in diesem Jahr

In der ersten Runde, die wie gewohnt als große TV-Show zur Primetime aufgezogen wird, werden nicht alle Teams vertreten sein. Die Cleveland Browns, Los Angeles Rams, Denver Broncos, Miami Dolphins und San Francisco 49ers sind nach diversen Tauschgeschäften nur Zuschauer – eine Ausnahme stellen die Dolphins dar, die von der NFL bestraft wurden, nachdem sie auf unzulässige Weise versucht hatten, Brady und Coach Sean Payton nach Florida zu lotsen. Das „Tampering“ (Manipulation, Anm.), also bei der Konkurrenz unter Vertrag stehende Spieler oder Trainer abzuwerben, ist verboten.

Aufbau der Bühne für den NFL Draft 2023
AP/Charlie Riedel
Vor dem Bahnhofsgebäude in Kansas City wird der 88. NFL-Draft abgehalten

Kansas City im Bundesstaat Missouri ist zum ersten Mal Schauplatz des Spektakels, das sich dieses Mal vor und teils in der Union Station – im hiesigen Bahnhofsgebäude – abspielen wird. Der Draft geht wieder drei Tage lang über die Bühne, bis auch der letzte Pick ausgesprochen wurde. Die vergangene Saison hat gezeigt, wie wichtig auch dieser sein kann. Denn aus „Mr. Irrelevant“ Brock Purdy wurde alsbald „Mr. Relevant“, als die San Francisco 49ers nach viel Verletzungspech auf ihn setzten und er bis zu seiner Lädierung alle Spiele gewann.