ÖEHV-Tormann David Kickert
AP/CTK/Patrik Uhlir
Eishockey

„Einserfrage“ als heißes Zukunftsthema

Mit den Tests gegen die Slowakei am Donnerstag (18.30 Uhr) in Kapfenberg und Samstag (16.30 Uhr, jeweils live in ORF Sport +) in Trencin beschließt Österreich seine intensive Vorbereitung auf die WM in Tampere. Gegen den Weltmeister von 2002 werden die Augen nicht nur auf die „Neuen“ im Kader von Teamchef Bader rund um NHL-Youngster Marco Rossi, sondern auch auf die Torhüter gerichtet sein. Denn die Goalies spielen bei der Mission Klassenerhalt wie immer eine Schlüsselposition – und gerade in Sachen „Einserfrage“ sieht die Zukunft aktuell eher düster aus.

Zehn Tage vor dem Beginn der WM 2023 in Tampere und Riga und elf Tage vor dem ersten Auftritt der Österreicher gegen Frankreich am Samstag, 13. Mai (11.20 Uhr, live in ORF1) erfolgte mit dem fünften Teil der Vorbereitungscamps die letzte Phase in Sachen Feinschliff. Mit Rossi, der heuer eine Handvoll Spiele in der National Hockey League bei den Minnesota Wild absolvieren durfte, und den Salzburger Meistern Thomas Raffl, Ali Wukovits und Dominique Heinrich sowie Mario Huber und Benjamin Nissner erhielt Bader für die Duelle gegen die Slowakei namhafte Verstärkung.

Während im Sturm und besonders in der Verteidigung in der jüngeren Vergangenheit ein Generationenwechsel im Team vollzogen werden konnte – so steht mit dem 18-jährigen David Reinbacher heuer ein österreichischer Defender auf der Liste der europäischen Kandidaten für den traditionellen NHL-Draft weit oben – haben die nominierten Torhüter einen hohen Wiedererkennungswert. Bernhard Starkbaum, David Kickert und Ersatzmann David Madlener waren bereits im Vorjahr dabei. Starkbaum und Kickert teilten sich schon 2019 in der Slowakei die Einsätze auf.

ÖEHV-Teamchef Roger Bader und Torhüter Bernhard Starkbaum
APA/Herbert Neubauer
Starkbaum (r.) ist seit Jahren der verlässliche Rückhalt für Baders Burschen

Für Teamchef Bader ist die Torhüterposition daher nicht umsonst „ein Sorgenkind“, wie der Schweizer in einem APA-Interview vor den letzten Testspielen betonte. „Wir haben wieder die gleichen drei Torhüter wie letztes Jahr dabei“, so der Schweizer, der zumindest mit Hinweis auf das Alter seines Trios bereits die Alarmglocken schrillen lässt. „Irgendwann hört Bernhard Starkbaum (37 Jahre) auf, David Madlener (31) ist auch über 30, David Kickert (29) nicht mehr weit weg davon. Will man ein gutes Nationalteam, braucht man gute Torhüter, die haben wir jetzt noch, aber wir haben sie nicht mehr lange.“

Nur eine österreichische „Nummer eins“

Um den Grund für die fehlenden Zukunftsoptionen zu finden, genügt bereits ein flüchtiger Blick auf die jüngsten Statistiken der heimischen Liga. Denn die acht österreichischen Clubs setzen fast ausschließlich auf nicht österreichische Goalies. Einzig Starkbaum konnte bei den Vienna Capitals als „Nummer eins“ bezeichnet werden. Mit 33 Partien absolvierte er sechs Spiele mehr als sein schwedischer Teamkollege Stefan Steen. Kickert war bei Meister Red Bull Salzburg mit 22 gegenüber 44 absolvierten Partien die klare Nummer zwei hinter dem Finnen Atte Tolvanen. Madlener kam auf 20 Spiele und stand damit bei Schlusslicht Pioneers Vorarlberg neunmal weniger oft im Kasten als der Italiener Alex Caffi.

TV-Tipp:

ÖEHV-Torhüter Bernhard Starkbaum live zu Gast bei „Sport am Sonntag“ (7. Mai, 18.30 Uhr in ORF1)

Auch warum sich die vor der Saison eingeführte Legionärsbeschränkung von zehn auf die Torhüterposition so gar nicht ausgewirkt hat, ist für Bader leicht erklärt. „Es gibt so viele finnische oder schwedische Torhüter auf dem Markt, die gar nicht mal so teuer sind. Ich kann sogar verstehen, wenn dann ein Club einen ausländischen Torhüter engagiert“, verweist der Schweizer auf die wirtschaftlichen Überlegungen der Vereine. Allerdings müsse aus Sicht des Nationalteams auf diesem Gebiet ein Umdenken erfolgen: „Wenn man das nicht ändern will, muss man sich nicht wundern, wenn man in zwei, drei Jahren auf dieser Position nicht mehr konkurrenzfähig ist.“

Starkbaum: Fehler gehören zum Lernprozess

Für Routinier Starkbaum, der sich einst auch in Schweden bei MODO Hockey die Position als Einsergoalie erkämpft hatte, liegt das Hauptproblem der jungen heimischen Torhüter ebenfalls an den fehlenden Einsatzminuten. „Ich weiß nicht, wie viele prozentuell gespielt haben, aber es ist definitiv zu wenig. Wenn wir als Nationalteam bestehen wollen, müssen wir auf junge Torhüter setzen und diesen auch eine Chance geben“, sagte Starkbaum vor Kurzem in einem ORF-Interview im Rahmen des ersten WM-Testspiels gegen Deutschland.

Von den aktuell nicht für das Nationalteam nominierten österreichischen Goalies kam Thomas Höneckl bei den Black Wings Linz noch auf 23 Einsätze, Rene Swette hütete 15-mal das Innsbrucker Tor. Mit 33 bzw. 34 Jahren sind der Salzburger und der Vorarlberger aber auch keine Zukunftsaktie mehr. Bleibt in der Liga nur noch Graz-Goalie Nicolas Wieser, der mit 25 Jahren noch in die Kategorie jung fällt. Der Kärntner durfte bei den 99ers sein Können aber nur 13-mal beweisen. Dazu kommt noch der 23-jährige Alexander Schmidt, der beim Villacher SV hinter Jean-Philippe Lamoreux aber nur neunmal ein Leiberl hatte.

Tormann Bernhard Starkbaum (Vienna Capitals)
GEPA/Daniel Schoenherr
Mit 33 Einsätzen für die Vienna Capitals war Starkbaum auch heuer wieder die Nummer eins unter den heimischen Goalies

Aufgrund der sporadischen Einsätze könnten sich mögliche Talente – zumindest in der heimischen Liga – auch nicht entwickeln. „Wenn ein Tormann einen Fehler macht, dann schlägt es ein, aber da ist es egal, ob es ein junger oder alter Spieler ist“, sagte Starkbaum im Gespräch mit ORF-Redakteur Daniel Warmuth, „man muss einem jungen Torhüter auch die Chance geben, Fehler zu machen, diese zu verzeihen und ihm die Gelegenheit geben, sich im nächsten Spiel zu beweisen. Das sind die Punkte, die einem jungen Torhüter Selbstvertrauen geben und die Chance, den nächsten Schritt zu machen.“

„Egal, wer im Tor steht“

Bei der WM in Tampere müssen jedenfalls wieder Starkbaum und Kickert, sowie im Notfall Madlener die Kohlen aus dem Feuer holen. So wie schon im Vorjahr, denn nur dank der Paraden der beiden Erstgenannten waren etwa der Punktegewinn gegen die USA (2:3 n. V.) und der sensationelle erste Sieg gegen Tschechien (2:1 n. P.) überhaupt erst möglich. „Sie waren letztes Jahr gut und werden das auch heuer sein“, ist Bader jedenfalls aktuell noch nicht angst und bange. Als Beweis dient etwa die Leistung von Kickert beim Test in Tschechien, als dieser mit seinen Paraden lediglich eine 1:2-Niederlage zuließ.

Zumindest auf eines darf sich Bader ebenfalls verlassen: Grabenkämpfe wird es unter seinen Torhütern jedenfalls nicht geben. „Alle, die zur WM fahren, haben das gleiche Ziel. Wir wollen wieder den Klassenerhalt schaffen und in jedem Spiel eine starke Leistung zeigen. Es ist in einigen Spielen möglich, etwas mitzunehmen oder sogar einen Sieg einzufahren“, sagte Starkbaum. Daher ist für den 37-Jährigen bei seiner fünften A-WM eines klar: „Es ist egal, wer im Tor steht oder wer die Tore schießt: Man gewinnt und verliert als Mannschaft.“

Eishockey-WM-Testspiele

06.04. (Villach) Österreich Slowenien 3:5
12.04. (Bruneck) Italien Österreich 2:0
14.04. (Innsbruck) Österreich Italien 3:2 n.P.
20.04. (Deggendorf) Deutschland Österreich 2:0
22.04. (Landshut) Deutschland Österreich 2:3 n.P.
27.04. (Wien) Österreich Tschechien 0:6
29.04. (Brünn) Tschechien Österreich 2:1
04.05. (Kapfenberg) Österreich Slowakei 6:3
06.05. (Trencin) Slowakei Österreich 4:3