Jubel des ÖEHV-Teams
GEPA/Daniel Goetzhaber
Eishockey-WM

Österreich auf Wiederholung aus

355 Tage nachdem Österreich mit einem hart erkämpften 5:3-Sieg über Großbritannien den Verbleib in der A-Gruppe geschafft hat, beginnt für die Mannschaft von Teamchef Roger Bader am Samstag (11.20 Uhr, live in ORF1) gegen Frankreich im finnischen Tampere erneut die nächste Auflage der Mission Klassenerhalt. Der „Geist von 2022“ soll Österreichs Cracks bei der erhofften Wiederholung des Coups helfen.

„Letztes Jahr haben wir den Platz wegen der Russen geschenkt bekommen und wollten das nutzen und beweisen, dass wir dazu gehören. Dieses Jahr wollen wir die erste österreichische Mannschaft seit 18 Jahren sein, die zweimal hintereinander den Klassenerhalt schafft. Das ist das Motto“, sagte Teamchef Bader vor der Abreise nach Finnland. Am Dienstag ging es für den Schweizer, seinen Betreuerstab und die 25 nominierten Spieler zuerst nach Helsinki, am Mittwoch reiste das Team weiter nach Tampere.

Dass Österreich bei den Männern mehrmals hintereinander die A-Klasse halten konnte, ist schon länger her, als manche Spieler im aktuellen Kader alt sind. 2004 bei der WM in Tschechien schaffte eine von Teamchef Herbert Pöck angeführte und u. a. mit NHL-Star in spe Thomas Vanek verstärkte Auswahl zum insgesamt siebenten Mal in Folge den Klassenerhalt. Anmerkung: In Prag gelang zwar auch sportlich souverän der Verbleib in der A-Gruppe, als Gastgeber des Turniers 2005 war man aber sowieso unabsteigbar.

ÖEHV-Trainer Roger Bader mit Spielern
GEPA/Hans Oberlaender
Bader will erreichen, was zuletzt Pöck senior als Teamchef vor bald 20 Jahren gelang

Nach Jahren im Fahrstuhl schaffte Österreich erst 2018 in Dänemark wieder den Klassenerhalt, nur um ein Jahr darauf in der Slowakei wieder eine Stufe tiefer zu fallen. Im Vorjahr nutzten die Österreicher jedoch das „Geschenk“ in Form des Ausschlusses der Kriegstreiber Russland und Belarus und blieben mit dem stärksten WM-Turnier seit jenem vor 19 Jahren in Prag im Oberhaus. Neben dem dramatischen entscheidenden Sieg gegen Großbritannien blieben vor allem der erste Erfolg über Tschechien sowie überraschende Punktegewinne gegen die USA und Lettland in guter Erinnerung.

Eishockey-WM in Tampere startet

Mit dem Match zwischen Titelverteidiger und Gastgeber Finnland und den USA wird am Freitag in Tampere die Eishockey-A-Weltmeisterschaft eröffnet. Österreichs Team ist am Samstag gegen Frankreich erstmals im Einsatz.

Schlüsselspiele zu Beginn und am Ende

Damit sich die Geschichte von 2022 und nicht jene von 2019 wiederholt, müssen Baders Burschen heuer in einer Gruppe mit dem neuerlichen Gastgeber Finnland, Schweden, den USA und Deutschland sowie Dänemark, Frankreich und Aufsteiger Ungarn bestehen. Minimalziel ist wie immer der siebente Platz. Mit dem Auftakt gegen Frankreich am Samstag und dem „Finale“ gegen Ungarn am 22. Mai (19.20 Uhr MESZ, live in ORF1) sind die Schlüsselspiele im Abstiegskampf klar definiert.

„Ungarn ist der Hauptgegner im Kampf um den Klassenerhalt. Auch Frankreich ist sicher in unserer Reichweite“, sagte Bader. Der Schweizer bezeichnete den magyarischen Aufsteiger in einem APA-Interview zwar als von der Papierform her „wahrscheinlich schwächste Mannschaft“, aber warnte zugleich eindringlich: „Man darf sie nicht unterschätzen, wir haben schon Erfahrung mit solchen Spielen gemacht.“ Bestes Beispiel: das letztjährige „Finale“ gegen die Briten, als die Österreicher erst mit einem Kraftakt im Schlussdrittel einen 1:3-Rückstand in einen 5:3-Sieg umwandelten.

So wie im Vorjahr soll aber nach Möglichkeit auch der eine oder andere Punkt gegen einen Großen die Mission Klassenerhalt erleichtern. Speziell Deutschland und Dänemark sind an einem guten Tag in Reichweite. Gegen die Deutschen holten die Österreicher einen ihrer drei Testsiege. „Letztes Jahr hat man gesehen, dass man in jedem Spiel eine Chance hat“, so Bader. Wichtig seien aber die Punkte in den Schlüsselspielen, speziell in jenem gegen Ungarn: „Das ist das Ziel, alles andere ist Träumerei“, so Bader. Speziell Erfolge wie gegen Tschechien „kann man nicht jedes Jahr erwarten, so gut sind wir noch nicht. Aber wir machen stetig Fortschritte.“

Trotz Ausfällen „intaktes Team“

Fortschritte machte auch der österreichische Kader in der wieder mehr als einmonatigen Vorbereitung auf das Turnier. Dass das Werkl gut zusammengeführt wurde, bewiesen die letzten beiden Testspiele gegen die Slowakei, wo nicht nur der mit Erfahrung in der National Hockey League (NHL) angereiste Marco Rossi, sondern auch Stützen wie Kapitän Thomas Raffl von Meister Red Bull Salzburg mit von der Partie waren. Speziell der 6:3-Erfolg im ersten Spiel gegen den Weltmeister von 2002 nährt die Hoffnung, dass in Tampere die notwendigen Siege zum Klassenerhalt gelingen.

Das Team hat allerdings wieder hochkarätige Ausfälle zu verkraften. Jungstar Marco Kasper, dazu Michael Raffl, Benjamin Baumgartner und Raphael Herburger fehlen im Sturm, außerdem ist Verteidiger Clemens Unterweger verletzt. Dennoch kann Bader eine schlagkräftige Truppe gespickt mit vielversprechenden Youngsters wie den erst 18-jährigen Verteidiger David Reinbacher und den 21-jährigen Rossi aufbieten. Beide sind wie Thimo Nickl, Mario Huber, Lucas Thaler und Henrik Neubauer, der normalerweise in der Alps Hockey League bei Zell am See spielt, WM-Debütanten. Auch Steven Strong und Dominic Zwerger waren im Vorjahr nicht dabei.

ÖEHV-Spieler David Reinbacher
APA/Eva Manhart
Reinbacher bewies in der Vorbereitung, warum er in den Prognosen für den NHL-Draft hoch gehandelt wird

Der Optimismus im Team ist jedenfalls groß. „Wenn wir unsere Leistung aufs Eis bringen, können wir auch die Großen ärgern. Das Team ist intakt und funktioniert“, meinte Kapitän Thomas Raffl. Der Routinier appellierte auch an den Einsatzwillen der Burschen. „Sieg und Niederlage sind so eng beisammen, da braucht es den letzten Zentimeter. Wenn alles stimmt, kann man zum Erfolg kommen“, so der 36-Jährige, der im Vorjahr beim 5:3-Erfolg gegen die Briten den letztlich entscheidenden vierten österreichischen Treffer erzielte.

Gute Erinnerungen

Apropos 2022: Generell sollen die Erinnerungen an die erfolgreichste WM seit jener von 2004 die Mannschaft zusätzlich beflügeln. Dass die erst 2021 eröffnete Nokia Arena in Tampere zum zweiten Mal in Folge Schauplatz einer Weltmeisterschaft ist, hat ihren Grund erneut im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Das aktuelle finnische Eishockeyzentrum – Tappara Tampere ist regierender Meister – „erbte“ gemeinsam mit der lettischen Hauptstadt Riga das ursprünglich in St. Petersburg geplante Turnier.

Während Torjäger Peter Schneider, der trotz eines Mittelhandknochenbruchs mit von der Partie ist, auf den guten Boden Tampere hofft und „am selben Ort eine noch bessere Leistung“ abliefern möchte, sieht Teamchef Bader die Rückkehr in die drittgrößte Stadt Finnlands eher sachlich. „Dinge, die wir kopieren können, ist der Umstand, dass wir wieder sieben Spiele in zehn Tagen haben. Wir haben drei spielfreie Tage, das haben wir im Vorjahr sehr gut genutzt. Wir sind nicht aufs Eis gegangen, haben die Spieler bis 16.00 Uhr in Ruhe gelassen, dass sie runterkommen konnten. Das hat gut funktioniert“, sagte der 58-Jährige.